Folsäure plus orales Kontrazeptivum gegen Neuralrohrdefekt – Folate bzw. Folsäure sind essenziell für die Zellteilung und bei Embryos wichtig für eine gesunde Entwicklung des Foetus. Die präventive Zugabe von Folsäure zu einem oralen Kontrazeptivum ist ein innovativer zielgerichteter Ansatz, um bei Frauen im gebärfähigen Alter rechtzeitig vor der Konzeption einen wirksamen und damit schützenden Folatspiegel sicherzustellen. „Bayer hat deshalb eine neue Klasse oraler Kontrazeptiva mit Folat entwickelt, um so das Risiko für Neuralrohrdefekte deutlich zu senken“, so Dr. Joachim Marr, Global Clinical Development Women’s Healthcare, Bayer Schering Pharma.
Fehlbildungen in der Schwangerschaft vermeiden
Schwangerschaften und Geburten waren in den Ländern mit hohem durchschnittlichem Einkommen noch nie so sicher wie heute. Trotzdem gibt es noch immer eine perinatale Sterblichkeit bei 5-7 von 1000 Neugeborenen, davon 25 Prozent als Folge angeborener Fehlbildungen, erläutert Gynäkologe Prof. Dr. med. Wolfgang
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eve, Basel. Auch wenn Schwangerschaften und Geburten so „natürlich“ wie möglich verlaufen und keine unnötige „Medizinalisierung“ erfolgen sollte, sind neben der freudigen Erwartung gewisse Sorgen um die Kindsentwicklung normal und Frauen wie auch Mediziner würden gerne Risiken minimieren.
Fehlbildungen bei Embryos: Neuralrohrdefekt wegen Folatmangel
Unter allen angeborenen Anomalien nehmen strukturelle Fehlbildungen wie Herzfehler oder Neuralrohrdefekte die oberen Plätze ein. Insbesondere seit der Thalidomid (Contergan)-Katastrophe ist bekannt, dass es in der Embryonalentwickelung sensible Phasen gibt, in denen spezifische Fehlbildungen entstehen oder verhindert werden können.
Das ursprünglich bei allen Menschen offene Neuralrohr verschließt sich bis zum 28. Tag. Geschieht dieses nicht, entsteht bei oberer Verschluss-Störung eine Anencephalie und bei unterer eine Spina bifida. Weltweit werden pro Jahr ca. 300 000 Kinder mit Neuralrohrdefekt geboren, und die Prävalenz in Deutschland beträgt etwa 6,7 pro 10 000 Geburten.
Substitution mit Folat vermeidet Fehlbildungen wie Neuralrohrdefekte, Herzfehler, Harnwegsanomalien und Magen-Ausgangsstenosen
Für Prof. Holzgreve sind die Ergebnisse der randomisierten Studie von Andrew E. Czeisel und seiner Gruppe, publiziert 1994 im Lancet, bahnbrechend. Die Untersuchungen zeigten eine dramatische Reduktion des erwarteten Auftretens von Neuralrohrdefekten nach Substitution mit Folat, aber auch von anderen Fehlbildungen wie Herzfehlern, Harnwegsanomalien und Magen-Ausgangsstenosen. Die USA und andere Länder kamen zur offiziellen Empfehlung einer Substitution von 400 Mikrogramm Folaten perikonzeptionell, nachdem eine große chinesische Untersuchung eine sehr gute Wirksamkeit mit dieser Dosierung fand. Insgesamt entspricht aber der Rückgang der Neuralrohrdefekte in Ländern mit und ohne Folat-Nahrungs-Supplementierung trotz aller Aufklärungskampagnen nicht den Erwartungen.
Auch wenn die Geburtsmedizin heutzutage dank hoch spezialisierter Pränataldiagnostik und großen Errungenschaften auf dem Gebiet der Neonatologie in der Lage ist, Fehlbildungen frühzeitig zu diagnostizieren und z. T. zu therapieren, stellt eine Verbesserung der Prävention die entscheidende Herausforderung dar.
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Fehlt das Vitamin Folat hilft Folsäure
Folsäure ist die rein synthetische Form des Vitamins B9, die nach entsprechender Biotransformation im Körper biologisch wirksam ist. Folat die natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommende Form der Folsäure. Ist der Folat-Wirkspiegel in den Erythrocyten zu gering, dauert es bei täglicher Einnahme von Folsäure ca. 3-4 Monate, bis eine wirksame Folatkonzentration im Körper vorliegt.
Frühzeitige Substitution von Folat – Folat nicht erst mit Eintritt bzw. Kenntnis der Schwangerschaft substituieren
Da sich das Neuralrohr bereits Ende des ersten Schwangerschaftsmonats (24. bis 28. Tag nach der Konzeption) verschließt – also zu einem Zeitpunkt, zu dem viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind – ist es notwendig, dass bereits vor der Empfängnis ein adäquater Folat- bzw. Folsäurestatus erzielt wird. „Es reicht nicht aus, Folat erst mit Eintritt bzw. Kenntnis der Schwangerschaft zu substituieren“, betonte Holzgreve, zumal es 6-8 Wochen dauert, bis ein ausreichend hoher Folatspiegel aufgebaut ist.
Kinderwunsch – Schwangerschaft wird nach Absetzen der Pille schnell Wirklichkeit
Nach Absetzen der „Pille“ werden mehr als 20 Prozent der Frauen bereits im ersten Monat schwanger, nach drei Monaten sind es knapp die Hälfte. “Hinzu kommt, dass einer Umfrage in Europa zufolge etwa ein Drittel der Frauen ungeplant schwanger werden und nur etwa die Hälfte der Frauen mit Schwangerschaftswunsch das Absetzen der „Pille“ mit ihrem Gynäkologen bespricht“, betonte Marr. „Haben diese Frauen zuvor mit der „Pille“ automatisch Folat substituiert, bleiben die Spiegel nach Absetzen für etwa drei Monate erhalten und bieten so einen wirksamen Schutz vor Neuralrohrdefekten und anderen frühen embryonalen Fehlentwicklungen“, so der Gynäkologe Professor Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Holzgreve, Basel/Schweiz.
