Therapie bei Brustkrebs: HER2-positives Mammakarzinom und HER2-negatives Mammakarzinom

Der Brustkrebs von Patientinnen mit einem Mammakarzinom zeichnet sich bei ca. einem Fünftel (16 – 20%) dadurch aus, dass sich auf der Oberfläche der Tumorzellen eine erhöhte Anzahl des Wachstumsfaktor-Rezeptors HER2 (englisch: Human Epidermal Growth Factor Receptor) befindet. In Fachkreisen wird dieser Brustkrebstyp HER2-positives Mammakarzinom genannt. Das HER2-positive Mammakarzinom war lange Zeit mit einer schlechten Prognose verbunden. Die überhöhte Anzahl des HER2-Rezeptors auf der Oberfläche der Tumorzellen führt dazu, dass die Tumorzellen zu einem übermäßigen Wachstum angeregt werden. Durch die Entwicklung zielgerichteter Medikamente haben sich die Überlebensaussichten der Patientinnen entscheidend verbessert. Insgesamt stehen heute vier zielgerichtete Therapieoptionen für die Behandlung des HER2-positiven Mammakarzinoms zur Verfügung. Die Antikörper Trastuzumab und Pertuzumab sind zwei davon.

HER2-positives Mammakarzinom  –  Behandlung mit Trastuzumab ein Standard 

Der Antikörper Trastuzumab ist seit Jahren ein bewährter Standard in der Behandlung von Frauen mit HER2-positivem Mammakarzinom. Trastuzumab (Herceptin®) war der erste monoklonale Antikörper, der selektiv an die extrazelluläre Domäne des HER2-Rezeptors bindet und dadurch intrazelluläre Signalwege blockiert, die die Proliferation und das Überleben der Tumorzellen vermitteln.

Antikörper Pertuzumab – umfassendere HER2-Blockade

Pertuzumab  (Perjeta®) ist ebenfalls ein monoklonaler Antikörper, bindet aber an eine andere Domäne des HER2-Rezeptors. Pertuzumab unterbindet die Dimerisierung von HER2-Rezeptoren mit anderen Rezeptoren der HER-Familie und führt dadurch zu einer noch umfassenderen HER2-Blockade.

Pertuzumab ist das erste und bislang einzige zugelassene Medikament, das gezielt die Dimerisierung von HER2 mit anderen HER-Rezeptoren verhindert. In Kombination mit Herceptin führt dies zu einer umfassenden Blockade der für die Tumorentstehung und das Tumorwachstum verantwortlichen Signalwege. Die aktuellen Leitlinien der Kommission „Mamma“ der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie (AGO) empfehlen Pertuzumab in Kombination mit Herceptin und Docetaxel als einziges Regime mit dem höchsten Grad (++) für die First-Line-Therapie des HER2- positiven metastasierten Mammakarzinoms. (1)

CLEOPATRA – Wirksamkeit und Sicherheit der First-Line-Therapie mit Pertuzumab

Die Wirksamkeit und Sicherheit der First-Line-Therapie mit Pertuzumab in Kombination mit Herceptin und Docetaxel wurde in der randomisierten Phase-III-Studie CLEOPATRA untersucht. Auf dem ESMO 2014 wurden die finalen Resultate präsentiert.

Pertuzumab – Herceptin – Docetaxel: Gesamtüberleben weiter gesteigert

Das zentrale Ergebnis: Gegenüber der alleinigen Behandlung mit Herceptin und Docetaxel verlängerte die Hinzunahme von Pertuzumab das Gesamtüberleben der Patientinnen von median 40,8 auf 56,5 Monate.(2) Der mediane Überlebensvorteil von 15,7 Monaten entspricht einer statistisch hochsignifikanten Reduktion des Mortalitätsrisikos um 32 % (HR: 0,68; p = 0,0002).(2) „Diese Daten sind absolut beeindruckend“, so Schneeweiss. „Ein Gesamtüberleben von nahezu fünf Jahren ist die bisher längste Überlebenszeit, die für Frauen mit dieser besonders aggressiven Form des Mammakarzinoms erreicht werden konnte.“

