Schlaganfall und seine Leitsymptome

Prof. Dr. med. Joachim Röther, Chefarzt Neurologie am Asklepios Klinikum Altona beschreibt die wesentlichen Merkmale eines Schlaganfalls.

Schlaganfall und seine Leitsymptome - verständlich erklärt von Prof. Dr. med. Joachim Röther, Hamburg

Jährlich erleiden knapp 270.000 Bundesbürger einen Schlaganfall. In der Akutbehandlung der Erkrankung entscheidet jede Sekunde: „Je mehr Zeit verstreicht, desto mehr Gehirnzellen gehen zugrunde. Jede verlorene Minute kostet rund zwei Millionen Neurone und 14 Billionen Synapsen“, so Prof. Dr. med. Joachim Röther, Asklepios Klinikum Altona Hamburg, anlässlich der Jahrespressekonferenz der Aufklärungskampagne „Rote Karte dem Schlaganfall“ im März 2015 in Hamburg*.

Ein Schlaganfall - jeder kann helfen

Schlaganfall – Aufklärung tut Not

Bereits beim Auftreten der ersten Symptome muss unverzüglich die 112 gewählt und der Rettungswagen gerufen werden. Nur durch schnelles Handeln kann bei einem Schlaganfall das Risiko für bleibende Schäden im Gehirn gesenkt werden. Ein wichtiges Ziel der von Bayer HealthCare Deutschland initiierten Kampagne „Rote Karte dem Schlaganfall“ ist es daher, die Hemmschwelle für den Notruf herabzusetzen. Kampagnenpartner sind die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und die Deutsche Sporthochschule Köln.

Der Großteil aller Schlaganfälle wird durch Gefäßverschlüsse hirnversorgender Blutgefäße verursacht. Zugrunde liegt hier meist ein Blutgerinnsel, das die betreffende Ader verstopft. In den ersten maximal 4,5 Stunden nach Eintreten der Symptome ist es möglich, das Gerinnsel medikamentös aufzulösen. So werden die betroffenen Hirnareale schnellstmöglich wieder mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.

Prof. Dr. Joachim Röther beschreibt die typischen Symptome:

  • Plötzlich eintretende Sehstörungen (Einschränkung des Gesichtsfeldes, gestörte räumliche Wahrnehmung oder Doppelbilder)
  • Sprachverständnisstörung (stockende, abgehackte Sprache, Vertauschen von Silben, falsche Buchstaben, Sprache im Telegrammstil, verwaschene, lallende Sprache oder Sprachblockade)
  • Plötzliche Lähmung, Taubheitsgefühl (Lähmung tritt einseitig auf, meist auch gestörtes Berührungsempfinden, herunterhängender Mundwinkel)
  • Schwindel mit Gangunsicherheit (Gefühl des Karussellfahrens oder Gefühl wie bei einer Schifffahrt mit Wellengang)
  • Plötzlich auftretender sehr starker Kopfschmerz (häufig mit Übelkeit und Erbrechen verbunden, zeitverzögert kann es auch zu Lähmungserscheinung, Bewusstseinsstörung und Verwirrtheit kommen)

Schlaganfall und seine Leitsymptome - verständlich erklärt von Prof. Dr. med. Joachim Röther, Hamburg

Der Faktor Zeit ist entscheidend

„Nervenzellen, die einmal abgestorben sind, kann man nicht mehr wiederbeleben. Deshalb entscheidet die Zeit. Je früher die Behandlung einsetzt, desto mehr Hirngewebe kann gerettet werden“, so Tobias Gruber, Akademie für Notfallmedizin Hamburg, im Rahmen der Pressekonferenz*. „Die Akademie für Notfallmedizin engagiert sich deshalb für eine kompetente Ausbildung von Ersthelfern, Notfallsanitätern, Rettungssanitätern und -assistenten. Durch eine gezielte Ausbildung sollen auch zum Beispiel Verwandte als erste Helfer vor Ort mehr Verantwortung übernehmen können“, ergänzte Prof. Dr. Klaus Runggaldier, Akademie für Notfallmedizin Hamburg.

Erste Hilfe Schlaganfall - Jeder kann helfen

FAST-Test gehört zur Grundausbildung

Der Verdacht auf Schlaganfall kann innerhalb von wenigen Sekunden durch den FAST-Test gemutmaßt werden. „Dieser Test gehört zur Grundausbildung für das Rettungspersonal, er kann jedoch auch von Ersthelfern, also von Angehörigen oder Passanten durchgeführt werden“, so Gruber. FAST steht dabei für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit).

