Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die sich nicht nur am Gelenkapparat manifestiert, sondern auch eine Vielzahl systemischer Krankheitserscheinungen zeigt. Nachweislich spielt das Zytokin Interleukin-6 (IL-6) sowohl bei der Gelenksymptomatik, als auch bei den systemischen Symptomen von RA-Patienten eine zentrale Rolle. IL-6 ist z. B. bei der Akute-Phase-Reaktion, bei Anämie, Fatigue und Stimmungsänderungen, systemischer Osteoporose, Thrombozytose, Fettstoffwechselveränderungen sowie beim erhöhten kardiovaskulären Risiko von RA-Patienten beteiligt.
Bei RA steigen die Konzentrationen des Entzündungsparameters CRP (C-reaktives Protein). Lipidwerte wie Gesamt-Cholesterin, Triglyceride und HDL-Cholesterin fallen. Die Dyslipidämie lässt sich in wissenschaftlichen Untersuchungen auch schon vor Beginn der eigentlichen Gelenkerkrankung finden. Durch die Behandlung mit Biologika kommt es zum Abfall des CRP und zum Anstieg der Lipide. Erste Ergebnisse der beim ACR- Kongress 2010 vorgestellten MEASURE-Studie zeigen Veränderungen im Lipidprofil unter Tocilizumab-Therapie, die einen positiven Einfluss auf die Senkung des kardiovaskulären Risikos von RA-Patienten haben können (1). Darüber hinaus lassen sich günstige Effekte von Tocilizumab auf die arterielle Gefäßsteifigkeit, einem Prädiktor für die kardiovaskuläre Sterblichkeit, aufgrund einer Untersuchung an 32 RA-Patienten ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung vermuten (2).
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Interleukin-6-Inhibitor Tocilizumab verbessert Anämie und Fatigue
Für den Patienten subjektiv sehr stark wahrnehmbar ist die deutliche Besserung von Anämie und Fatigue unter Behandlung mit Tocilizumab, die schon in den Zulassungsstudien gesehen worden war. Die nun vorgestellten finalen Daten der unter
Praxisbedingungen durchgeführten TAMARA-Studie belegen, dass diese Wirkung bereits kurz nach der ersten Infusion für die Patienten deutlich spürbar ist (3). Die Stärke der systemischen Entzündung, gemessen am Ausgangs-CRP-Wert, eignet sich möglicherweise zur Vorhersage, wie Patienten auf eine Behandlung mit Tocilizumab ansprechen. In einer Subanalyse der ACT-RAY-Studie wurde bei Patienten mit erosiver RA und inadäquatem Ansprechen auf Methotrexat die Reduktion der Synovitis und präerosiven Osteitis mittels MRT gemessen. Eine besonders gute Reduktion der Synovitis und präerosiven Osteitis fand sich bei Patienten mit hoher entzündlicher Aktivität, d.h. mit einem Ausgangs-CRP-Wert > 1,0 mg/dl (4).
Klinische Remission der Rheumatoiden Arthritis (RA) belegt: mit Tocilizumab Reduktion des DAS28
Das zentrale Ziel bei der Behandlung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) ist die klinische Remission. Dies bedeutet eine Reduktion der Krankheitsaktivität auf einen DAS28-Wert (disease activity score) von weniger als 2,6 und den Ausschluss der radiologisch messbaren Progredienz von Erosionen bei möglichst geringer Belastung durch Immunsuppression und Nebenwirkungen.
Für den Interleukin-6-Rezeptorblocker Tocilizumab liegen neben umfangreichen Daten aus zulassungsrelevanten Studien auch erste internationale (ACT-SURE Studie) und finale deutsche Daten (TAMARA Studie) aus der klinischen Praxis vor, die die hohe Wirksamkeit und konsistente Sicherheit von Tocilizumab bestätigen.
