Kritik übt die DDG an der intransparenten methodischen Vorgehensweise zur Festsetzung der Verordnungsquoten für Metformin und Sulfonylharnstoffe sowie GLP-1-Rezeptoragonisten. „Die Entstehung der Zielvorgaben ist unklar und wird in den zugänglichen Dokumenten hierzu nicht erläutert“, kritisiert Professor Dr. med. Michael Nauck. „Inwieweit sie sich also aus Ist-Zahlen ableiten lassen und welche Überlegungen hinter den vereinbarten Quoten stecken, bleibt unklar“, führt der Experte des Diabetes-Zentrums Bad Lauterberg weiter aus. Besonders auffällig sei, dass für verschiedene Bundesländer unterschiedliche Zielvorgaben formuliert sind. „Worin diese landestypischen Unterschiede begründet liegen, wird nicht erläutert“, bemerkt Professor Nauck.
Hauptkritikpunkt der Deutschen Diabetes Gesellschaft sind jedoch die gesundheitlichen Risiken, die sich aus der starren Quotierung der Präparate ergeben. Denn zwischen 15 und 35 Prozent der Diabetespatienten vertragen Metformin und Sulfonylharnstoffe nicht, wie Studien belegen. Die Betroffenen leiden unter Magen-Darm-Nebenwirkungen (Metformin) oder sind aufgrund einer eingeschränkten Nierenfunktion dem Risiko schwerer Unterzuckerungen ausgesetzt (Sulfonylharnstoffe), sobald sie die Tabletten einnehmen. In der Bundesrepublik sind etwa sechs Millionen Menschen an Diabetes Typ 2 erkrankt. Knapp die Hälfte von ihnen nimmt Metformin oder Sulfonylharnstoffe in Form von Blutzucker senkenden Tabletten.
„Wenn Ärzte sich in ihrem Verordnungsverhalten konsequent an den Vergabequoten orientieren, müssen sie zwangsläufig gegen Kontraindikationen verstoßen oder Unverträglichkeiten riskieren“, warnt Diabetologe Stephan Matthaei. „Eine Missachtung dieser Gegenanzeigen oder Inkaufnahme von Intoleranzen kann unter Umständen einem Kunstfehler gleichkommen, für den Ärzte zur Verantwortung gezogen werden können.“
Die DDG fordert die Kassenärztlichen Vereinigungen daher auf, als Verhandlungspartner der Krankenkassen darauf zu drängen, die Zielvorgaben auf eine wissenschaftlich fundierte Basis zu stellen. „Damit würde die Ärzteschaft der Patientensicherheit den Vorrang vor Sparmaßnahmen geben, die unter Umständen einer großen Zahl von Patienten mit der Volkskrankheit Typ-2-Diabetes Risiken und gegebenenfalls Schäden aufbürden“, betont Stephan Matthaei. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft sei gerne bereit, fachlich-wissenschaftlich an der Erarbeitung solcher Zielvorgaben mitzuwirken.
Die vollständige „Stellungnahme der Deutschen Diabetes Gesellschaft zu Leitsubstanzquoten für die Verordnung von Antidiabetika“ finden Sie auf der Homepage der DDG.
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