Der Schlaganfall ist vorwiegend eine Erkrankung älterer Menschen. In Deutschland beträgt die Schlaganfallhäufigkeit für 40- bis 49-Jährige 0,9 %, für 70- bis 79-Jährige 7,1 % (Erhebungszeitraum 2008 bis 2011). (1)
Schlaganfälle stellen für die Patienten ein hohes Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko dar, so Prof. Dr. med. Martin Grond, Siegen. 2008 wurden in Deutschland rund 63.000 Todesfälle durch einen Schlaganfall verursacht, er ist damit die dritthäufigste Todesursache nach Herz- und Krebserkrankungen. (2) Zudem gilt der Schlaganfall als häufigste Ursache für Behinderungen im Erwachsenenalter. (2) Drei Monate nach einem erstmaligen Hirninfarkt weist ein Viertel der überlebenden Patienten schwere Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens auf.(2) Diese werden hervorgerufen durch Arm- und Handschwäche, Beinschwäche und Gangstörung, Sprach- und Sprechstörung, Denkstörung, Schluckstörungen, Gefühlsstörungen und Schmerzen, Aufmerksamkeitsstörung (Neglect), Sehstörungen, Schwindel/Gleichgewichtsstörungen, Depression sowie Persönlichkeitsveränderungen.
Häufige Einschränkungen nach einem Schlaganfall
- Arm- und Handschwäche
- Beinschwäche und Gangstörung
- Sprach- und Sprechstörung
- Denkstörung, Schluckstörungen
- Gefühlsstörungen und Schmerzen
- Aufmerksamkeitsstörung (Neglect)
- Sehstörungen
- Schwindel/Gleichgewichtsstörungen
- Depression
- Persönlichkeitsveränderungen
Vorhofflimmern häufigste klinisch relevante Herzrhythmusstörung
Eine bedeutende Ursache eines Schlaganfalls ist das Vorhofflimmern (VHF). Vorhofflimmern ist die häufigste klinisch relevante Herzrhythmusstörung, in Deutschland sind nach Schätzungen etwa 1,8 Millionen Menschen erkrankt. (3) Experten gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Diagnose gestaltet sich häufig schwierig, da Vorhofflimmern bei 15 % bis 30 % der Patienten asymptomatisch verläuft (4,5,6) oder durch einen episodenhaften Charakter schwer zu erfassen ist. Tatsächlich war in Untersuchungen bei bis zu 35 % der Patienten mit VHF-assoziiertem Schlaganfall die Herzrhythmusstörung nicht bekannt und wurde erst nach dem Ereignis diagnostiziert. (7,8)
Da Vorhofflimmern das Schlaganfallrisiko um den Faktor fünf erhöht, (9) ist eine frühzeitige Diagnose wichtig. In der aktuellen ESC-Leitlinie wird dazu ein opportunistisches Puls-Screening bei Menschen ab 65 Jahren empfohlen. (9) „Eine hohe Frequenz über 100 Schläge pro Minute oder Unregelmäßigkeiten können auf VHF hinweisen“, erläutert Dr. Thomas Schramm, Köln. Auffällige Tastbefunde sollten im Anschluss durch ein EKG weiter abgeklärt werden“, führt Schramm aus. „Bei VHF sind die RR-Intervalle unregelmäßig und folgen keinem wiederkehrenden Schema. Es lassen sich keine eindeutig abgrenzbaren P-Wellen identifizieren und das Intervall zwischen zwei Vorhofaktivierungen ist typischer- weise variabel und beträgt weniger als 200 ms.“
Besonders schwerer Verlauf von Schlaganfällen durch Vorhofflimmern
In Deutschland ereignen sich nach Schätzungen jährlich 196.000 erstmalige und 66.000 erneute Schlaganfälle (Stand 2008). (10) Laut Professor Dr. Martin Grond, Siegen, gehen die Ereignisse mit einem hohen Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko einher. 2008 wurden hierzulande rund 63.000 Todesfälle durch einen Schlaganfall verursacht, er ist damit die dritthäufigste Todesursache nach Herz- und Krebserkrankungen. (10) Weiter sind Schlaganfälle die häufigste Ursache für eine Behinderung im Erwachsenenalter, (10) wobei die Vorhofflimmern-bedingten Schlaganfälle oft besonders schwer verlaufen. (11) Ein Viertel der Betroffenen weist drei Monate nach erstmaligem Schlaganfall schwere Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten, z.B. durch Hemiparese oder Sprachstörungen, auf. (10)
Die funktionalen Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall lassen sich mit der modifizierten Rankin-Skala (mRS) erfassen. Die Skala reicht von 0 (keine Symptome) bis 6 (Tod infolge des Apoplex). Laut einer Analyse prospektiver Registerdaten aus Kanada verstarben von 597 VHF-Patienten mit einem erstmaligen akuten ischämischen Schlaganfall 20 % und 60 % wurden bei der Entlassung aus der Klinik mit einem mRS- Score von ≥ 2 eingestuft; sie hatten also mindestens leichte Beeinträchtigungen mit Einschränkungen im Alltag. (12)
Für Nichtbetroffene ist es oft schwierig, sich das Ausmaß der Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall vorzustellen. Daher wurde der Hemiparese-Simulator entwickelt. Wer ihn trägt, ist in vielen seiner Funktionen so eingeschränkt wie ein Schlaganfall-Patient und versteht dann sehr gut, wie wichtig die frühe Diagnose und die Schlaganfall-Prophylaxe ist. (L.DE.COM.GM.03.2016.2773)
Quellen:
- Busch MA et al. Bundesgesundheitsbl 2013 56:656-660 DOI 10.1007/s00103-012-1659-0
- Heuschmann PU et al. Akt Neurol 2010; 37: 333-340
- Wilke T et al. Europace 2013; 15: 486-493
- Healey JS et al. N Engl. J Med 2012; 366(2): 120-129
- Schnabel RB et al. Deutsches Ärzteblatt International 2012; 109(16): 293-299
- Tsang TS et al. Canadian Journal of Cardiology 2011; 27: S122 Abstract 173
- Haeusler KG et al. Int J Stroke 2012; 7(7): 544-555
- Palm F et al. Eur J Neurol 2013; 20(1): 117-123
- Camm AJ et al. Eur Heart J 2012; 33: 2719-2747
- Heuschmann PU et al. Akt Neurol 2010; 37: 333-340
- Camm AJ et al. Eur Heart J 2010; 31: 2369-2429
- Gladstone DJ et al. Stroke 2009; 40: 235-240
Foto:
Dr. med. Thomas Schramm, niedergelassener Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Sportmedizin in Köln und Prof. Dr. med. Martin Grond, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Kreisklinikum Siegen (v.l.; Foto: J. Wolff, MEDIZIN ASPEKTE)