Eine Bypass-Operation am Herzen ist insbesondere für Patienten, bei denen alle drei Herzkranzgefäße oder der Hauptstamm des linken Herzkranzgefäßes verengt sind, die Therapie der ersten Wahl und damit die bestgeeignete Behandlungsoption. Inwieweit die Zahl von rund 300.000 Stent-Implantationen in Deutschland pro Jahr wirklich die beste Therapie im Sinne des langfristigen Patientenwohls darstelle, läßt sich nach Professor Jochen Cremer, Präsident der Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) derzeit nicht sagen, da es für Deutschland keine differenzierten Erhebungen gäbe, in welchem Umfang Patienten mit Mehrgefäßerkrankungen mit Stent-Implantationen behandelt werden. „Denn auch bei der verpflichtenden externen Qualitätssicherung wird leider derzeit nicht erfasst, bei welcher Ausprägung und Form der Koronaren Herzerkrankung die Stent-Implantationen durchgeführt werden“, so Cremer.
Behandlung von Mehrgefäßerkrankung des Herzens: Bypass-Operation oder Stent-Implantation
Dabei ergab 2012 die weltweit größte vergleichende Studie zwischen den beiden Behandlungsmöglichkeiten („Syntax – Synergy between PCI with taxus and Cardiac Surgery“), dass bei Patienten mit mehreren verengten Herzkranzgefäßen nach fünf Jahren fast 89 Prozent von den Patienten, die eine Bypass-Operation erhalten hatten, noch lebten, während dies bei den Patienten nach einer Stent-Implantation nur bei 80,8 Prozent der Fall war. Genauso deutlich waren Unterschiede im Hinblick auf die Zahl der Herzinfarkte, die nach einer Bypass-Operation 3,9 Prozent und nach einer Stent-Implantation 10,1 Prozent betrugen, sowie im Hinblick auf die Notwendigkeit eines erneuten Eingriffes von 12,1 Prozent nach einer Bypass-Operation gegenüber 30,9 Prozent der Patienten nach der Stentimplantation.
Medizinische Leitlinie zur Behandlung von Verengungen der Herzkranzgefäße
Diese Erkenntnisse haben unter anderem dazu geführt, dass in der derzeit sich in Aktualisierung befindlichen medizinischen Leitlinie zur Behandlung von Verengungen der Herzkranzgefäße wie bisher die Empfehlung enthalten sein wird, bei Mehrgefäßerkrankungen der Bypass-Operation den Vorzug gegenüber der Implantation von Stents zu geben.
Schwere Herzerkrankungen – das Herzteam entscheidet interdisziplinär
„Bei Krankheiten, bei denen es um das Überleben des Patienten geht, sollte der Komfort einer Therapieoption zwar berücksichtigt werden, er darf jedoch nicht die ausschlaggebende Rolle spielen. Im Fokus der Entscheidung, welche Therapie einzusetzen ist, muss stattdessen alleine das langfristige Wohl der Patienten stehen“, so Cremer. Ein hervorzuhebender Aspekt bei der Behandlung aller schweren Herzerkrankungen sei dabei das sogenannte Herzteam, das mindestens aus einem Herzchirurgen und einem Kardiologen besteht, und das kontinuierlich zur Verfügung stehen sollte, um jederzeit auf der Basis medizinischen Wissens interdisziplinär Entscheidungen treffen und gemeinsam agieren zu können. „Mein Tipp für Patienten: Bei der Entscheidungsfindung für eine Therapie gezielt nachfragen, ob die Befunde von einem Herzteam ausgewertet werden und die Ärzte des Herzteams gemeinsam die in jedem individuellen Patientenfall richtige Behandlungsalternative festlegen. Wenn dies nicht der Fall ist, sollten sich die Patienten auf jeden Fall sowohl von einem Kardiologen als auch von einem Herzchirurgen beraten lassen, um sicherzustellen, dass sie wirklich die für ihren individuellen Krankheitsfall beste Behandlung erhalten“, so Cremer.
Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)
Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) vertritt als medizinische Fachgesellschaft die Interessen der über 1.000 in Deutschland tätigen Herz-, Thorax- und Kardiovaskularchirurgen im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
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