Anna Maria B. (Name d. Red. bekannt) ist Patientin mit Rheumatoider Arthritis. Obwohl sie Rheumatoide Arthritis hat, reist sie gerne. Auch Langstreckenflüge gehören dazu. Das war nicht immer so, denn vor noch drei Jahren hatte sie Angst vor neuen Rheumaschüben, hatte sie Angst vor unerträglichen Gelenkschmerzen in den Fingern.
Rheumatoide Arthritis – eine Autoimmunkrankheit
Die Rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunkrankheit mit unterschiedlichen Erscheinungsformen. Eine Form der Rheumatoiden Arthritis ist der Befall von Gelenken der Finger und Zehen.
Hierbei greifen T-Lymphozyten und B-Lymphozyten (weiße Blutzellen), die eigene Gelenkinnenhaut an. Die Entzündungsprozesse verlaufen in Schüben. Typische Symptome neben den Gelenkschmerzen ist eine Morgensteifigkeit der Gelenke. Bei der radiologischen Untersuchung stellt der Arzt Veränderungen der betroffenen Gelenkbereiche auf dem Röntgenbild fest. Auch das Blutbild kann verändert sein und spezifische Rheumafaktoren aufweisen.
Therapie der Rheumatoide Arthritis hemmt schubförmig Verläufe
Im Verlauf der vergangenen 20 Jahre haben sich die Kenntnisse über die Rheumatoide Arthritis und ihre schubförmig Verläufe durch intensive Forschung zum Vorteil der Patienten deutlich verbessert. Viele Medikamente stehen heute zur Therapie der Rheumatoide Arthritis zur Verfügung. Auch die Therapiestrategien wurden in den vielen Jahren optimiert.
Behandlung der akuten Schübe und der Entzündung mit Glukokortikoiden und Methotrexat
Standard der Therapie ist die Behandlung der akuten Schübe und der Entzündung mit Glukokortikoiden und Methotrexat. Bei Nichtanpsrechen und Nichtverträglichkeit der Behandlung stehen mehrere Biologika als innovative Therapiealternative zur Monotherapie oder zur Therapieergänzung zur Verfügung.
Tocilizumab First-Line-Biologikum in der Kombinationstherapie
Ein Biologikum ist Tocilizumab. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat Tocilizumab (RoACTEMRA®) jetzt als First-Line-Biologikum in der Kombinationstherapie mit Methotrexat (MTX) klassifiziert. Darüber hinaus wird Tocilizumab als einziges Biologikum für die Monotherapie empfohlen, wenn die Fortführung der MTX-Therapie nicht adäquat erscheint. Verankert sind diese beiden Empfehlungen in der aktuellen S1-Leitlinie zur Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA), die im September 2012 veröffentlicht wurde.
Standardtherapie der Rheumatoiden Arthritis nicht immer erfogreich
Das Erkrankungsbild der RA ist sehr vielseitig. So kann nicht bei allen Patienten mit einem klassischen Basismedikament (DMARD = disease modifying antirheumatic drug) allein eine adäquate Besserung erzielt werden. Sie profitieren deshalb vom frühzeitigen Wechsel auf ein Biologikum. Hier hält die aktuelle S1-Leitlinie vor allem in Hinblick auf den IL-6-Rezeptorblocker wichtige Neuerungen bereit [1]. Tocilizumab wird darin neben den TNF-alpha-Hemmern und Abatacept erstmalig den First-Line-Biologika zugeordnet. Damit können RA-Patienten das Biologikum direkt nach unzureichendem Ansprechen auf mindestens zwei DMARDs erhalten.
Monotherapie mit Tocilizumab jetzt möglich
Eine zentrale Rolle nimmt Tocilizumab jetzt auch bei der Monotherapie ein: Es wird als einziges Biologikum für den monotherapeutischen Einsatz empfohlen, wenn MTX keine Therapieoption darstellt. „Nach aktueller Studienlage hat Tocilizumab innerhalb der Gruppe der zur Monotherapie zugelassenen Biologika die beste Wirksamkeit“, begründet Prof. Klaus Krüger, München, die Entscheidung des Expertengremiums. „Die Ergebnisse der Studie ACT-RAY zeigen, dass Tocilizumab nach 24 sowie 52 Wochen in Kombi-nations- und Monotherapie vergleichbar effektiv ist“ [2, 3]. Untermauert wird die Empfehlung durch die Ergebnisse der bislang einzigartigen Head-to-Head-Studie ADACTA. Im direkten Monotherapie-Vergleich mit Adalimumab konnte für Tocilizumab eine signifikant bessere Wirksamkeit belegt werden [4].
