„Dass alle unsere Anträge ausnahmslos bewilligt worden sind, ist ein Ausweis für die besonders hohe Qualität Bochumer Forschung.Die Entscheidung der DFG bekräftigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, freut sich Prof. Dr. Ulf Eysel, Prorektor für Forschung der RUB.
Wie aus Wahrnehmung Gedächtnis wird
Dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen will der SFB 874 „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“ (Sprecherin: Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan). Er erforscht, wie aus Wahrnehmung Gedächtnis und Verhalten entsteht. Sechs allgemeine Systeme spielen bei Wirbeltieren eine Rolle: Gehör, Gleichgewicht, Geruch, Geschmack, Körperwahrnehmung und Schmerz sowie Sehen. Im letzten Jahrhundert sind die Grundlagen von Sinneswahrnehmungen erkannt worden, die molekularen Grundlagen des Sehens in den 60er Jahren, die Somatosensorik in den 70ern; des Hörens in den 80ern und des Riechens in den 90ern. Unklar ist aber, wie die sensorischen Signale im Gehirn integriert und repräsentiert werden. „Nur über einen systemorientierten Ansatz bei der Erforschung der sensorischen Prozesse werden wir verstehen, wie sensorische Information auf der ersten Ebene der kortikalen Integration umgewandelt und höherrangig weiterverarbeitet wird, so dass über eine feinabgestimmte, sensorische Wahrnehmung Verhalten und Gedächtnisbildung ausgelöst werden“, erklärt Prof. Manahan-Vaughan. Der neue SFB will über eine systemorientierte neurowissenschaftliche Strategie wesentliche Aspekte der sensorischen Verarbeitung erforschen. Am Beispiel von Geruch, Somatosensorik und Sehen wollen die Wissenschaftler die Verarbeitung der Signale von der Ebene der kortikalen Integration bis hin zum endgültigen Erwerb eines auf Sinneswahrnehmung basierenden Gedächtnis-„Eintrags“ (Engramm) aufklären.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan, Abteilung für Experimentelle Neurophysiologie, Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel: 0234/32-27927, E-Mail: Denise.Manahan-Vaughan@rub.de
Sicherheit im Tunnelbau
Damit– wie in Köln mit erheblichen Schäden geschehen – beim Tunnelbau die Umgebung nicht zusammenbricht, müssen die geologischen Verhältnisse vor Ort und die Auswirkungen des Tunnelvortriebs sehr genau bekannt sein. Die Anforderungen an Sicherheit und Umwelt machen den Tunnelbau sehr teuer. Der neue SFB 837 „Interaktionsmodelle für den maschinellen Tunnelbau“ (Sprecher: Prof. Dr. techn. Günther Meschke) will Modelle erarbeiten, um Tunnelbau ökonomischer und sicherer zu machen. Tunnels werden heute meist maschinell gebaut, und das in verschiedensten Untergründen und Gegenden vom Gebirge bis hin zu Innenstädten. Der Tunnelbauingenieur benötigt daher zuverlässige Kenntnisse über die möglichen Auswirkungen des Tunnelvortriebs auf die (bebaute) Umgebung, ebenso über die Auswirkungen der geologischen Verhältnisse bzw. vorhandenen Infrastruktur auf den Tunnelvortriebsprozess. Der SFB 837 wird numerische Modelle, computergestützte Simulationsmethoden und Entwurfskonzepte entwickeln, die die komplexen Wechselwirkungen zwischen Baugrund, Schildmaschine, Stützmaßnahmen, Tunnelausbau, Bebauung, Vortriebs- und Abbauprozess, Baubetrieb realitätsnah im Computermodell abbilden. Mögliche Gefährdungen der Bebauung sollen damit bereits im Vorfeld zuverlässig erkannt werden und die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit im maschinellen Tunnelbau erhöht werden. Neue Fragen, die letztlich nur durch komplexe, miteinander vernetzte Simulationen im Verbund mit experimentellen Untersuchungen beantworten lassen, entstehen dabei z.B. durch die dynamische Weiterentwicklung der Vortriebstechnologie, die Ausrichtung auf immer größere Schilddurchmesser und die stetige Ausweitung der Anwendungsbereiche. Bochum ist für solche Arbeiten nicht zuletzt deshalb ein guter Ort, weil hier sowohl langjährige Kompetenz auf dem Gebiet der Computersimulation als auch dem Tunnelbau vorhanden ist.
