Stroke-Einsatz-Mobil ermöglicht frühere Lyse-Behandlung bei akutem Schlaganfall

Eine jetzt im amerikanischen Ärzteblatt JAMA veröffentlichte Studie bestätigt, dass die Therapie sicher ist und die Dauer bis zum Therapiebeginn um durchschnittlich 25 Minuten verkürzt wird. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) halten die Ergebnisse des STEMO-Projekts für interessant, betonen jedoch, dass gezeigt werden muss, dass sich die Ergebnisqualität tatsächlich bessert und dass bei den erheblichen Kosten eine positive Kosten-Nutzen-Relation erbracht werden muss.

Innerhalb eines klar begrenzten Zeitfensters von bis zu 4,5 Stunden nach dem Eintritt des Ereignisses kann bei einem Schlaganfallpatienten eine sogenannte Lysetherapie durchgeführt werden. Dabei wird das Blutgerinnsel mit einem Enzym aufgelöst. Die Lyse ist umso erfolgreicher, je früher sie beginnt. „Wenn die Behandlung innerhalb von 90 Minuten erfolgt, kommt auf durchschnittlich 4,5 Patienten einer, dem durch die Behandlung spätere Behinderungen erspart bleiben“, sagt Professor Joachim Röther, Chefarzt an der Asklepios Klinik Altona und Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG). Mit jeder weiteren Therapieverzögerung um 20 Minuten steigt die erforderliche Patientenzahl für einen Erfolg um 1 an. „Wenn mehr als 270 Minuten verstrichen sind, ist eine Therapie nicht mehr erfolgversprechend“, erklärt der Hamburger Experte.

„Time is brain“ ist eine unter Schlaganfall-Experten verbreitete Devise. Pro Minute sterben während eines Schlaganfalls schätzungsweise zwei Millionen Gehirnzellen ab. Leider erkennen viele Menschen Symptome des Schlaganfalls erst spät. Professor Heinrich Audebert, Ärztlicher Leiter der Neurologie am Campus Benjamin Franklin der Charité in Berlin und Initiator des Projekts sagt: „Aus diesem Grund haben wir überlegt, wie man über einen bereits im Rettungswagen startenden Therapiebeginn wertvolle Zeit für den Patienten gewinnen könnte.“ Das ist die Grundidee des STEMO-Projekts. Der Rettungswagen ist mit einem eingebauten Computertomographen (CT) und einem Labor sowie einem Neurologen, einem Rettungssanitäter und einem Röntgen-MTA an Bord ausgestattet. Mit dem CT können die Ärzte eine Hirnblutung als Ursache des Schlaganfalls ausschließen und die Lysetherapie direkt vor Ort beginnen. Schließlich verfügt das STEMO-Fahrzeug über eine telemedizinische Vernetzung. Der Notarzt kann sich so mit Spezialisten in der Klinik austauschen.

Das STEMO ist seit Mai 2011 im Einsatz. Bis Ende Januar 2013 wurde es jede zweite Woche verwendet. In dieser Zeit wurde in einer Studie untersucht, welche Vorteile die frühe schlaganfall-spezifische Behandlung im STEMO gegenüber der herkömmlichen Versorgung hat, die in den anderen Wochen durchgeführt wurde. Jetzt hat das Team um Professor Audebert die Ergebnisse vorgestellt: Bei Patienten, die mit dem STEMO-Fahrzeug versorgt wurden, begann die Lyse im Durchschnitt bereits 52 Minuten nach dem Alarm, 25 Minuten früher als in der Kontrollgruppe. Auch der Anteil der Schlaganfallpatienten, bei denen eine Lyse durchgeführt wurde, steigerte sich von 21 auf 33 Prozent. Ein erhöhtes Risiko bei der prähospitalen Lysetherapie war nicht erkennbar, betont Professor Audebert: „Aufgrund des besseren Effektes bei früherer Lyse gehen wir davon aus, dass sich dadurch die Behandlungsergebnisse deutlich verbessern und mehr Patienten ohne Behinderungen bleiben.“ Prüfen konnten die Forscher dies allerdings in der Studie nicht, da die Studienpopulation zu klein war und aus Datenschutzgründen das Behandlungsergebnis nach drei Monaten nicht von allen Patienten vorlag.

Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) merkt an: „In Bezug auf die Ergebnisqualität haben wir ein Problem: Wir wissen nicht, wie stark der Effekt auf die Endergebnisse ist und ob sich der Aufwand lohnt. In STEMO-Wochen konnten nicht alle Patienten mit diesem Spezialfahrzeug behandelt werden, da das STEMO häufig schon im Einsatz war.“ Auch müsse kritisch hinterfragt werden, ob es aus ökonomischen Gründen vertretbar ist, einen „mobilen“ Neurologen und einen CT-Scanner nur für die Behandlung jeweils eines Patienten an Bord des STEMO verfügbar zu halten.

Die Investitionskosten von etwa einer Million Euro pro Einheit sind hoch, ein konventioneller Rettungswagen kostet im Vergleich etwa 200 000 Euro. Trotzdem sprechen sich die Experten für die Fortsetzung des Projekts aus, um eine Endpunktstudie durchzuführen. Eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse wird derzeit von einem unabhängigen Institut für Gesundheitsökonomie in Dänemark durchgeführt. Ergebnisse sollen in Kürze vorliegen.

Literatur:
Ebinger M1, Winter B1, Wendt M2, Weber JE2, Waldschmidt C2, Rozanski M1, Kunz A1, Koch P2, Kellner PA3, Gierhake D4, Villringer K4, Fiebach JB4, Grittner U5, Hartmann A6, Mackert BM7, Endres M8, Audebert HJ1; STEMO Consortium.
Effect of the use of ambulance-based thrombolysis on time to thrombolysis in acute ischemic stroke: a randomized clinical trial. JAMA 2014; 311(16): 1622-31

Fachlicher Kontakt bei Rückfragen:
Prof. Dr. med. Joachim Röther
Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Chefarzt der Neurologischen Abteilung
Asklepios Klinik Altona, Paul-Ehrlich Straße 1, 22763 Hamburg
Tel.: +49 (0)40 1818 81-1401, Fax: +49 (0)40 181881-4906
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Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)
Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55, 45122 Essen
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