Herkömmliche Desinfektionsmethoden zur Beseitigung von Bakterien wie Chlorierung, Ozonierung, Wasserstoffperoxid-Oxidation (H₂O₂) und ultraviolette Bestrahlung haben entscheidende Nachteile. Sie erzeugen schädliche Nebenprodukte und verbrauchen viel Energie. Im Gegensatz dazu arbeiten elektrochemische Desinfektionsverfahren effizienter und umweltfreundlicher. Sie nutzen ein gepulstes elektrisches Hochspannungsfeld und erzeugen hochreaktive Radikale durch Elektrokatalyse. Allerdings erfordern sie entweder hohe Spannungen oder eine intensive Gaszufuhr, was ihre praktische Anwendung stark einschränkt.
Das Forscherteam um Tong Sun und Yuanhong Xu von der Universität Qingdao (China) hat nun eine innovative elektrochemische Sterilisationsmethode entwickelt. Diese Strategie funktioniert in neutralen Elektrolyten, indem sie bei konstantem Strom und niedriger Spannung hochalkalische Mikroumgebungen erzeugt. Die meisten Bakterien können in solch extremen pH-Bedingungen nicht überleben.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in speziellen Kathoden. Sie bestehen aus einem Kupferdrahtgeflecht, das mit Kupferoxid-Nanodrähten überzogen ist. An den Spitzen dieser Nanodrähte entstehen extrem starke elektrische Felder, die die Elektrokatalyse optimieren. An der Kathode begünstigt die Wasserstoffentwicklungsreaktion (HER) die Aufnahme von Hydroniumionen (H₃O⁺) durch die Nanodrähte. Dadurch steigt die Konzentration von Hydroxidionen (OH⁻) in der unmittelbaren Umgebung rapide an. So bildet sich eine hochalkalische Mikroumgebung, die gezielt Bakterien angreift. Da der Gesamt-pH-Wert der Sterilisationslösung nur geringfügig ansteigt, ist keine aufwendige Neutralisierung vor der Entsorgung erforderlich.
Diese hochalkalische Mikroumgebung tötet Bakterien innerhalb weniger Minuten. Das Team demonstrierte die Wirksamkeit an Escherichia coli (E. coli). In diesem extremen Milieu fehlen nahezu alle Protonen, wodurch der Protonentransport über die Zellmembran zusammenbricht. Dadurch kann die Zelle kein ATP mehr synthetisieren, was zu einem Energiemangel führt. Gleichzeitig löst der oxidative Stress Zellschäden aus. Zudem gerät das NADPH/NAD⁺-Gleichgewicht aus dem Lot, das für Genregulation und Stoffwechsel essenziell ist. Infolgedessen sterben die Bakterien ab.
Dieser neuartige Ansatz könnte die Entwicklung leistungsstarker nanostrukturierter Elektrokatalysatoren vorantreiben. Solche Materialien könnten elektrochemische Desinfektionsstrategien effizienter, umweltfreundlicher und sicherer machen – mit vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten in der Sterilisation.
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Angew. Chem.: Presseinfo 03/2025
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Originalpublikation
Autor/-in: Yuanhong Xu, Qingdao University (China), http://smkx.qdu.edu.cn/info/1058/1294.htm
https://doi.org/10.1002/ange.202424067
https://medizin-aspekte.de/symposium-neue-perspektiven-aus-wissenschaft-und-evolution-154951/