Ob in Nahrungsergänzungsmitteln, Schokolade, Tee oder Gummibärchen – Cannabidiol (CBD) ist in den letzten Jahren zu einem beliebten Lifestyle-Produkt auf dem Lebensmittelmarkt geworden. Obwohl CBD keine berauschende Wirkung hat, werben Hersteller mit zahlreichen angeblichen Vorteilen: gesteigerte körperliche Fitness, ein gestärktes Immunsystem sowie Hilfe bei Stress, Schmerzen oder Menstruationsbeschwerden.
Die Arbeitsgruppe „Lebensmittelinhaltsstoffe“ der Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln (SKLM) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nun den Nutzen und die Risiken von CBD und CBD-haltigen Lebensmitteln wissenschaftlich untersucht.
Diese Arbeitsgruppe wird von Professorin Angela Mally geleitet, die am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) tätig ist.
Kein nachweisbarer Nutzen
In einer aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift Nutrients veröffentlicht wurde, analysierten die Forschenden bisherige Studien zu den Wirkungen und Nebenwirkungen von CBD. Ihr Schwerpunkt lag auf täglichen Aufnahmemengen von bis zu 300 Milligramm. Dosen über diesem Bereich werden als verschreibungspflichtige Medikamente, beispielsweise bei Epilepsie, genutzt.
„Nach gründlicher Überprüfung der vorhandenen Daten zeigt sich: Für die viel beworbenen gesundheitlichen Vorteile von CBD in Lebensmitteln gibt es bisher keine wissenschaftliche Basis“, erklärt Angela Mally. Das gelte besonders für Dosen unter 300 Milligramm pro Tag, die für Lebensmittel relevant sind.
Risiken schon bei niedriger Dosis
Die Versprechen der Produkte halten nicht stand, doch ihre Nutzung ist nicht risikofrei.
Die Untersuchung von Studien mit Fokus auf schädliche Effekte zeigt, dass CBD dosisabhängig und bei langfristiger oder hochdosierter Einnahme teils ernsthafte Nebenwirkungen haben kann. Betroffen sind vor allem die Leber und Wechselwirkungen mit Medikamenten. Zusätzlich gibt es Hinweise auf negative Effekte auf das Nervensystem, den Magen-Darm-Trakt, das Hormonsystem, die Fortpflanzung und die Fruchtbarkeit.
„Während Nebenwirkungen bei Arzneimitteln oft nicht zu vermeiden sind, darf dies bei Lebensmitteln keinesfalls vorkommen“, betont Mally.
CBD wird meist in Ölform verkauft, der CBD-Gehalt variiert zwischen fünf und 40 Prozent. Laut der britischen Food Standard Agency liegt die akzeptable tägliche Menge bei zehn Milligramm. Öle mit durchschnittlichem CBD-Gehalt überschreiten diesen Wert leicht. Selbst Dosierungen, bei denen erste schädliche Wirkungen festgestellt wurden, können problemlos erreicht werden.
Angela Mally sieht dies kritisch: „Ein großes Problem ist, dass die Produkte oft keine genauen Dosierangaben enthalten. Im Internet finden sich viele Empfehlungen, die Nutzerinnen und Nutzer dazu verleiten in gefährliche Bereiche zu dosieren.“
Zusätzlich weichen die angegebenen Mengen auf den Produkten häufig von den tatsächlichen Werten ab. Laut einer aktuellen Studie liegt der CBD-Gehalt kommerzieller Öle im Durchschnitt etwa 21 Prozent über den Herstellerangaben. Dies macht unbeabsichtigte Überdosierungen wahrscheinlich.
Produkte ohne Zulassung im Handel
Bemerkenswert ist, dass in der EU aktuell keine CBD-haltigen Lebensmittel zugelassen sind, sie jedoch trotzdem verkauft werden. Als sogenannte Novel Foods benötigen diese Produkte eine Zulassung durch die EU-Kommission, einschließlich einer Risikobewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).
Der Verkauf erfolgt jedoch oft durch rechtliche Grauzonen. Da CBD-Produkte als Lebensmittel nicht verkehrsfähig sind, werden sie beispielsweise als Aromaöle oder Kosmetika deklariert. Zusätzlich existieren in den EU-Staaten unterschiedlich strenge Regelungen.
„Angesichts der Ergebnisse ist es dringend notwendig, die Verbraucherinnen und Verbraucher besser aufzuklären, damit sie die zweifelhaften Nutzen und möglichen Risiken besser einschätzen können“, unterstreicht Angela Mally.
Weitere Informationen
Wissenschaftliche Ansprechpartner
Prof. Dr. Angela Mally, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Tel: +49(0)931-31 81194, E-Mail: angela.mally@uni-wuerzburg.de
Originalpublikation
Engeli, B. E., Lachenmeier, D. W., Diel, P., Guth, S., Villar Fernandez, M. A., Roth, A., Lampen, A., Cartus, A. T., Wätjen, W., Hengstler, J. G. & Mally, A.
Cannabidiol in Foods and Food Supplements: Evaluation of Health Risks and Health Claims.
Nutrients (2025)
https://medizin-aspekte.de/wundheilung-richtig-foerdern-155037/