Patientenorientierte Therapieplanung – wenn DMARD-Therapie nicht vertragen wird
Ein Blick in die Praxis zeigt, wann eine Monotherapie mit einem Biologikum angezeigt ist. „Viele Patienten vertragen eine DMARD-Therapie nicht“, erläutert Dr. Brigitte Krummel-Lorenz, Frankfurt am Main. „Unverträglichkeiten, wie gastrointestinale Beschwerden oder auch Haarausfall, können der Grund sein, warum wir beispielsweise das häufig verwendete Methotrexat (MTX) absetzen müssen. Ebenso gibt es einige Kontraindikationen, wie eine Leberschädigung oder Nierenfunktionsstörungen, die MTX von Anfang an ausschließen“. Registerdaten zeigen, dass etwa 30 Prozent der Biologika-Patienten ihre Therapie ohne begleitendes DMARD erhalten [5]. „Bei Patienten, für die eine begleitende DMARD-Therapie zu Ihrem Biologikum nicht möglich ist, stellt Tocilizumab eine sehr vielversprechende Therapieoption als Monotherapie dar“, beschreibt Krummel-Lorenz. „Daten aus der ACT-RAY Studie und der Head-to-Head-Studie gegen Adalimumab haben das eindrucksvoll belegt. In den S1-Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Rheumatologie wird im Falle der Notwendigkeit einer Biologikum-Monotherapie deshalb auch explizit Tocilizumab empfohlen.“ Mithilfe des neuen Therapiealgorithmus wird für Ärzte die Patienten-orientierte Therapieplanung vereinfacht. Sie berücksichtigt stärker die individuellen Bedürfnisse des Patienten und zielt auf eine raschere Verbesserung der Krankheitsaktivität und damit auch der Lebensqualität.
S1-Leitlinie als Therapieplan einer zeitgemässen Therapie der Rheumatoiden Arthritis
Die Entwicklung von neuen hochwirksamen Substanzen und verbesserten Therapiestrategien hat die Therapie der Rheumatoiden Arthritis in den letzten 20 Jahren enorm verändert. Um diesem Fortschritt Rechnung zu tragen, wurde eine neue Behandlungsleitlinie notwendig. Vor diesem Hintergrund hat ein Expertengremium den bestehenden Therapiealgorithmus überarbeitet und 12 Empfehlungen für ein sequenzielles medikamentöses Vorgehen bei der Rheumatoiden Arthritis erstellt. „Die S1-Leitlinie ist ein Therapie-Fahrplan für die rheumatologischen Fachärzte in der Praxis“, erklärt Krüger. „Mithilfe des Therapiealgorithmus kann die Behandlung frühzeitig auf das individuelle Krankheitsbild jedes Patienten angepasst werden. Vorrangig ist dabei das Erreichen der Remission oder einer möglichst niedrigen Krankheitsaktivität.“
Quellen
- Krüger K. et al., S1-Leitlinie der DGRh zur sequenziellen medikamentösen Therapie der rheumatoiden Arthritis 2012. Z Rheumatol 2012; 71: 592-603
- Dougados M et al., EULAR 2011, OP0020
- Dougados M et al., EULAR 2012, poster presentation THU0093
- Gabay C et al., EULAR 2012, oral presentation, Abstract LB0003
- Listing J et al., Arthritis Res Ther 2006; 8: R66
- Workshop Rheumatologie: Aktuelle S1-Leitlinie
6. Dezember 2012, Frankfurt am Main
Referenten
– Prof. Dr. Klaus Krüger
Praxiszentrum St. Bonifatius, München
– Dr. Brigitte Krummel-Lorenz
Rheumatologie im Endokrinologikum, Frankfurt/Main