Weitere Informationen
Prof. Dr. techn. Günther Meschke, Lehrstuhl Statik und Dynamik, Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-29051, E-Mail: guenther.meschke@rub.de
Mit Plasmen zu neuen Materialien
Auf dem Weg zu neuen Materialien etwa für Speichermedien von Handys, PCs, aber auch für künftige Energiesysteme macht sich der SFB-TR 87 „Gepulste Hochleistungsplasmen zur Synthese nanostrukturierter Funktionsschichten“ (Sprecher Prof.-Ing. Peter Awakowicz). Bochumer Elektro- und Informationstechniker, Physiker sowie Maschinenbauer aus dem Research Department „Plasmas with Complex Interactions“ erforschen mit Wissenschaftlern der RWTH Aachen grundlege Fragestellungen der Plasmaphysik vom Atom in der Gasphase bis zur Leistungscharakteristik beschichteter Materialoberflächen. Zentrales Thema in Bochum sind gepulste Plasmen teils mit Magnetfeldunterstützung wie sie für die zukunftsweisende Synthese von intelligenten Schichtsystemen wichtig sind. Komplementär dazu werden an der RWTH Aachen im Bereich der Werkstoffforschung die entwickelten Schichtsysteme qualifiziert und für ihre großtechnische Anwendung vorbereitet.
Weitere Informationen
Prof. Dr.-Ing. Peter Awakowicz, Allgemeine Elektrotechnik und Plasmatechnik, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23062, E-Mail: awa@aept.rub.de
Maschine und Dienstleistung im Bündel
Ziel des verlängerten SFB Transregio 29 „Engineering hybrider Leistungsbündel“ (Sprecher: Prof. Dr.-Ing. Horst Meier) ist die Etablierung eines innovativen, nutzenorientierten Produktverständnisses aus Sach- und Dienstleistung. Die Forscher wollen weg von dem Denken „Maschine verkaufen und vergessen“ hin zu Dienstleistungen, die schon bei der Entwicklung der Maschine geplant und über ihre gesamte Lebensdauer mit angeboten werden – sog. Hybriden Leistungsbündel (HLB). In der ersten Förderphase wurden die Wechselwirkungen von Sach- und Dienstleistungen mit ihren Potenzialen und Grenzen über den Lebenszyklus von der Planung und Entwicklung bis zur Erbringung und Nutzung am Demonstrator-Szenario der Mikroproduktion erforscht. Die Herausforderungen der zweiten Förderphase liegen in der Komplettierung und Integration der Methoden und der durchgängigen Realisierung und Evaluierung der HLB-Werkzeuge, -Instrumente und -Organisationsformen. Dabei gilt es sowohl die Dynamik im HLB-Lebenszyklus durch Flexibilität und Wandlungsfähigkeit als auch die Robustheit von HLBs mit Hilfe neuer Methoden und Werkzeuge sicherzustellen. „Die bisherigen Diskussionen unserer Forschungsergebnisse zeigen ein hohes industrielles Interesse und breites Anwendungspotential des HLB-Engineerings auf“, so Prof. Meier. Um konkrete Möglichkeiten und Vorgehensweisen zur industriellen Umsetzung zu erforschen und die Anwendbarkeit der Methoden und Werkzeuge im realen industriellen Kontext zu evaluieren, sollen in der zweiten Förderphase mindestens zwei Transferprojekte zur Entwicklung und Erbringung hybrider Leistungsbündel initiiert werden.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Horst Meier, Lehrstuhl für Produktionssysteme, Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-26310, E-Mail: meier@lps.rub.de
Redaktion: Dr. Josef König/Meike Drießen
(idw, 05/2010)