Prof. Dr. Andreas Schneeweiss, Leiter der Sektion Gynäkologische Onkologie, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, PD Dr. Sherko Kümmel
, Direktor der Klinik für Senologie/Brustzentrum, Kliniken Essen-Mitte (v.l.; Foto: MEDIZIN ASPEKTE, J .Wolff)

HER2-negativer Brustkrebs – wenn HER2-Rezeptoren bei Brustkrebs nicht vermehrt auftreten

Ist auf der Oberfläche der Tumorzellen keine erhöhte HER2-Rezeptor- Expression nachweisbar, spricht man von HER2-negativem Brustkrebs. Die Bestimmung des HER2-Status ist wichtig, weil hiervon maßgeblich die Therapieentscheidung abhängt. Therapien, die zum Beispiel am HER2-Rezeptor ansetzen, können beim HER2-negativen Mammakarzinom nicht eingesetzt werden. Hier werden andere, zielgerichtete Wirkansätze benötigt.

Ein weiterer Tumormarker, der wichtig für die Therapieentscheidung beim metastasierten Mammakarzinom ist, ist der Hormonrezeptor-(HR) Status. Hier wird nochmals zwischen dem Östrogen-(ER) und den Progesteron-(PR) Rezeptoren unterschieden. Nur bei HR-positiven Patientinnen kann eine antihormonelle Therapie zum Einsatz kommen.

Etwa 10-17 % aller Brustkrebspatientinnen haben ein Triple Negatives Mammakarzinom (triple negative breast cancer, TNBC). Bei dieser Form des Brustkrebses sind neben HER2-Rezeptoren auch die ER- und PR- Rezeptoren nur in sehr geringem Maße oder gar nicht nachweisbar. Die therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung des TNBC sind bislang limitiert.

Bevacizumab bei Triple Negativem Mammakarzinom

Bei HR-negativen Patientinnen (TNBC) kommt eine antihormonelle Therapie nicht in Frage. Für diese Patientinnen ist der Angiogenesehemmer Bevacizumab in Kombination mit einer Chemotherapie eine wirksame Therapieoption. Eine weitere Alternative ist die Polychemotherapie, die aber deutlich schlechter vertragen wird.

Mit der hohen und schnellen Ansprechrate bei gleichzeitig guter Verträglichkeit ist Bevacizumab besonders für Patientinnen mit hohem Behandlungsdruck geeignet, z. B. Patientinnen mit aggressivem Krankheitsverlauf und ausgeprägter Metastasierung. Die frühzeitige und kontinuierliche VEGF-Hemmung ist in den o.g. Fällen eine essentielle Strategie bei der Behandlung einer metastasierten Krebserkrankung.(3 – 8) Es wird empfohlen, die Behandlung mit Bevacizumab bis zum Progress durchzuführen.(9)

Literatur

  1. www.ago-online.de
  2. Swain S, Kim S, Cortes J et al., ESMO 2014. Abstract 350O_PR
  3. MabuchiSetal.,ClinCancerRes2008.14:7781-9
  4. BagriAetal.,ClinCancerRes2010.16:3887-900
  5. GrotheyAetal.,JClinOncol2008.26:5326-34
  6. GaliziaGetal.,ClinCancerRes2004.10:3490-9
  7. Mancuso MR et al., J Clin Invest 2006. 116: 2610-21
  8. Vosseler S et al., Cancer Res 2005. 65: 1294-305
  9. Fachinformation Avastin®, Stand: Juli 2014.
  10. Pressegespräch 17.10.2014, Frankfurt
    Neue Daten vom ESMO zu Perjeta und Avastin in der Therapie des metastasierten Mammakarzinoms
    Veranstalter: Roche Pharma AG
    1. Referenten
      Prof. Dr. Andreas Schneeweiss, Leiter der Sektion Gynäkologische Onkologie, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg
      Finale Auswertung der CLEOPATRA-Studie: Signifikante Überlebensverlängerung mit Pertuzumab
    2. PD Dr. Sherko Kümmel
, Direktor der Klinik für Senologie/Brustzentrum, Kliniken Essen-Mitte
      Ausblick für die Zukunft – neue Therapieansätze mit Bevacizumab: Daten aus den Studien TANIA und IMELDA
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