Die sogenannte Lichtblatt-Mikroskopie erlaubt es, vollständige Gewebeproben innerhalb weniger Minuten zu durchleuchten, ohne sie erst in Scheiben schneiden zu müssen. Ein Hochleistungsrechner setzt die Bilder sofort wieder in drei Dimensionen zusammen. Die Auflösung ist bei dieser neuen Methode so hoch, dass die Forscher einzelne Zellen in diesem Gesamtzusammenhang untersuchen können. Im konkreten Fall beobachteten sie die Wechselwirkung von Immunzellen mit Krebszellen, oder wie das Immunsystem nach einer Transplantation fremdes Gewebe abstößt.
„Wir können jetzt tief im Gewebe intakter Mausorgane oder in Gewebeproben von Krebspatienten Zellen und Moleküle mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen sichtbar machen“, erzählt Christian Brede begeistert. Für ihn ist dieses Projekt ein wichtiger Bestandteil seiner Doktorarbeit in der Arbeitsgruppe von Dr. Andreas Beilhack am Universitätsklinikum.
Der Mediziner und Leiter der Studie ist von der neuen Mikroskopietechnik fasziniert. „Das Prinzip dahinter ist eigentlich schon lange bekannt: Sie kennen das vielleicht, wenn am späten Nachmittag das Licht seitlich durch das Fenster fällt, dass plötzlich die feinsten Staubpartikel im Zimmer sichtbar werden.“ Vor mehr als 100 Jahren bauten Henry Siedentopf und Richard Zsigmondy zum ersten Mal ein Mikroskop, das diesen Effekt nutzt. Sie konnten so Teilchen sichtbar machen, die kleiner sind als ein 20.000stel Millimeter. Zsigmondy wurde für seine Beobachtungen mit diesem Mikroskop 1925 mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt.
Die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Gregory Harms und Dr. Katrin Heinze am Rudolf-Virchow-Zentrum haben diese Technik nun zusammen mit Dr. Beilhack entscheidend weiterentwickelt. „Die moderne Laser- und die Computertechnik eröffneten uns ganz neue technische Möglichkeiten “, erklärt Dr. Katrin Heinze. In der Kombination dieser Techniken sieht Beilhack ein fantastisches Potenzial für die biomedizinische Forschung und in Zukunft auch für die klinische Diagnostik. Und so sind die nächsten Projekte schon geplant. Die Forscher wollen im nächsten Schritt Entzündungen und Infektionen genauer untersuchen. Mikroskoptechniker Mike Friedrich schraubt schon wieder an dem Gerät, um es noch weiter zu verbessern.
Die Studie wurde gefördert durch die Deutsche José Carreras Leukämie Stiftung und den Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft Transregio 52 Würzburg-Mainz-Berlin.