Tagesdosis Folsäure vor der Schwangerschaft
„Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, sollten zusätzlich 400 µg synthetische Folsäure in Form von Supplementen zu sich nehmen. Diese erhöhte Folsäurezufuhr sollte spätestens vier Wochen vor Beginn der Schwangerschaft erfolgen und während des ersten Drittels der Schwangerschaft beibehalten werden“, so Professor Dr. Klaus Pietrzik vom Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften an der Uni Bonn.
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Frauen beginnen mit der Folat-Supplementierung zu spät:
- Eine unzureichende Folatversorgung ist überdurchschnittlich häufig
- Die Mehrheit beginnt erst nach Bestätigung der Schwangerschaft
- Mehr als ein Drittel der Schwangerschaften sind ungeplant
- Nur ca. 50 % der Schwangeren informierten ihre Ärzte/innen über Schwangerschaftsabsichten
Kombination von Folat mit der Pille
Das Konzept, die „Pille“ mit Folat zu kombinieren, ist nach Ansicht von Pietrzik dringend notwendig. „Im Vergleich zu anderen B-Vitaminen nimmt die Versorgung mit der synthetischen Folsäure bzw. mit dem als Vitamin B9 natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommenden Folat mit Abstand den letzten Platz ein. Etwa 80 Prozent der Erwachsenen liegen mit ihrer täglichen Folataufnahme unterhalb der Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“, betonte Pietrzik. „Im Mittel werden nur 250 µg mit der Nahrung aufgenommen, dagegen beträgt die wünschenswerte Höhe der täglichen Zufuhr 400 µg“, so der Ernährungswissenschaftler. Aufgrund der Bedeutung der Folate für Zellteilungsprozesse steigt der Bedarf in der Schwangerschaft um 50 Prozent auf 600 µg/Tag.
Folatmangel resultiert aus unzureichender Versorgung mit Folat über die Ernährung
Allein über die Ernährung gelingt es kaum, eine ausreichende Folatversorgung sicherzustellen. Dies würde einen täglichen Gemüse- und Obstverzehr von 600–700 g voraussetzen. Tatsächlich werden jedoch durchschnittlich nur 260 g pro Tag aufgenommen.
In mehr als 50 Ländern der Welt werden Grundnahrungsmittel obligatorisch mit Folsäure angereichert – mit bemerkenswertem Erfolg: Die Zahl der durch Folsäuremangel bedingten embryonalen Fehlentwicklungen, vor allem Neuralrohrdefekten, ging deutlich zurück. Bisher praktiziert jedoch kein europäisches Land eine derartige (obligatorische) Folsäureanreicherung und setzt auf das Freiwilligkeitsprinzip, was jedoch nicht den gewünschten Erfolg bringt. Viele Länder Europas begründen dies mit gesetzlichen Einschränkungen, so auch Deutschland, wo der Artikel 2 des Grundgesetzes („Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit“) derartigen Maßnahmen entgegensteht.
„Pillen“-Konzept von Bayer – Kombination von oralen Kontrazeptiva mit Folat
„Das neue „Pillen“-Konzept von Bayer ist auch aus gesundheitsökonomischer Sicht innovativ und sinnvoll: eine Modellrechnung zeigt, dass durch die Kombination von oralen Kontrazeptiva mit Folat etwa 50 Prozent der Neuralrohrdefekte in Deutschland verhindert werden könnten“, sagte Marr abschließend.
Das PLUS-Konzept stellt eine der wenigen Möglichkeiten zur echten Prävention dar und kann dazu beitragen, die Entstehung von Neuralrohrdefekten mangels ausreichender Folatspiegel zu reduzieren. Dies kann helfen, Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden bzw. einen langen Leidensweg für betroffene Eltern und Kinder gar nicht erst beschreiten zu müssen.
50 Jahre Verhütungs-Innovationen – Mehr als 80 Jahre Hormonforschung
Vor 50 Jahren kam in den USA die erste ‚Pille‘ auf den Markt. Nur sechs Monate später, am 1. Januar 1961, führte Bayer Schering Pharma (damals Schering) seine erste Pille in Australien ein, ein paar Monate danach folgte Deutschland. Die erste europäische Pille stellte durch die Reduzierung der Hormondosis bereits eine deutliche Verbesserung gegenüber der ‚Pionierversion‘ aus den USA dar. Mit diesem Präparat begann die noch heute andauernde Erfolgsgeschichte von Bayer Schering Pharma als Innovator bei der Entwicklung von Verhütungsmitteln. „Die Pille ist die größte wissenschaftliche Errungenschaft des 20. Jahrhunderts“, resümiert die Zeitschrift „The Economist“ (1999). (MEDIZIN ASPEKTE 09/2010)
Quelle
Veranstaltung
Das PLUS-Konzept – mehr als Verhütung
- PLUS-Konzept – Die Rationale
Dr. med. Joachim Marr
Global Clinical Development Women’s Healthcare
Bayer Schering Pharma AG
Berlin - Folatversorgung – Die Sicht des Ernährungswissenschaftlers
Professor Dr. med. vet. Klaus Pietrzik
Universität Bonn - Folatversorgung – Die Sicht des Klinikers
Professor Dr. med. Dr. h.c. mult. Woifgang Holzgreve
Basel