Therapie der Rheumatoiden Arthritis bei Versagen von DMARDs und/oder TNF-Inhibitoren
Beim ACR-Kongress 2010 in Atlanta wurden vorläufige Ergebnisse der offenen, einarmigen multinationalen Phase-IIIb-Studie ACT-SURE präsentiert (5). Sie zeigen für Patienten mit aktiver RA und einem nicht adäquaten Ansprechen auf DMARDs und/oder TNF-Inhibitoren eine schnelle und zunehmende Wirkung über 24 Wochen unter Therapie mit Tocilizumab. Eine Subgruppenanalyse untersuchte erstmals neben DMARD-Versagern auch aTNF-Versager, deren letzte aTNF-Gabe > 2 Monate zurücklag (d.h. mit Auswaschphase) bzw. aTNF-Versager, deren letzte aTNF-Gabe weniger als 2 Monate zurücklag ( d.h. ohne Auswaschphase).
Ausgehend von einem hohen DAS28 zur Baseline (6,0 + 1,2) erreichten alle Subgruppen hohe DAS28-Remissionsraten. Hier konnte beobachtet werden, dass das klinische Ansprechen bei DMARD-Versagern tendenziell besser war: Über 60 % dieser Patienten gelangten in Remission, verglichen mit fast 50 % der aTNF-Versager. Die körperliche Funktionsfähigkeit, gemessen mittels HAQ-Index, verbesserte sich über alle Subgruppen verteilt ähnlich gut. Die Anzahl schmerzhafter und geschwollener Gelenke ging rasch und kontinuierlich zurück.
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Tocilizumab belegt Effektivität als First-Line-Biologikum
Durch diese neuen Ergebnisse konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden: Tocilizumab hat seine Effektivität in Bezug auf die Gabe als First-Line-Biologikum und bei aTNF-Versagern auch unter praxisnahen Bedingungen eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Es zeigte sich, dass es unter vergleichbar hoher Wirksamkeit sowohl als Monotherapie, als auch in Kombination mit DMARDs eingesetzt werden kann. Dieser Einsatz ist durch eine rasche und zunehmende Wirksamkeit über die Zeit charakterisiert – ohne neue Sicherheitssignale.
Die finale Auswertung der TAMARA-Studie, die beim diesjährigen ACR-Kongress gezeigt wurde, spiegelt den erfolgreichen Einsatz von Tocilizumab unter Real-Life-Bedingungen in Deutschland wider (6). Analog zu den positiven Ergebnissen aus ACT-SURE hat sich hier die hohe Wirksamkeit und das günstige Sicherheitsprofil von Tocilizumab bereits erwiesen. Es konnte ein schnelles und hohes Ansprechen von Tocilizumab nach DAS28- Responsekategorien festgestellt werden. 57 % der Patienten hatten eine niedrige Krankheitsaktivität (LDAS, DAS28 < 3,2) in Woche 24, und sogar 48 % waren nach 24 Wochen in Remission. Neben DAS28 wurden außerdem die Parameter CDAI (Clinical Disease Activity Index) und SDAI (Simplified Disease Activity Index) ausgewertet. Beide Scores konnten ebenfalls eine starke Reduktion der RA-Aktivität nach 24 Wochen dokumentieren.
Hochentzündliche Patienten mit Rheumatoider Arthritis: Hohe CRP-Werte korrelieren mit einer hohen Entzündungsaktivität
Der hochentzündliche RA-Patient ist vor allem charakterisiert durch ein hohes CRP (C-reaktives Protein), eine hohe Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und einen mittleren bis hohen DAS28. Eine starke Gelenkbeteiligung mit lang andauernder Morgensteifigkeit sowie systemische Effekte wie Anämie, Fatigue, Fieber etc. können erschwerend zum Krankheitsbild dazukommen.
