Schlaganfall – Störungen des Herzrhythmus

Vorbeugung von Schlaganfällen bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen

 

Therapie zur Schlaganfallprophylaxe mit Faxtor-Xa-Inhibitor ohne Monitoring

Vorhofflimmern (VHF) geht mit einem deutlich erhöhten Risiko für Morbidität und Mortalität einher (1). Betroffene haben ein zweifaches Sterblichkeitsrisiko und ein fünffach erhöhtes Schlaganfallrisiko. Zudem verlaufen Schlaganfälle auf dem Boden eines VHF oft sehr schwer oder sogar letal und sind häufiger als Ereignisse anderer Genese mit bleibenden Behinderungen verbunden. Außerdem haben dies Patienten erhöhte Hospitalisationsraten und häufig eine eingeschränkte Lebensqualität.

Bei Vorhofflimmern effektive Schlaganfallprophylaxe notwendig

Je nach Schlaganfallrisiko sieht die ESC-Leitlinie eine Behandlung unter anderem mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) vor (1). Diese Medikamente gehen trotz der guten Wirksamkeit mit einer Reihe von Einschränkungen einher. Dazu gehören beispielsweise die Notwendigkeit eines Gerinnungsmonitorings, inter- und intraindividuelle Schwankungen, Wechselwirkungen mit zahlreichen Arznei- und Nahrungsmitteln, eine oft schwierige Einstellbarkeit und ein schmales therapeutisches Fenster (2). Vermutlich sind dies auch die Gründe, warum viele Patienten mit VHF, die für eine Schlaganfallprophylaxe mit VKA in Frage kommen, diese nicht erhalten oder nicht adäquat darauf eingestellt sind (3,4).

Nachteile von Vitamin-K-Antagonisten
– Notwendigkeit eines Gerinnungsmonitorings
– inter- und intraindividuelle Schwankungen
– Wechselwirkungen mit zahlreichen Arznei-
und Nahrungsmitteln
– oft schwierige Einstellbarkeit
– schmales therapeutisches Fenster

Seit Dezember 2011 ist mit dem oralen direkten Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban eine deutlich einfacher zu handhabende Alternative zur Schlaganfallprophylaxe bei VHF verfügbar. Sie ist in ihrer klinischen Effektivität den bisherigen VKA mindestens ebenbütig, zieht aber signifikant weniger intrakranielle und letal verlaufende Blutungen nach sich. Das belegen die Daten der ROCKET AF-Studie (Rivaroxaban Once Daily Oral Direct Factor Xa Inhibition Compared with Vitamin K Antagonism for Prevention of Stroke and Embolism Trial in Atrial Fibrillation), einer doppelblinden Phase-IIIStudie, in der 14.264 Patienten mit nicht-valvulärem VHF und moderatem bis hohem Schlaganfallrisiko (mittlerer CHADS2-Score 3,5) mit einmal täglich 20 mg Rivaroxaban oder einem VKA (INR-Zielbereich 2 bis 3) behandelt wurden (5).

Schlaganfallprophylaxe mit weniger fatalen und intrakraniellen Blutungen

Die Wirksamkeit von Rivaroxaban wurde in einem mehrstufigen Verfahren getestet. Ziel der Studie war es, die Nichtunterlegenheit des Faktor-Xa-Inhibitors nachzuweisen. Zuerst sollte die Nichtunterlegenheit in der „Per Protocol Population“ (as treated) und danach die „Safety Population“ (as treated) auf Überlegenheit geprüft werden. Erst nach erwiesener Überlegenheit in der „Safety Population“ sollte die ITT-Population (Intention To Treat) zunächst auf Nichtunterlegenheit und dann auf Überlegenheit getestet werden. Der Nachweis der Nichtunterlegenheit wurde erreicht. In der ITTPopulation erzielte Rivaroxaban eine dem VKA mindestens ebenbütige Reduktion der Rate an Schlaganfällen und systemischen Embolien (p < 0,001 für Nichtunterlegenheit). In der „Safety Population“ (as treated) – also bei den Patienten, die die Prüfmedikation tatsächlich eingenommen hatten – resultierte sogar eine überlegene Wirksamkeit gegenüber dem VKA (mittlerer TTR-Wert 55 %, p = 0,02). Eindeutige Vorteile ergaben sich fü Rivaroxaban bei der Sicherheit: Zwar war die Rate an Blutungen insgesamt in beiden Studienarmen vergleichbar, unter Rivaroxaban ereigneten sich jedoch signifikant weniger fatal verlaufende Blutungen (p = 0,003) sowie intrakranielle Blutungen (p = 0,019) und Blutungen in ein kritisches Organ (p = 0,007).

