Stellungnahme der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen und der TMF zu Dual Use

17. November 2014. Der Deutsche Ethikrat hat im Auftrag der Bundesregierung eine Stellungnahme zum Thema „Biosicherheit – Freiheit und Verantwortung in der Wissenschaft“ verfasst und am 05. Mai 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt [1].
Auslöser für den Auftrag der Bundesregierung war die öffentliche Diskussion über zwei Fachartikel in den Wissenschaftsmagazinen Nature und Science, die über Forschungsergebnisse zur Übertragbarkeit des Vogelgrippevirus H5N1 in Säugetieren berichteten. Ausgehend von diesen Studien wurde in breiter Öffentlichkeit diskutiert, welche Grenzen der Forschungsfreiheit gesetzt werden müssen, wenn bei wissenschaftlichen Experimenten im Labor Krankheitserreger erzeugt werden können, die nur schwer, wenn überhaupt beherrschbar sind und auch von Bioterroristen missbraucht werden könnten (Möglichkeit des „Dual Use“).

Gleichzeitig sind solche Studien für das Verständnis der Übertragbarkeit von Erregern von entscheidender Bedeutung. Die dabei identifizierten genetischen Veränderungen dienen der Risikoeinschätzung von neu auftretenden Erregern, woraus wichtige Vorsorgemaßnahmen abgeleitet werden können.

Die Stellungnahme des Ethikrates diskutiert diese Fragen und kommt zu einer Reihe von Empfehlungen, die das Problem eingrenzen sollen. Das Thema Dual Use soll in die Ausbildung von Studierenden und Wissenschaftlern im Bereich der Lebenswissenschaften integriert werden. Daneben soll ein bundesweit geltender, für alle Wissenschaftler verbindlicher Kodex für den Umgang mit der Dual Use Problematik formuliert werden. Bei der Forschungsförderung sollen die entsprechenden Organisationen Wissenschaftler für diese Problematik sensibilisieren. Gleichzeitig sollen die geförderten Wissenschaftler verpflichtet werden, sich entsprechend dem zu erstellenden allgemeinen Kodex zu verhalten. Darüber hinaus sieht der Ethikrat die Notwendigkeit eines neuen Gesetzes zur Gründung einer Dual Use Kommission, die sich speziell mit dieser Problematik auseinandersetzt. Diese Kommission soll Forschungsanträge begutachten, die zu Ergebnissen mit bioterroristischem Missbrauchspotential führen bzw. bei deren Umsetzung besonders schwer kontrollierbare Pathogene entstehen könnten. Die Dual Use Kommission soll dieses Potential bewerten und Antragsteller zum Umgang mit diesen Risiken beraten.

Die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen und die AG Zoonosen und Infektionsforschung (AG ZI) der TMF begrüßen nachdrücklich, dass sich der Deutsche Ethikrat mit dem wichtigen und aktuellen Thema Forschung mit Dual Use Potential befasst. Grundsätzlich sieht man ein derartiges Potential nicht nur auf dem Gebiet der Infektionsforschung. Vielmehr ist der Missbrauch von Forschungsergebnissen zu kriminellen Zwecken in vielen wissenschaftlichen Forschungsbereichen denkbar. Wie der Deutsche Ethikrat sehen die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen als auch die AG ZI daher die Notwendigkeit, dieses Thema im Bewusstsein der Wissenschaftler fester zu verankern. Dies sollte bereits bei der Ausbildung von Studierenden berücksichtigt werden. Die breite Diskussion des Themas in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, kann dabei helfen, Dual Use Potential auch in zunächst nicht erwarteten, ja unwahrscheinlichen Zusammenhängen zu entdecken.

Die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen und die AG ZI befürworten daher die Etablierung des vom Deutschen Ethikrat geforderten allgemeinen Kodex zur Forschung mit Dual Use Potential und sind gerne bereit, sich an der Erarbeitung eines solchen Kodex aktiv zu beteiligen.

Die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen und die AG ZI sehen wie der Deutsche Ethikrat grundsätzlich die Notwendigkeit, Experimente mit Dual Use Potential vor ihrer Durchführung einer externen Risikoanalyse zu unterziehen.

Im Detail schließen sich Nationale Forschungsplattform für Zoonosen und AG ZI weitgehend der gemeinsamen Stellungnahme der Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vom 28. Mai 2014 [2], „Wissenschaftsfreiheit und Wissenschaftsverantwortung“ an, ebenso dem Kommentar der Gesellschaft für Virologie (GfV) vom Juni 2014 [3] zur Stellungnahme des Deutschen Ethikrats. Insbesondere ist der Vorschlag der GfV zu begrüßen, statt der Einrichtung neuer Kommissionen dem Gesetzgeber zu empfehlen, eine bereits etablierte Kommission mit entsprechendem wissenschaftlichem Sachverstand wie die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) mit der Aufgabe der externen Risikoanalyse zu betrauen.

Die Schaffung einer zusätzlichen Dual Use Kommission halten die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen und die AG ZI für nicht zielführend. Die lebenswissenschaftliche Forschung ist in Deutschland bereits jetzt in hohem Maße reguliert, so dass weitere Kontrollgremien nicht erforderlich erscheinen. Es erscheint vielmehr angezeigt, diese Aufgabe in bereits bestehende Strukturen und Auditierungen einzubinden und dabei Flexibilität und wissenschaftliche Selbstbestimmung zu erhalten.

Die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen und die AG ZI werden dem Thema Dual Use in den kommenden Jahren verstärkte Aufmerksamkeit widmen und ihre Mitglieder vermehrt für diese Problematik sensibilisieren.

Nach oben scrollen