Sauer macht dick

Bei Sportlern ist Laktat, auch bekannt als Milchsäure, wegen des Leistungsabfalls bei der Übersäuerung der Muskulatur gefürchtet. Der Laktatspiegel steigt aber nicht nur bei Sauerstoffmangel in der Muskulatur an. Laktat wird auch unter normalen Bedingungen in erheblichem Umfang im Körper gebildet und ist ein zentrales Zwischenprodukt des Energiestoffwechsels: Nach einer Mahlzeit sorgt Insulin dafür, dass Fettzellen vermehrt Glukose aufnehmen. Ein Teil dieser Glukose wird in Fette eingebaut und auf diese Weise als Energiespeicher angelegt. Ein Großteil der Glukose wird aber in den Fettzellen in Laktat umgewandelt und freigesetzt. In der Leber kann daraus dann erneut Glukose gebildet werden.

Die Freisetzung von Laktat ins Fettgewebe setzt aber gleichzeitig einen Mechanismus in Gang, den Forscher um Stefan Offermanns, Direktor der Abteilung Pharmakologie des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung nun entschlüsselt haben: Am Anfang ihrer Untersuchung stand die Entdeckung des Rezeptors GPR81. Dieses zur Gruppe der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehörende Protein wird vornehmlich auf der Oberfläche von Fettzellen gebildet. Wird dieser durch Laktat aktiviert, hemmt er das Enzym Adenylylcyclase. Dadurch wird wiederum die Bildung des intrazellulären Botenstoffes cAMP vermindert, dem eine Schlüsselfunktion beim Fettabbau zugeschrieben wird. "Auf diese Weise hemmt eine Erhöhung des Laktatspiegels im Fettgewebe den Abbau von Fett", sagt Stefan Offermanns. So verhindert der Körper, dass nach Mahlzeiten – wenn bereits genügend Glukose zur Energiegewinnung vorhanden ist – noch zusätzlich die Fettreserven mobilisiert werden. Unter normalen Umständen trägt dies zu einer ausgeglichenen Energiebilanz bei. Nicht aber so bei einer energiereichen Ernährung. Dann nämlich produzieren Fettzellen vermehrt Laktat, was den Fettabbau hemmt und zum Aufbau der Fettdepots beiträgt.

Milchsäure wirkt nicht nur als Energiespeicher, sondern auch als Botenstoff

Laktat greift also als Botenstoff in den Fettstoffwechsel ein. Die Bad Nauheimer Wissenschaftler haben damit erstmals nachgewiesen, dass ein Zwischenprodukt des Stoffwechsels nicht nur eine Rolle als Energiespeicher besitzt, sondern den Stoffwechsel selbst in Hormon-ähnlicher Weise beeinflusst. "Wir vermuten, dass auch andere Stoffwechselprodukte diese Fähigkeit besitzen", so Stefan Offermanns.

Die wichtige Rolle des Laktats im Fettstoffwechsel demonstrierten die Forscher in Experimenten an Mäusen, denen der Rezeptor GPR81 fehlt. Diese so genannten Knockout-Mäuse nahmen weniger stark zu, wenn sie eine kalorienreiche Ernährung bekamen. "Weil der Laktatrezeptor fehlt und somit der Fettabbau weniger stark gehemmt wird, konnten die Tiere unter diesen Bedingungen in der Summe nicht so viele neue Fettdepots anlegen", erläutert Offermanns. Als nächstes wollen die Max-Planck-Wissenschaftler untersuchen, wie der GPR81-Rezeptor zur Vorsorge oder Behandlung von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Fettleibigkeit genutzt werden könnte.

Originalpublikation:
Kashan Ahmed, Sorin Tunaru, Cong Tang, Michaela Müller, Andreas Gille,
Antonia Sassmann, Julien Hanson, Stefan Offermanns
An autocrine lactate loop mediates insulin-dependent inhibition of lipolysis through GPR81
Cell Metabolism, 4. April 2010 (doi:10.1016/j.cmet.2010.02.012)

Kontakt:

Prof. Dr. Stefan Offermanns
Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung
Abteilung Pharmakologie
Tel.: +49(0)6032 705 – 1201
Email: stefan.offermanns@mpi-bn.mpg.de

Dr. Matthias Heil, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung
Tel.: +49(0)6032 705 – 1705
Email: matthias.heil@mpi-bn.mpg.de
(idw, 04/2010)

Nach oben scrollen