Effektive Risikoreduktion auch in der Sekundärprophylaxe

Für die gute klinische Wirksamkeit des Gerinnungshemmers bei zugleich gutem Sicherheitsprofil sprechen auch Subgruppenanalysen der ROCKET AF-Studie (6). So war die Reduktion des Schlaganfallrisikos bei Patienten, die bereits einen Schlaganfall oder transitorische ischämische Attacken (TIA) erlitten hatten – immerhin 55 % der Studienteilnehmer – vergleichbar mit der Risikoreduktion im Gesamtkollektiv.

Auch hinsichtlich der Blutungen ergaben sich bei diesen Hochrisikopatienten vergleichbare Ergebnisse: Unter dem Faktor-Xa-Inhibitor traten nur 0,59 intrakranielle Blutungen pro 100 Patientenjahre auf, unter Warfarin jedoch 0,80. Damit stellt Rivaroxaban nicht nur bei der Primär-, sondern auch bei der Sekundärprophylaxe des Schlaganfalls bei VHF-Patienten eine effektive und zugleich gut verträgliche Behandlungsoption dar.

Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion

Das gilt auch fü Patienten mit milder bis moderat eingeschränkter Nierenfunktion. Dies dokumentiert eine weitere Subgruppenanalyse der ROCKET AF-Studie bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von 30 bis 49 ml/min, die in der Studie entsprechend den allgemeinen Dosisempfehlungen für dieses Kollektiv mit 15 mg Rivaroxaban täglich behandelt wurden7. Die Patienten waren im Mittel älter als die Studienteilnehmer im Gesamtkollektiv.

In dieser Subgruppenanalyse lag die Rate an Schlaganfällen und systemischen Embolien (primärer Wirksamkeitsendpunkt) unter VKA bei diesem Patientenkollektiv bei 2,77 pro 100 Patientenjahre gegenüber nur 2,32 unter Rivaroxaban (Per Protocol Population, as treated). Das kommt einer mindestens ebenbütigen und nummerisch sogar besseren klinischen Wirksamkeit gleich. Die allgemeine Blutungsrate wie auch die Rate intrakranieller Blutungen war in beiden Gruppen vergleichbar. Allerdings ereigneten sich in der Rivaroxaban-Gruppe gegenüber dem Kollektiv unter VKA statistisch signifikant weniger fatal verlaufende Blutungen (p = 0,047). Die Subgruppenanalyse belegt damit, dass Rivaroxaban in angepasster Dosierung auch bei Patienten mit moderat eingeschränkter Nierenfunktion eine wirksame und gut verträgliche Therapiealternative ist.

Zusammenfassend hat sich Rivaroxaban bei Patienten mit Vorhofflimmernund mittlerem bis hohem Risiko als sichere und gut wirksame Alternative zu Warfarin erwiesen.

Quellen

  1. Camm AJ et al. ESC Guidelines EHJ 2010; 31: 2369–2429
  2. Ansell J et al. Chest 2004; 126: 204S–233S
  3. Go AS et al. Ann Intern Med. 21 December 1999; 131(12): 927–934
  4. Conolly SJ et al. Circulation. 2008; 118: 2029–2037
  5. Patel MR et al. N Engl J Med 2011; 365: 883–889
  6. Hankey G et al. Lancet 2011; 11: 315–322
  7. Fox KAA et al. Eur Heart J 2011; 32(19): 2387–2394
  8. Meet-the-Expert – Expertengespräch zum ESC 2012:
    Ein Update zur venösen und arteriellen Antikoagulation
    München, 24. August 2012
    Vorhofflimmern: Therapie im Umbruch – wo stehen wir in Europa?
    Prof. Dr. med. Christoph Bode, Freiburg

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