Smarter Ratgeber: EU-Forschungsprojekt zur nachhaltigen Arbeit

Laut dem internationalen Hilfswerk HelpAge soll 2050 jeder fünfte Mensch über 60 Jahre sein. In Westeuropa geht man Mitte des Jahrhunderts sogar von einem Anteil von 35 Prozent aus. Der demografische Wandel stellt Gesellschaft und Wirtschaft vor enorme Herausforderungen. Konzepte zum nachhaltigen Erhalt der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Zeiten einer sich rasant verändernden Arbeitswelt unerlässlich. Einen technischen Lösungsansatz will das von der Europäischen Union mit rund vier Millionen Euro geförderte Pilotprojekt „sustAGE“ liefern, das im Januar gestartet ist und vom griechischen Forschungszentrum „Foundation for Research and Technology Hellas“ koordiniert wird.

Ziel des internationalen Konsortiums aus Ingenieuren, Softwareentwicklern und Psychologen ist es, in den kommenden drei Jahren ein intelligentes System zu entwickeln, das auf Basis von beispielsweise Herzfrequenzmessungen oder Sprachanalysen personenzentrierte Rückmeldungen zur aktuellen Arbeitsbelastung gibt und gesundheitsförderliche Empfehlungen ausspricht. Auf diese Weise sollen alter(n)sgerechte Arbeitsumgebungen etabliert, die Gesundheit von Beschäftigten erhalten und somit einem frühen Ausscheiden aus dem Arbeitsleben entgegengewirkt werden. Dabei liegt der Fokus auf den Branchen Logistik und Transport sowie Fertigungsindustrie, für die das neue sustAGE-System entwickelt und erprobt wird. Es sind Erhebungen und Testphasen mit Beschäftigten eines griechischen Hafens sowie mit Fließbandarbeitern in italienischen Produktionswerken im Bereich der Automobilindustrie geplant.

Ein Schwerpunkt der am Projekt beteiligten Psychologen am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) ist es, ein möglichst umfassendes Bild der aktuellen Arbeitssituation in den zwei beteiligten Unternehmen zu ermitteln: Mithilfe verschiedener Fragebögen, Experimenten am PC und weiterer kognitiver Tests möchten die IfADo-Forschenden in den kommenden Monaten unter anderem ermitteln, welche individuellen Belastungs- und Stressquellen in den Unternehmen existieren. Dies könnten zum Beispiel ungünstige Arbeitsabläufe, Überbeanspruchung durch lang andauernde Konzentration, Multitasking oder Überforderung durch Arbeitsverdichtung sowie klimatische Gegebenheiten des Arbeitsplatzes sein. Auf Basis dieser Daten soll ein Konzept erstellt werden, welches von den im Projekt beteiligten Ingenieuren und Softwareentwicklern für die Entwicklung eines personenzentrierten, intelligenten Systems genutzt werden kann. Dieses System wird die individuellen Bedürfnisse und Belastungen des Beschäftigten berücksichtigen und dazu beitragen, die Risiken für arbeitsbezogene Erkrankungen zu reduzieren und Gesundheit und Produktivität zu verbessern. Anschließend soll das fertige Produkt an denselben Standorten evaluiert werden.

Das IfADo-Team um PD Dr. Patrick Gajewski profitiert bei diesem Vorhaben von seiner breiten Erfahrung aus diversen Forschungsprojekten in Betrieben. So konnten die IfADo-Forschenden bereits in früheren Studien mit Fließbandarbeitern in einem deutschen Produktionswerk zeigen, dass jahrelange monotone Arbeit der geistigen Fitness schaden kann und kognitive sowie Stressbewältigungs-Trainings einen Ansatz zur nachhaltigen Verbesserung der geistigen und emotionalen Leistungsfähigkeit darstellen können.

Die Fakten zum EU-Forschungsprojekt auf einen Blick:
“Smart environments for person-centered sustainable work and well-being (sustAGE)” – so lautet der Titel des Forschungsprojektes, das von der Europäischen Union im Rahmen des Förderprogramms Horizon 2020 gefördert wird (grant agreement No 826506). Das dreijährige Forschungsprojekt wird von Januar 2019 bis Dezember 2021 mit rund vier Millionen Euro gefördert. Koordiniert wird das Projekt vom griechischen Forschungszentrum „Foundation for Research and Technology Hellas“ mit Sitz in Heraklion/Kreta. Insgesamt sind zehn Projektpartner aus Griechenland (FORTH, HPA, AUTH), Italien (CRF, IMA), Spanien (UNED) und Deutschland (AEGIS, IfADo, Software AG, UAU) beteiligt. Neben Universitäten und Forschungseinrichtungen, wie dem Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, komplettieren auch Unternehmen aus dem Bereich Softwareentwicklung, Fertigungsindustrie, Transport und Logistik das engagierte Vorhaben. Weitere Informationen gibt es auf der „sustAGE“-Website: https://www.sustage.eu/

Das IfADo – Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund erforscht die Potenziale und Risiken moderner Arbeit auf lebens- und verhaltenswissenschaftlicher Grundlage. Aus den Ergebnissen werden Prinzipien der leistungs- und gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeitswelt abgeleitet. Das IfADo hat mehr als 220 Mitarbeiter/innen aus naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen. Das Institut ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 93 selbstständige Einrichtungen umfasst. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

wissenschaftliche Ansprechpartner:
IfADo-Ansprechpartner:
PD Dr. Patrick Gajewski
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe „Altern“
E-Mail: gajewski@ifado.de

Pressekontakt:
Eva Mühle
Pressereferentin
Telefon: + 49 231 1084-239
E-Mail: muehle@ifado.de

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