  • Face: Bitten Sie die Person zu lächeln.
    Ist das Gesicht einseitig verzogen? Das deutet auf eine Halbseitenlähmung hin.
  • Arms: Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen.
    Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, sinken oder sich drehen.
  • Speech: Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen.
    Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.
  • Time: Wählen Sie unverzüglich die 112 und schildern Sie die Symptome.

Dass dieser Test funktioniert, konnte anlässlich der Pressekonferenz* deutlich gemacht werden: Während der Vorträge fiel plötzlich ein Mann vom Stuhl. Er hatte Sprachprobleme und der linke Mundwinkel hing nach unten. Der Ersthelfer stellte sofort die entscheidenden Fragen des FAST-Tests. Er wählte unverzüglich die 112, gab bereits am Telefon seinen Verdacht bekannt und beruhigte bis zum Eintreffen der Rettungssanitäter den Patienten. Der Schlaganfall war inszeniert, aber es wurde sehr deutlich, wie wichtig es ist, schnell und gezielt zu handeln.

Mit dem "FAST - Test" einen Schlaganfall erkennen

Prävention, Akutbehandlung und Nachsorge

Nur wer weiß, dass und wie Schlaganfällen vorgebeugt werden kann, kann aktiv Vorsorge betreiben. „Rund 60 Prozent der Schlaganfälle könnten durch rechtzeitige Prävention verhindert werden“, so Röther. Er stellte folgende sieben Regeln zur Verhinderung eines Schlaganfalls vor:

  • Bluthochdruck vermeiden
  • Nicht Rauchen – es lohnt sich auch nach langen Jahren aufzuhören
  • Blutfette im Normbereich halten
  • Bei Diabetes mellitus auf eine gute Einstellung achten
  • Normalgewicht anstreben
  • Auf regelmäßige und tägliche körperliche Aktivität achten
  • Auf regelmäßige und gesunde Ernährung achten

Dabei sei es wichtig zu wissen, dass sich die Risikofaktoren potenzieren. Kommen beispielsweise mehrere Faktoren wie Bluthochdruck und Rauchen zusammen, steigt das Erkrankungsrisiko für Schlaganfall auf das 20-fache. Wer sich dessen bewusst ist, kann gegensteuern. Hört der Raucher z.B. mit dem Rauchen auf, besitzt er nach etwa drei Jahren kein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall mehr. Der erhöhte Blutdruck muss dagegen ärztlich behandelt werden. Häufig kann aber durch Anstreben von Normalgewicht und durch körperliche Bewegung der Blutdruck auf natürliche Art zumindest teilweise gesenkt werden.

Ein Schlaganfallpatient berichtet

Moderne Therapiemöglichkeiten

Selbst mit modernen Therapieverfahren ist ein frühzeitiger Behandlungszeitpunkt eine entscheidende Voraussetzung, um möglichst viel Hirngewebe zu erhalten. Seit Kurzem besteht die Möglichkeit der Kombination aus Lyse- und Katheterbehandlung, die aber nicht immer anwendbar ist. Sie wird beispielsweise in Betracht gezogen, wenn ein großes Hirngefäß verstopft ist. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Therapie im sechs-Stunden-Zeitfenster beginnt.

Bei den Nachsorgestandards gewinnen die neuen oralen Antikoagulantien (NOAKs) zur Gerinnungshemmung an Bedeutung. Diese sind unter anderem indiziert bei Vorhofflimmern zur Vorbeugung eines Schlaganfalls.

Vorhofflimmern – hohes Risiko für Schlaganfall

„Patienten mit Vorhofflimmern haben ein bis zu sieben-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko“, so Dr. Thomas Schramm, niedergelassener Facharzt für Kardiologie und Sportmedizin anlässlich der Jahrespressekonferenz von „Rote Karte dem Schlaganfall“*. Deshalb sei bei Vorhofflimmern die Antikoagulation eine wichtige Basistherapie. Vorteile, die sich bei der Behandlung mit den NOAKs wie Faktor-Xa-Hemmern ergeben, seien eine verlässliche Blutverdünnung, eine bis zu 70 Prozent geringere Hirnblutungsrate, eine teilweise geringere Schlaganfallrate und Mortalität, geringere Medikamenteninteraktionen und der Wegfall der Spiegelkontrollen. Andererseits sei der bewährte Wirkstoff Phenprocoumon bei Patienten mit Kunststoffprothesen (künstliche Herzklappen) Mittel der Wahl.

Vorhofflimmern und Schlaganfall

Informationen zum Schlaganfall: kompakt und gut verständlich

Die Aufklärungskampagne „Rote Karte dem Schlaganfall“ bietet umfangreiches Informationsmaterial von der Prävention über die Akutbehandlung bis hin zur Nachsorge. Kostenfrei unter:

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