Den ganzen Tag im Meeting, zwischendrin kurz ein Brötchen gegessen, und abends erst ein Schluck Wasser. Wer so lebt riskiert Leistungsabfall oder eine Überhitzung des Körpers. Dehydrierung, also Austrocknung, kann aber auch zu schlimmeren Krankheiten wie Nierenversagen führen. Trotz dieser immensen Bedeutung existiert zurzeit noch kein zuverlässiges Verfahren, um den Wasserhaushalt zu überwachen. In dem Verbundforschungsprojekt „Sensoren für eine verbesserte Lebensqualität“ unter der Beteiligung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wollen Wissenschaftler ein System entwickeln, das rechtzeitig vor einer Dehydrierung warnt: ein Sensorpflaster, das die gemessenen Werte an ein Armband oder ein Smartphone weiterleitet. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 7,5 Millionen Euro gefördert: Stefan Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF, überreichte jetzt den Erlanger Wissenschaftlern den Förderbescheid im Erlanger Schloss.
Wasser ist für den Menschen von essentieller Bedeutung: Er benötigt die Flüssigkeit beispielsweise zum Transport der Nährstoffe im Körper oder für die Beseitigung von Giftstoffen. Jeden Tag verliert der Körper jedoch Wasser über Haut und Atmung. Regelmäßiges Trinken ist daher lebensnotwendig. Wird der Körper nicht ausreichend mit Wasser versorgt, drohen Leistungsminderung, Verwirrtheitszustände, Schwindel und Kreislaufversagen, aber auch Herzerkrankungen, Nierenversagen, Diabetes oder Magengeschwüre. Des Weiteren gehört die Dehydrierung, die Austrocknung des Körpers, zu den häufigsten Todesursachen demenzkranker Menschen.
Ein zuverlässiges und zugleich einfaches Verfahren, um den Flüssigkeitshaushalt zu überwachen, gibt es dennoch nicht. Dem wollen Prof. Dr. Dr. Robert Weigel, Inhaber des Lehrstuhls für Technische Elektronik der FAU, und seine Mitarbeiter zusammen mit Unternehmen Abhilfe schaffen. Sie entwickeln ein Sensorsystem, welches den Nutzer rechtzeitig vor einer Dehydrierung warnt, sodass nötige Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.
Ein Pflaster, das vor Austrocknung warnt
Das System besteht aus einem Sensorpflaster, welches die gemessenen Werte an ein Smartphone oder direkt an ein dazugehöriges Armband sendet. Der Nutzer wird drei Möglichkeiten haben, sich über den Wasserhaushalt zu informieren: per App auf dem Smartphone, per Farbkodierung am Armband oder per Weiterleitung der Werte ins Internet, wo Trainer oder Pfleger die Werte abrufen können.
Die Farbkodierung am Armband stellt dabei die einfachste und direkteste Möglichkeit der Datenübertagung dar: Ein Ampelsystem erlaubt es älteren Menschen oder Sportlern den Wasserhaushalt zu kontrollieren. Wechselt die Farbe von grün auf gelb, weiß der Nutzer, dass es Zeit ist, etwas zu trinken. Vergisst er dies oder nimmt es nicht wahr, kann ein akustisches Signal oder eine Vibration ihn zusätzlich darauf hinweisen, sollte der Zustand kritischer werden.
Das Sensorpflaster basiert auf Hochfrequenz-Sensorik und innovativen Integrationstechnologien. „Für die komfortable Nutzung am Körper und eine permanente Überwachung des Wasserhaushalts müssen wir ein System erforschen, das Funktionen der Sensorik, Kommunikation, Datensicherheit, Energiespeicherung, Datenauswertung sowie optimierter Anzeige und Benutzerfreundlichkeit auf kleinstem Raum integriert“, beschreibt Projektleiter Dr. Dietmar Kissinger das komplexe Forschungsvorhaben. Da ist vielfältiges Know-how von Nöten. Daher kooperiert der FAU-Lehrstuhl mit Partnern aus der Wirtschaft und dem Gesundheitssektor: Neben dem Halbleiterhersteller Infineon Technologies, der die Sensor-Chiptechnologie zur Verfügung stellt, arbeiten die Senetics Healthcare Group, Medisana, Wearable Technologies, die Diakonie München Moosach, das Klinikum Region Hannover sowie ORTEMA an der Entwicklung und Umsetzung des Sensorpflasters mit.
Für den Beruf und zur Patientenüberwachung
Die Anwendungsgebiete des Sensorpflasters sind zahlreich. Im medizinischen Bereich könnte es Senioren helfen, ihren Wasserhaushalt im Auge zu behalten, bei Demenzkranken und bettlägerigen Patienten ermöglicht es den Pflegern bzw. der Familie den Zustand zu überwachen. „Dadurch erleichtert es die Arbeit des Pflegepersonals für Patienten – und senkt so die Pflegekosten“, sagt Professor Weigel. Die Arbeit von Feuerwehrmännern könnte das Pflaster sicherer machen: Bei Einsätzen warnt es frühzeitig vor Dehydrierung und hilft so, Orientierungslosigkeit oder gar Bewusstlosigkeit durch zu wenig Flüssigkeit im Körper zu vermeiden. Aber auch im Alltag könnte das Pflaster eingesetzt werden: von Sportlern beispielsweise, die ihre Trainingseinheiten überwachen oder von Arbeitnehmern, die ihre geistige Leistungsfähigkeit steigern wollen. „Das Sensorpflaster gibt vor allem älteren Menschen Lebensqualität zurück und leistet generell einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Betreuung“, erklärt Professor Weigel.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Dr. Robert Weigel
Tel.: 09131/85-27200
robert.weigel@fau.de