Tuberkulose. „Wenn wir die Antibiotikabehandlung durch eine Immuntherapie unterstützen können, würde sich die Behandlungsdauer verkürzen und damit würden sich auch die Folgeschäden verringern“, erklärt Jan Rybniker von der Uniklinik Köln und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) das Ziel der Forschungsarbeit. Die Wissenschaftler suchen nach Medikamenten, die den durch Tuberkulosebakterien verursachten Zelltod (Nekrose) und damit die Zerstörung des Lungengewebes stoppen können. Im Gegensatz zu dem direkten Angriff der Bakterien durch Antibiotika handelt es sich hierbei um eine wirtsgerichtete Therapie, die die Folgen der Infektion bekämpft und nicht den Erreger direkt angreift.
Ausgangspunkt der Untersuchungen sind Corticosteroide, eine Gruppe von Hormonen, die seit Jahrzehnten erfolgreich auch in der Tuberkulosetherapie, z. B. als Dexamethason, unterstützend eingesetzt werden. Der genaue Wirkmechanismus aber war bisher nicht bekannt. „Wir konnten nun zeigen, dass Corticosteroide den durch Mycobacterium tuberculosis ausgelösten Zelltod hemmt und damit den Heilungsprozess unterstützt“, so Rybniker.
Tuberkulose therapieren
Über zellbiologische Untersuchungen konnten die Wissenschaftler den genauen Mechanismus der Steroidwirkung aufklären. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die sog. p38 MAP-Kinase, ein Protein, das in den Abwehrzellen unter anderem die Ausschüttung von entzündungsfördernden Hormonen ankurbelt und den Zelltod befördert. „Wir erkennen in dieser Kinase ein neues Zielprotein, das wir mit Wirkstoffen hemmen könnten“, so Rybniker. Zahlreiche p38 MAP-Kinase-Hemmer wurden bereits bei rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn und chronischen Lungenerkrankungen in klinischen Studien getestet. „Diese Substanzen könnten auch für die Tuberkulosetherapie Verwendung finden“, ist der DZIF-Wissenschaftler sicher.
Über Hochdurchsatz-Screening wollen die Kölner Forscher nun weitere Substanzen finden, die den Zelltod durch Tuberkulosebakterien hemmen können, indem sie die genannte Kinase blockieren. Im Tiermodell werden sie diese Substanzen dann in Kooperation mit dem Forschungszentrum Borstel weiter testen. Die Wissenschaftler hoffen, dass sich auf diese Weise neue Wege der Immuntherapie finden lassen.
Für Rückfragen
Karola Neubert und Janna Schmidt
DZIF-Pressestelle
T +49531 6181 1170/54
E-Mail: presse@dzif.de
Christoph Wanko
Stellvertretender Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Unternehmenskommunikation und Marketing
Telefon: 0221 478-5548
E-Mail: presse@uk-koeln.de
wissenschaftliche Ansprechpartner:
Kontakt
Privatdozent Dr. Dr. Jan Rybniker
Uniklinik Köln und DZIF
T +49-221 478 89611
E-Mail: jan.rybniker@uk-koeln.de
Originalpublikation:
Gräb J, Suárez I, van Gumpel E, Winter S, Schreiber F, Esser A, Hölscher C, Fritsch M, Herb M, Schramm M, Wachsmuth L, Pallasch C, Pasparakis M, Kashkar H, Rybniker J:
Corticosteroids inhibit Mycobacterium tuberculosis-induced necrotic host cell death by abrogating mitochondrial membrane permeability transition.
Nature Communications Februar 2019. https://www.nature.com/articles/s41467-019-08405-9
Tuberkulose: Hohe Sterblichkeitsrate wegen ungenügender Tests
Internationale Kooperation MYCO-NET² zur verbesserten Tuberkulose-Diagnostik wird fortgesetzt
Ausbreitung multiresistenter Tuberkulose-Bakterien in Zentralasien
Globale Tuberkuloseüberwachung durch vereinheitlichtes Identifikationsverfahren
Einfluss des Immunzell-Fettsäurestoffwechsels auf die Tuberkulose-Abwehr