Atemnot, schwere Schritte und häufig auch Kopfschmerzen – nach sportlicher Anstrengung oder infolge eines grippalen Infektes sind diese Symptome vielen bekannt. Doch sie können auch eine andere, äußerst seltene Ursache haben: Myasthenia gravis (MG). Die sogenannte „Schneeflocken“-Krankheit gehört in der EU zu den seltenen Krankheiten, aber kann für Betroffene (temporär) zur echten Qual werden.
Myasthenia gravis: Das verbirgt sich hinter der Erkrankung, die kaum jemand kennt
Myasthenia gravis ist eine langfristige neuromuskuläre Störung, die zu einer unterschiedlich starken Schwäche der Skelettmuskeln führt. Am häufigsten sind die Muskeln der Augen und des Gesichts betroffen, gefolgt von jenen des Nackens, der Schultern und der Gliedmaßen. Myasthenia gravis wird durch eine Störung der Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln verursacht.
Normalerweise werden die Nervenimpulse vom Gehirn zu den Muskeln durch eine Chemikalie namens Acetylcholin übertragen. Acetylcholin bindet an Rezeptoren auf den Muskelzellen und bewirkt, dass sich die Muskeln zusammenziehen. Bei Myasthenia gravis blockieren, zerstören oder verändern Antikörper, die vom Immunsystem produziert werden, die Rezeptoren für Acetylcholin. Diese Aktion unterbricht die normale Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln, was zur Muskelschwäche führt.
Wie sehen die Heilungschancen aus?
Der Therapieansatz zur Linderung und Bekämpfung dieser Art der muskulären Schwäche sieht anders aus als bei Kongenitalen Muskeldystrophien (erbliche Muskelerkrankungen). Zwar gibt es für Myasthenia gravis keine Heilung, aber Behandlungen können die Muskelkraft verbessern und helfen, weitere Schwächen zu verhindern. Die Hauptstütze der Behandlung sind Medikamente, die die Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskeln verbessern. In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um das zugrunde liegende Problem zu lösen. Mit der richtigen Behandlung können die meisten Menschen mit Myasthenia gravis eine deutliche Verbesserung erreichen.
Da europaweit pro 10.000 Einwohner statistisch lediglich eine Person an Myasthenia gravis leidet, steckt die Forschung laut Deutscher Myasthenie Gesellschaft noch in den Kinderschuhen.
Wenn die Muskelkraft immer weiter nachlässt sowie Müdigkeit und Kopfschmerzen hinzukommen, könnte es sich um Symptome für Myasthenia gravis handeln.
Die Hauptstütze der Therapie von Myasthenia gravis bildet die symptomatische Behandlung mit Acetylcholinesterase-Hemmern. Diese Medikamente erhöhen die Konzentration von Acetylcholin an der neuromuskulären Verbindungsstelle und verbessern die Muskelkraft. Die am häufigsten verwendeten Medikamente dieser Klasse sind Pyridostigmin (Mestinon) und Neostigmin (Prostigmin).
Acetylcholinesterase-Hemmer werden in der Regel gut vertragen, aber zu den Nebenwirkungen können Bauchkrämpfe, Durchfall und vermehrte Sekretion gehören. Diese Medikamente müssen bei Patienten mit Asthma oder anderen Atemwegserkrankungen mit Vorsicht eingesetzt werden, da sie diese Erkrankungen verschlimmern können.
In einigen Fällen können zusätzliche Therapien erforderlich sein, um Myasthenia gravis wirksam zu behandeln. So werden zum Beispiel häufig Kortikosteroide wie Prednison eingesetzt, um die Entzündung zu verringern und die Muskelkraft zu verbessern. Andere immunsuppressive Medikamente, wie Azathioprin (Imuran) oder Cyclosporin, können ebenfalls verwendet werden.
Manchmal ist eine Operation erforderlich, um die Thymusdrüse zu entfernen, die an der Produktion von Antikörpern beteiligt ist, die zur Myasthenia gravis beitragen. Dieser Eingriff, der als Thymoidektomie bezeichnet wird, kann die Symptome sehr effektiv verbessern und in einigen Fällen sogar zu einer Remission führen.
Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte Plasmapherese (Plasmaaustausch). Hierbei werden die Antikörper aus dem Blut gefiltert, die zu der Krankheit beitragen. Diese Therapie kann in schweren Fällen hilfreich sein, wenn andere Behandlungen versagt haben.
