Aufmerksamkeit: Zwei Hirnareale im Wettbewerb

brain, mind, a, Aufmerksamkeit

Für ihre Studie nutzten Dr. Hardy Hagena und Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan die Optogenetik. Sie veränderten Ratten genetisch so, dass bestimmte Nervenzellen durch Licht gezielt aktiviert oder deaktiviert werden konnten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie am 30. Dezember 2024 in der Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences). Sie zeigt: Motivation und Aufmerksamkeit beeinflussen die synaptische Plastizität im Hippocampus gezielt.

Grundlage des Lernens

Neurotransmitter wie Dopamin und Noradrenalin sind essenziell für die Informationsverarbeitung. Sie beeinflussen langfristig die Kommunikationsfähigkeit von Nervenzellen – ein Prozess, der als synaptische Plastizität bekannt ist. Diese Anpassung bildet die zelluläre Basis der Gedächtnisbildung. Während sich bei der Langzeitpotenzierung die Signalübertragung an bestimmten Synapsen verstärkt, wird sie bei der Langzeitdepression im Hippocampus abgeschwächt. Dadurch speichert das Gehirn Erfahrungen und kann sie bei Bedarf aktualisieren.

Der Locus coeruleus und das ventrale tegmentale Areal setzen Neurotransmitter im Hippocampus frei, wo Lernprozesse stattfinden. Bisher war unklar, wie stark diese Regionen die synaptische Plastizität und somit das Lernen beeinflussen. Bekannt ist, dass das ventrale tegmentale Areal für Belohnungs- und Abneigungsreaktionen eine zentrale Rolle spielt. Der Locus coeruleus hingegen reagiert auf neue Reize und steuert dadurch die Aufmerksamkeit.

Einfluss auf die Gedächtnisbildung im Hippocampus

Hagena und Manahan-Vaughan analysierten die synaptische Aktivität im Hippocampus von genetisch veränderten Nagern. Diese ermöglichten es, durch Licht gezielt die Aktivität bestimmter Zellen im Locus coeruleus und im ventralen tegmentalen Areal zu steuern. Aktivierten die Forschenden das ventrale tegmentale Areal, verstärkte sich die synaptische Signalübertragung im Hippocampus (Langzeitpotenzierung). Wurde hingegen der Locus coeruleus angeregt, trat der gegenteilige Effekt ein (Langzeitdepression).

In weiteren Versuchen inaktivierte das Team das ventrale tegmentale Areal. Dadurch wurde die Langzeitpotenzierung im Hippocampus während der Erkundung einer neuen Umgebung unterdrückt. Wurde der Locus coeruleus deaktiviert, hemmte dies die Langzeitdepression während der Erkundung einzelner Umgebungsinhalte.

Der Hippocampus verarbeitet durch diese beiden Mechanismen unterschiedliche Aspekte räumlicher Informationen. Die Forschenden konnten nun den physiologischen Prozess identifizieren, der die synaptische Plastizität steuert.

Mechanismus bestimmt Gedächtnisinhalte

„Wir waren erstaunt, wie spezifisch die Effekte sind“, erklärt Hardy Hagena. „Die Erkenntnis, dass das ventrale tegmentale Areal und der Locus coeruleus zwei unterschiedliche Formen der synaptischen Plastizität auslösen, zeigt uns, wie Motivation und Aufmerksamkeit die synaptischen Reaktionen beeinflussen – abhängig von ihrer Relevanz und dem aktuellen Gedächtnisinhalt.“

Förderung

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützte die Studie im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 1280, Projekt A04 (Projektnummer: 316803389).

Weitere Informationen

Wissenschaftliche Ansprechpartner

Dr. Hardy Hagena
Abteilung für Neurophysiologie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 27953
E-Mail: hardy.hagena@ruhr-uni-bochum.de

Originalpublikation

Hardy Hagena, Denise Manahan-Vaughan: Oppositional and Competitive Instigation of Hippocampal Synaptic Plasticity by the VTA and Locus Coeruleus, in: PNAS, 2024 DOI: 10.1073/pnas.2402356122, https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2402356122


https://medizin-aspekte.de/demenz-studie-prueft-digitale-gedaechtnistests-154886/

Nach oben scrollen