Rostocker Stammzellpionier leitet internationalen Kongress zur Regenerativen Medizin

Kongresspräsident ist Prof. Dr. Gustav Steinhoff, Leiter der Herzchirurgie der Universitätsmedizin Rostock. Er gilt als Pionier der Stammzelltherapie für das Herz. „Wir gehen der Frage nach, wie aktuelle Forschung in die Klinik umgesetzt und die Qualität der neuen Therapien gesichert werden kann“, sagt er. Bedarf gebe es unbedingt: Man müsse sich vor einer „Wild-West“-Entwicklung hüten, die schon ihren Anfang genommen habe. „Viele sogenannte Zentren für Stammzelltherapie, etwa in Lateinamerika, Asien und Osteuropa, bewegen sich im Graubereich; dort will man ohne wissenschaftliche Evaluation einfach nur Geschäfte machen“, so Steinhoff. Großes Ziel des Kongresses sei es daher, ein Grundsatzpapier zu erarbeiten, das verbindliche wissenschaftliche Standards für den Aufbau von Behandlungszentren auf der ganzen Welt vorgibt. Derzeit gibt es fünf Zentren für Regenerative Medizin in Deutschland, eines davon in Rostock. Viele Patienten setzen große Hoffnungen in diese innovative Therapieform. „Die Stammzellforschung hat in den letzten 15 Jahren enorme Fortschritte in der Regenerativen Medizin ausgelöst. Auf dieser Basis werden derzeit weltweit neue Therapieverfahren entwickelt, die für die Medizin des 21. Jahrhunderts in Richtung einer regenerativen und heilenden Medizin ausschlaggebend sein werden.“ Doch der Mediziner mahnt Geduld an. „Neue Therapieverfahren brauchen immer Zeit, bis sie zur klinischen Anwendung kommen.“
Probanden sollten besonders geschützt und bei Forschungsvorhaben nur einem minimalen Risiko ausgesetzt werden, ergänzt sein Kollege, der Ethiker Prof. Dr. Nikolaus Knoepffler von der Universität Jena. „Allerdings darf dieses Risiko etwas höher sein, wenn es um Heilversuche geht, bei denen der erwartete Nutzen des Heilversuchs im Vergleich zur Standardtherapie die Risiken deutlich übersteigt.“ Es sei der falsche Weg, den heutigen technischen Stand einzufrieren und neue Möglichkeiten zu verbieten. „Vielmehr sollten wir eine Rahmenordnung schaffen, die einen vernünftigen Umgang mit neuen technischen Möglichkeiten erlaubt. Freilich wird es ein großer Aushandlungsprozess werden, was als vernünftig gelten kann.“ Was Forschung an adulten Stammzellen angeht, also jenen, die sich nach der Geburt im menschlichen Organismus befinden, so hofft der Medizinethiker, dass sie helfen wird, den Mangel an Organen durch Alternativen zu ersetzen. Beispielsweise, indem Herzen wieder eine zureichende Leistung erreichen – eine Herztransplantation ist dann nicht mehr nötig.
Auf diesem Weg ist Steinhoff. Er erprobt bereits seit 15 Jahren Zell-Behandlungen an Patienten, die nach einem Herzinfarkt an Herzschwäche leiden. Der Rostocker will ihnen mit Stammzellen aus dem Knochenmark helfen. Diese produzieren im Körper einen stetigen Nachschub an neuen Blutzellen – eine Eigenschaft, die schon seit vielen Jahren therapeutisch genutzt wird. Doch bestimmte Knochenmark-Stammzellen stimulieren darüber hinaus die Bildung neuer, kleiner Blutgefäße. Steinhoff isoliert die Zellen aus dem Blut seiner Patienten und spritzt sie ihnen dann ins geschädigte Herzgewebe, wodurch tatsächlich neue Gefäße entstehen. „Wir verbessern damit die Pumpleistung um fünf bis zehn Prozent. Das hat einen deutlich spürbaren Effekt für die Behandelten“, fasst Steinhoff bisherige Ergebnisse zusammen. Sollte eine laufende Studie den Nutzen des Verfahrens bestätigen, könnte er in etwa zwei Jahren die Zulassung für seine Therapie beantragen.

Kontakt:
Prof. Dr. Gustav Steinhoff
Leiter der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie
Universitätsmedizin Rostock
Tel.: 0381 494 6101

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