Die meisten Menschen kennen Geräusche im Ohr. Bei Erkältungen knackt es in den Ohren. Nach lautem, plötzlichem Knallen wie etwa von Silvesterböllern piepst es eine Weile. Bei einigen Menschen hält dieses Piepsen jedoch für immer an. Um Tinnitus erfolgreich zu identifizieren, ist es notwendig, sich über die vielfältigen Ursachen dieses Symptoms (seltener: Syndroms) klarzuwerden. Symptom wird es genannt, da es keine Krankheit ist. Daher sollte man die verschiedenen Formen von Tinnitus kennen. Welche Behandlungen bieten Abhilfe und was geschieht, wenn die verschiedenen Ansätze keinen Erfolg haben?
Was muss man grundsätzlich unterscheiden?
Zunächst wird zwischen subjektivem und objektivem Tinnitus unterschieden. Subjektiv bedeutet, dass das Klingeln (lateinisch: tinnitus) im Ohr nur für den Betroffenen hörbar ist. Aber keine externe Messung kann diese Geräusche belegen. Diese Form des Tinnitus tritt viel häufiger auf als der objektive Tinnitus. Letzterer kann gemessen oder von außen wahrgenommen werden.
Die genannten Geräusche treten in verschiedener Form auf, beispielsweise als
- hoher Piepton
- Pfeifen
- Knacken
- Klopfen oder sonstiges, rhythmisch-pulsierendes Geräusch
- Zischen
- Rauschen
- Brummen
Wenn jemand solche Geräusche wahrnimmt, sie jedoch vor dem Ablauf von drei Monaten verschwinden, spricht man von akutem Tinnitus. Häufig tritt eine spontane Heilung ein und das Piepsen verschwindet nach Stunden oder Tagen von selbst. Ist dies nicht der Fall, liegt chronischer Tinnitus vor. Studien taxieren den Zeitpunkt für die Klassifizierung chronisch unterschiedlich, entweder ab den genannten drei Monaten oder nach einer daraufhin einsetzenden Phase des subakuten Tinnitus ab einem halben Jahr andauernder Geräuschwahrnehmung.
Behandlung von Tinnituspatienten, Ratschläge zum allgemeinen Umgang
Insgesamt zielen die meisten Behandlungsmethoden auf eine Habituation ab, also auf keine eigentliche Heilung im Sinne des Abklingens, sondern darauf, dass der Betroffene sich an die Geräusche gewöhnt. Dass Habituation bei Tinnitus gelingt, ist durch Untersuchungen mit dem Elektro-Enzephalogramm (EEG) bewiesen. Vermutet wird aufgrund dieser Ergebnisse, dass manche Tinnitus-Arten auf eine fehlerhafte neuronale Verarbeitung zurückzuführen sind. Wird eine verminderte Durchblutung im Innenohr als Ursache angenommen, soll diese durch verschiedene Methoden angekurbelt werden.
So unterschiedlich wie die Ursachen für das Symptom sein können, so vielfältig sind auch die Behandlungsansätze. Eine letzthin bekanntgewordene Form der Musiktherapie versucht mit sanfter, akustischer Stimulation den Betroffenen zu unterstützen.
Verhaltenstherapeutische Strategien zeigen Patienten konkrete Wege und Übungen für den Alltag, welche sie beim Umgang mit dem Leiden für sich nutzen können. Sie zielen klar auf die Habituation ab.
Bei der medikamentösen Behandlung werden unterschiedliche, nicht immer erfolgreiche Methoden angewandt. So werden Vitamin-E-Präparate oder Magnesium verabreicht. Die Verwendung von Kortison oder sonstige intravenöse Behandlungen sind weitere Möglichkeiten. Für die Förderung der Durchblutung sind pflanzliche Präparate aus Ginkgo verwendbar, beispielsweise Gingium (von Hexal) kann dabei eingesetzt werden. Auch die Verabreichung von Pentoxifyllin dient der Verbesserung der Durchblutung.
Ein weiterer Ansatz ist die transkranielle Magnetstimulation (TMS). Transkraniell bedeutet „durch den Schädel“ und darum geht es auch. Für die Stimulierung (oder Hemmung) von Gehirnbereichen werden starke magnetische Felder genutzt, welche durch Induktion mittels Magnetspulen erzeugt werden. Diese Methode dient normalerweise der Behandlung neurologischer Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depression. Insgesamt existieren jedoch wenige Belege für den Erfolg dieser Strategie.
Ganz allgemein sollten von Tinnitus Betroffene, insbesondere in der geschilderten akuten Phase, jeden Stress vermeiden. Zur Ablenkung hilft leise rhythmische Musik; vollkommene Stille ist nicht zu empfehlen, da sich der Mensch dann automatisch auf das auftretende Geräusch konzentriert. Auch Hilfe von Psychologen oder Selbsthilfegruppen ist erwägenswert, speziell beim chronischen Tinnitus.
Verschiedene Ursachen von subjektivem und objektivem Tinnitus
Einige Beispiele für die Ursachen des subjektiven Tinnitus:
- Akutes Lärmtrauma (Disco, Explosion)
- Stress, beziehungsweise Hörsturz als dessen Folge
- Funktionelle Störungen des Kiefergelenks oder Halswirbelsäule
- Schwerhörigkeit im Alter
- Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS)
- Morbus Ménière (= wechselhaft auftretender Überdruck im Ohr)
- Stoffwechsel- oder Nierenkrankheiten
- Otosklerose (= Steigbügel-Verknöcherung im Ohr)
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Lange anhaltende Entzündungen des Mittelohrs
Mögliche Gründe für objektiven Tinnitus sind:
- Blutfluss in den Halsvenen ändert sich
- Blutschwämme (= Hämangiome)
- Einengung der großen Arterien, die mit dem Gehirn verbunden sind
- Gefäßmissbildungen
- Tumoren (Mittelohr, innere Halsschlagader = arteria carotis interna)
- Herzfehler
- Hirngefäße weisen Artiosklerose auf
Fazit
Wer nichts gegen Tinnitus unternimmt, besonders in seiner chronischen Form, dem drohen Schlafstörungen, Arbeitsunfähigkeit, Angstgefühle oder Depressionen. Auch wenn die Heilungsmethoden teilweise umstritten sind, sollte jeder versuchen, das Leiden zu mindern.
Ein realistischer Ansatz ist das Streben nach Habituation. Sie ermöglicht es den Betroffenen zumindest, ihrer Arbeit nachzugehen und im Alltag zu bestehen. Wer die Ursachen ermittelt hat, kann unter Umständen in Abstimmung mit Spezialisten eine passende Heilungsmethode für sich persönlich finden.