Myasthenia gravis oder andere Ursachen: Bei diesen Symptomen bringt ein Bluttest Klarheit
Betroffene von Myasthenia gravis klagen häufig über Kopfschmerzen und Sehstörungen. Die Oberlider wirken oft müde und die Wahrnehmung von sogenannten Doppelbildern nimmt zu. Treten diese Symptome langanhaltender auf, können Sie auch Anzeichen für eine massive Stresssituation, Tumore im Kopf oder eben Myasthenia gravis sein.
Um den Grund für die Beschwerden herauszufinden, nehmen Ärzte zunächst eine körperliche Untersuchung vor und prüfen die Reflexe. Zeigen sich hier erste Anzeichen von Muskelschwäche, wird erfahrungsgemäß ein Bluttest angeordnet, um hier nach Antikörpern zu suchen, die mit Myasthenia gravis in Verbindung stehen. Diese Tests können helfen, die Diagnose zu bestätigen.
Auch bildgebende Tests, wie z. B. eine MRT- oder CT-Untersuchung, können helfen, um andere Erkrankungen auszuschließen, die ähnliche Symptome verursachen können. In einigen Fällen wird auch eine Muskelbiopsie vorgenommen. Hat sich der Verdacht auf Myasthenia gravis bestätigt, werden betroffene Patienten meist an neurologische Fachärzte überwiesen, um die weitere Behandlung zu besprechen.
Mit Myasthenia gravis ist auch ein beschwerdearmes Leben möglich
Die MG-Diagnose ist für viele Betroffene zunächst ein Schock, doch mit dem richtigen Behandlungsplan, der medikamentösen Unterstützung und einem bewussteren Leben lässt sich die Symptomatik gut in den Griff bekommen.
Da die Erkrankung für einen Abbau der Muskelkraft sorgt, ist regelmäßige sportliche Betätigung von Vorteil. Sie hilft, Muskelkraft aufzubauen bzw. zu erhalten, und verringert durch die moderate Bewegung das Müdigkeitsempfinden.
Auch eine gesunde Ernährung und die Vermeidung einiger Lebensmittel können helfen, die Symptome für MG zu lindern. Die Einnahme von Kalium und Kalzium unterstützt den Muskelaufbau, sodass Lebensmittel wie Kartoffeln, weiße Bohnen, grünes Gemüse, Bananen, Eier, Milch- und Vollkornprodukte unbedingt auf dem Speiseplan stehen sollten. Experten empfehlen darüber hinaus, den Alkoholkonsum deutlich einzuschränken.
Ausreichend Ruhe für die körpereigene Regeneration ist ebenfalls hilfreich, um vor allem das Symptom der Müdigkeit zu lindern. Dazu gehört auch eine gute Schlafroutine, sodass sich der Körper mindestens sieben Stunden erholen kann.
Regelmäßige Arztbesuche und die Überprüfung der Werte sind bei der chronischen Erkrankung unerlässlich. Treten einige Symptome beispielsweise deutlich häufiger oder verstärkt auf, kann der Facharzt den Behandlungsplan anpassen, sodass ein beschwerdefreies Leben möglich ist.
Moderates Krafttraining gepaart mit Ausdauer kann der Muskelschwäche entgegenwirken.
Ist Myasthenia gravis heilbar und verschwindet wieder?
Sobald Patienten die MG-Diagnose erhalten haben, geht es um eine Verbesserung der Symptomatik durch verschiedene Behandlungsansätze. Eine Heilung gibt es allerdings nicht. Doch die Stoffwechselerkrankung kann in Schüben auftreten. Das bedeutet, es gibt einige Phasen, in denen die Symptome belastender empfunden werden und Phasen, bei denen sie fast gar nicht bemerkbar sind.
Wer als Erwachsener an Myasthenia gravis erkrankt, macht sich häufig Sorgen darum, dass die Krankheit auch an den Nachwuchs vererbt werden kann. Doch Experten können hier bislang Entwarnung geben. Untersuchungen zeigen, dass es sich bei Myasthenia gravis um keine Erbkrankheit handelt. Zwar gibt es Familien, in denen mehrere Mitglieder unter MG leiden, doch dies ist extrem selten.