Sechs-Augen-Prinzip schützt den Körper vor Autoimmunkrankheiten

Einer der wichtigsten Abwehrmechanismen gegen Viren, Bakterien und Krebszellen sind die zytotoxischen T-Zellen. Sie können infizierte Körperzellen oder auch Krebszellen zerstören. Daher werden sie auch Killer-T-Zellen genannt.

Die Killer-T-Zellen sind normalerweise inaktiv. Das ist auch wichtig: Ansonsten könnten unerwünschte Autoimmunerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Multiple Sklerose die Folge sein. Aktiviert werden sie durch die so genannten dendritischen Zellen. Diese patrouillieren kontinuierlich durch den Körper und suchen dort nach Hinweisen für Tumore oder Infektionen. Werden sie fündig – beispielsweise bei einer Virusinfektion -, tragen sie diese Information in die Lymphknoten.

Der Körper verfügt über viele Millionen verschiedener Killer-T-Zellen. Bei einer Infektion müssen es die dendritischen Zellen schaffen, nur die passenden davon in Angriffsbereitschaft zu versetzen. Diese teilen sich dann vieltausendfach und schwärmen aus, um nach dem Krankheitserreger zu suchen und ihn zu bekämpfen. Dies muss sehr schnell vor sich gehen, weil Viren sich extrem rasch vermehren.

"Duftspur" für die Killerzellen

Bislang war unklar, wie die Patrouille-Läufer so rasch die passenden Killerzellen alarmieren können. "Wir haben nun herausgefunden, dass dabei zwei weitere T-Zell-Typen eine wichtige Rolle spielen", erklärt Professor Dr. Christian Kurts von den Instituten für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie der Uni Bonn.

Die Rede ist von den so genannten T-Helferzellen sowie den natürlichen Killer-T-Zellen (NKT-Zellen). Sie erkennen augenscheinlich, wenn eine dendritische Zelle Informationen über Viren oder Tumoren besitzt. Als Reaktion produzieren sie bestimmte Botenstoffe, so genannte Chemokine. Killer-T-Zellen folgen diesen Botenstoffen wie ein Hund einer Fährte. Sie finden so zielsicher diejenigen dendritischen Zellen, die ihnen sagen können, wo sich ein Virus oder eine Tumorzelle versteckt. "Die Killer-T-Zellen müssen also nicht nach dem Zufallsprinzip alle dendritischen Zellen des Körpers inspizieren", betont Verena Semmling, die diese Studie im Rahmen Ihrer Promotionsarbeit bei Prof. Kurts durchgeführt hat. "So können sie viel schneller aktiviert werden."

Immunsystem sucht den Konsens

Zusätzlich hat dieses Zusammenspiel verschiedener Immunzellen den Vorteil, dass es Autoimmunerkrankungen vermeiden kann: Die dendritische Zelle kann Killer-T-Zellen nur dann anlocken, wenn entweder T-Helferzellen oder NKT-Zellen ebenfalls ein Gefahrsignal erkannt haben. Die dendritische Zelle holt also eine zweite Meinung ein, bevor sie die Immunabwehr in Marsch setzt. Das funktioniert ganz besonders gut, wenn sowohl die T-Helferzellen als auch die NKT-Zellen zustimmen. Wenn also die dendritische Zelle noch eine dritte Bestätigung erhält, dann kann sie Killer-T-Zellen besonders gut aktivieren.

"Die Klärung dieser Mechanismen ist nicht nur von grundlagenwissenschaftlichem Interesse", betont Professor Dr. Irmgard Förster vom Institut für Umweltmedizinische Forschung an der Uni Düsseldorf. "Wenn wir verstehen, wie Immunzellen miteinander kommunizieren, können wir dieses Wissen nutzen, um Impfstoffe zu verbessern. So zeigen die vorliegenden Befunde, dass Impfstoffe besser funktionieren sollten, wenn sie auch T-Helferzellen und NKT-Zellen aktivieren."

Die jetzt publizierten Arbeiten wurden im Rahmen des an der Uni Bonn angesiedelten Sonderforschungsbereiches 704 durchgeführt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert darin die Erforschung der Immunabwehr.

Kontakt:
Professor Dr. Christian Kurts
Institute für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie
Universität Bonn
Telefon: 0228/287-11031
E-Mail: ckurts@uni-bonn.de

Professor Dr. Irmgard Förster
Molekulare Immunologie, Institut für Umweltmedizinische Forschung
an der Universität Düsseldorf gGmbH
Telefon: 0211/3389-210
E-Mail: irmgard.foerster@uni-duesseldorf.de
(idw, 02/2010)

Nach oben scrollen