Das akute-Phase-Protein CRP liefert valide Hinweise auf den Grad der Entzündung, da es sehr sensitiv auf Änderungen der Krankheitsaktivität reagiert. Hohe CRP-Werte korrelieren mit einer hohen Entzündungsaktivität, diese wiederum geht mit einer schlechten Prognose der RA-Patienten einher. Unter einer Therapie mit Tocilizumab konnte bei mehr als 90 % der Patienten, die zu Behandlungsbeginn eine hohe mittlere Krankheitsaktivität (DAS28 = 6,7) aufwiesen, innerhalb von zwei Wochen eine Normalisierung des CRP beobachtet werden – sowohl in Monotherapie, als auch in Kombination mit einem DMARD [7]. Ein indirekter Vergleich von Tocilizumab mit verschiedenen TNF-alpha-Blockern ergab darüber hinaus für den IL-6-Rezeptorblocker nach zwei Wochen eine stärkere Reduktion des CRP (-97 % im Vergleich zum Ausgangswert) als durch die Vergleichspräparate (8).
Erste Ergebnisse der beim ACR-Kongress 2010 vorgestellten ACT-RAY-Studie zeigen, dass Baseline-CRP-Werte auch einen Hinweis auf die radiologische Progression zulassen (5). Danach verbessert sich die erosive Aktivität der RA bei Patienten mit einem höheren Baseline-CRP (> 1,0 mg/dl) eher, als bei Patienten mit normalen CRP-Werten zur Baseline.
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Fazit zu den Real-Life-Studien ACT-SURE und TAMARA
Der IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab führt auch in der Praxis bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) zu einer schnellen und zunehmenden Wirksamkeit und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Zu diesen Ergebnissen kommen die Real-Life-Studien ACT-SURE und TAMARA. Erste Ergebnisse der multinationalen Phase-IIIb-Studie ACT-SURE wurden anlässlich des ACR-Kongresses 2010 in Atlanta präsentiert (5). Die Daten untermauern die positiven Ergebnisse der deutschen TAMARA-Studie, die eindrucksvoll gezeigt hat, dass schon nach einem halben Jahr Behandlung mit Tocilizumab fast jeder zweite RA-Patient in Remission gelangen kann (3).
Die in Atlanta präsentierten Ergebnisse bestätigen, dass die IL-6-Rezeptorblockade mit Tocilizumab durchgehend hohe Remissionsraten zeigt und ein schnelles Ansprechen mit zunehmender Wirksamkeit im Zeitverlauf ermöglicht. „Tocilizumab stellt vor allem für Patienten mit hoher RA-Aktivität bzw. hohen Entzündungswerten eine sehr effektive, rasch wirkende Option dar. Auch für Patienten, bei denen eine Monotherapie erforderlich ist, sprechen die Daten für den Einsatz von Tocilizumab“, resümierte CÄ Dr. Leonore Unger, Dresden.
Quellen:
- McInnes IB et al., ACR/ARHP Scientific Meeting 2010, Atlanta 7.-11. November 2010, Abstract Nr. 1441
- Kume K et al., ACR/ARHP Scientific Meeting 2010, Atlanta 7.-11. November 2010, Abstract Nr. 1839
- Feist E et al., ACR/ARHP Scientific Meeting 2010, Atlanta 7.-11. November 2010, Abstract Nr. 1788
- Troum OM et al., ACR/ARHP Scientific Meeting 2010, Atlanta 7.-11. November 2010, Abstract Nr. 120
- Bykerk VP et al., ACR/ARHP Scientific Meeting 2010, Atlanta 7.-11. November 2010, Abstract Nr. 1840
- Feist E et al., ACR/ARHP Scientific Meeting 2010, Atlanta 7.-11. November 2010, Abstract Nr. 1788
- Genovese M et al., ACR 2008, Poster 987
- F. Hoffmann-La Roche, Data on file, Clinical Study Reprot (LITHE)
- IL-6-Rezeptorblockade mit Tocilizumab – Neues vom ACR-Kongress 2010
Roche Pharma AG & Chugai Pharma Marketing Ltd.
Roche und Chugai in der Rheumatologie
Frankfurt, Dienstag, 23. November 2010- Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner
Aktuelle Real-Life-Daten zu RoACTEMRA - CÄ Dr. Leonore Unger
Tocilizumab bei hochentzündlichen Patienten und Monotherapie-Patienten - Dr. Stefan Kleinert, Würzburg
Systemische Effekte der RA kontrollieren: Wirksamkeit der IL-6-Rezeptorblockade
- Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner