Galenus-von-Pergamon-Preis für Prof. Oliver Gross

(umg) Prof. Dr. Oliver Gross und sein Team aus der Klinik für Nephrologie und Rheumatologie (Direktor: Prof. Dr. Gerhard A. Müller) der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) sind mit dem Galenus-von-Pergamon-Preis 2013 in der Kategorie Grundlagenforschung ausgezeichnet worden. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und von der Springer Medizin Ärzte-Zeitung Verlagsgesellschaft gestiftet. Die Auszeichnung würdigt hervorra-gende Forschungsleistungen in der klinischen oder experimentellen Arzneiforschung, die außerhalb der pharmazeutischen Industrie erbracht wurden. Die Verleihung fand am 17. Oktober 2013 in Berlin statt.

Der Nephrologe Prof. Dr. Oliver Gross hat mit seinen langjährigen Arbeiten dazu beigetragen, dass es erstmals eine Behandlungsempfehlung für Kinder und Jugendliche mit der seltenen, erblichen Nierenerkrankung „Alport-Syndrom“ gibt. Die Erkrankung führt dazu, dass sich die Nierenfunktion rapide immer weiter verschlechtert und die Nieren schließlich versagen. Betroffene Patienten sind bereits in jungen Jahren auf eine künstliche Blutwäsche (Dialyse) angewiesen oder warten auf eine Transplantation. Bislang galt die Erkrankung als nicht behandelbar.

Mit der Preisverleihung würdigte die Jury, dass das Team von Prof. Gross die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung zum Nutzen von nierenkranken Kindern um-setzen konnte: Vor mehr als zehn Jahren hat Prof. Gross in Untersuchungen an Mäusen entdeckt, dass die vorbeugende Gabe des ACE-Hemmers Ramipril die Nierenfunktion schützt und das Nierenversagen deutlich hinauszögert. Der Wirkstoff war damals und ist auch noch heute nur als Medikament zur Behandlung von Bluthochdruck bei Erwachsenen zugelassen. Weltweit setzen Ärzte trotzdem mangels Alternative auf eine vorbeugende Behandlung mit diesem Wirkstoff, wenn sie Kinder und Jugendlche mit „Alport-Syndrom“ helfen wollen. Die Ärzte tun dies bislang „Off-Label“ – also im Rahmen eines „Heilversuchs“.

Dass ACE-Hemmer wie Ramipril tatsächlich auch bei Kindern nierenschützend wirken, konnte rückwirkend und erstmals weltweit überhaupt über ein Europäisches Alportregister belegt werden, das 2006 von Prof. Gross gegründet wurde. Aufzeichnungen aus 310 Zentren in Europa über die Behandlung von Alport-Patienten wurden dafür gesammelt und ausgewertet. Das Ergebnis zeigte: Die Therapie mit einem ACE Hemmer kann das Nierenversagen und damit die Notwendigkeit regelmäßiger Blutwäschen um viele Jahre verzögern. Die Auswertung belegt auch: Wird rechtzeitig mit der Behandlung begonnen, verbessert sich die Lebenserwartung der Kinder mit Alport-Syndrom deutlich.

WELTWEIT ERSTE KLINISCHE PRÄVENTIONS-STUDIE
Bislang liegen noch keine zuverlässigen Daten vor, wie genau das für Erwachsene zuge-lassene Medikament bei Kindern und Jugendlichen mit Alport-Syndom wirkt und zu welchen Nebenwirkungen es kommen kann. Eine weltweit erste klinische Präventions-Studie mit Kindern und Kleinkindern unter Leitung von Prof. Dr. Gross soll nun auch die-se Fragen klären. Sie untersucht die Sicherheit und Wirksamkeit von Ramipril für die Behandlung von Kindern mit Alport-Syndrom. Die Ergebnisse könnten auch den Weg ebnen für eine Zulassung des Wirkstoffs als Medikament zur Behandlung von Kindern mit „Alport Syndrom“. Die Studie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF 01KG1104) mit rund einer Million Euro unterstützt. Sanofi-Aventis stellt die Studienmedikamentation kostenlos zur Verfügung. Wegen ihrer großen Bedeutung soll die deutschlandweite Studie in Kooperation mit dem Institut für anwendungsorientierte Forschung und klinische Studien (IFS) der Universitätsmedizin Göttingen bis Ende des Jahres 2013 mit Zentren in London und Paris auf andere Länder ausgeweitet werden.

Alport Syndrom
Alport Syndrom ist eine vererbbare, chronisch fortschreitende Nierenerkrankung mit Nierenversagen. Die Häufigkeit liegt bei 1:7.500. In Deutschland sind über 5.000 Menschen in über 1.000 Alport-Familien betroffen. Etwa einer von 100 Dialysepatienten hat Alport Syndrom, viele davon, ohne es zu wissen. Neun von zehn Betroffenen sind männlich. Die Betroffenen haben fehlgebildetes Bindegewebe, meist einen Defekt in den Typ IV Kollagenfasern. Die genetische Veränderung lässt die Nieren zunehmend vernarben. Die Nieren verlieren ab der Geburt zunehmend ihre Filter- und Reinigungs-Funktion des Blutes. Die Patienten leiden unter Wachstums- und Gedeihstörungen, Schwerhörigkeit, Sehstörungen, häufigen Infekten, häufigen Herz-Kreislauferkrankungen und sind im Mittel ab dem 22sten Lebensjahr auf Dialyse und Nierentransplantation angewiesen.

WEITERE INFORMATIONEN:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Klinik für Nephrologie und Rheumatologie
Prof. Dr. Oliver Gross, Telefon 0551 / 39-6331
gross.oliver@med.uni-goettingen.de
Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen

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