Die häufigsten histologischen Typen beim Schilddrüsenkrebs sind das papilläre und das follikuläre Karzinom, beide treten auch schon in jüngerem Erwachsenenalter auf. Die ungünstigste Prognose hat das eher im höheren Alter auftretende anaplastische Karzinom. Als Vorerkrankungen mit einem erhöhten Risiko für die Ausbildung von Schilddrüsenkrebs gelten Kropfbildung (Struma, Vergrößerung der gesamten Schilddrüse) bei Personen im Alter unter 50 Jahren und gutartige Adenome der Schilddrüse. Noch nicht abschließend geklärt ist die Rolle von Jodmangel als möglicher Risikofaktor sowie der Einfluss ernährungs- oder lebensstilbezogener Risikofaktoren. Ein gesicherter, wenn auch vergleichsweise selten auftretender Risikofaktor für die Entstehung von Schilddrüsenkarzinomen ist die Exposition gegenüber ionisierender Strahlung, vor allem im Kindesalter (s. Reaktorunfall von Tschernobyl 1986). Je nach Histologie und Ausdehnung des Tumors ist die operative Entfernung eines Schilddrüsenlappens bzw. des gesamten Organs erforderlich. Begleitend erfolgt bei differenzierterem, Jod speichernden Tumorrestgewebe oder bei Metastasen eine Radio-Jod-Therapie. Beim medullären und beim anaplastischen Karzinom ist zusätzlich die Entfernung von Hals- und mediastinalen Lymphknoten mit anschließender Strahlentherapie notwendig. An die operative Entfernung der Schilddrüse schließt sich eine lebenslange Substitutionstherapie mit Schilddrüsenhormonen an (Preiß et al. 2008).
Trends von Inzidenz, Mortalität und Überlebensraten
Seit 1980 haben sich in Deutschland die Inzidenzund Mortalitätsraten beim Schilddrüsenkrebs beider Geschlechter, insbesondere bei den Frauen, gegensätzlich entwickelt. Während die Sterberaten kontinuierlich zurückgingen und sich seit 1980 in etwa halbierten, kam es gleichzeitig zu einer erheblichen Zunahme der pro Jahr neu diagnostizierten Erkrankungsfälle und der altersstandardisierten Erkrankungsraten. Die Zunahme der Inzidenzraten war bei den Frauen ausgeprägter als bei den Männern, am stärksten stiegen die Erkrankungsraten bei den unter 60 Jahre alten Frauen. Damit ist das mittlere Erkrankungsalter der Frauen um mehr als fünf Jahre und das der Männer um drei Jahre auf zuletzt 54 bzw. 57 Jahre gesunken. Die Zahl der jährlich neu aufgetretenen Erkrankungsfälle hat sich seit 1980 für beide Geschlechter mehr als verdoppelt. In 2004 erkrankten in Deutschland ca. 3.500 Frauen und 1.500 Männer an Schilddrüsenkrebs, jeweils etwa die Hälfte von ihnen vor dem 60. Lebensjahr. Im gleichen Jahr verstarben 454 Frauen und 231 Männer an dieser Erkrankung. Die relativen 5-JahresÜberlebensraten verbesserten sich seit Anfang der 1980er-Jahre deutlich von 54 % auf 87 % bei den Männern und von 72 % auf 90 % bei den Frauen.
Prävalenzen
Im Jahr 2004 lebten in Deutschland etwa 14.600 Frauen und 6.000 Männer mit Schilddrüsenkrebs, der in den zurückliegenden fünf Jahren erkannt wurde. Bei 26.000 Frauen und 10.700 Männern war diese Erkrankung in den vorausgegangenen zehn Jahren aufgetreten. Seit 1990 haben sich die 5- und 10-Jahres-Prävalenzen damit nahezu verdoppelt. Während der Anstieg bei den Männern bei den über 70-Jährigen am stärksten ausfiel, war er bei den unter 50-jährigen Frauen deutlicher als in den höheren Altersgruppen. Etwa zwei von fünf erkrankten Frauen und jeder dritte betroffene Mann waren zuletzt jünger als 50 Jahre. Im Jahr 2010 dürfte die 5-Jahres-Prävalenz bei etwa 15.900 Frauen und 6.200 Männern liegen.
Fazit
Aufgrund des Anstiegs der Erkrankungsraten und deutlich verbesserter Überlebensaussichten hat sich die Zahl der prävalenten Fälle bei Schilddrüsenkrebs von 1990 bis 2004 für beide Geschlechter nahezu verdoppelt, wobei bei den Männern auch demografische Veränderungen eine Rolle spielten. Bis zum Jahr 2010 ist mit einem weiteren Anstieg der 5-Jahres-Prävalenz auf 15.900 Frauen und 6.200 Männern zu rechnen. (RKI 02/2010)