Für die rheumatoide Arthritis (RA) steht heute mit synthetischen und biologischen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (Disease-Modifying Anti-Rheumatic Drugs, DMARDs) eine Vielzahl an Therapieoptionen zur Verfügung, die eine Remission der Erkrankung ermöglichen können. Das Behandlungsziel kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn Therapieempfehlungen eingehalten werden. Gerade bei chronischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis (RA) ist eine mangelhafte Therapietreue (Adhärenz / Persistenz) ein häufiges Problem. So hält sich nur etwa die Hälfte aller chronisch erkrankten Patienten an den verordneten Medikamentenplan (1, 7).
| Adhärenz | = Einhaltung der Medikamentenverordnung |
| Persistenz | = Zeit vom Beginn bis zum Absetzen einer Therapie |
(Non-) Adhärenz bei der rheumatoiden Arthritis (RA)
Eine Reihe von Studien untersuchte die Adhärenz bei Patienten, die synthetische oder biologische DMARDs zur Behandlung der RA erhielten (1). Dabei lieferten verschiedene Erhebungsmethoden Adhärenzraten zwischen 22 % und 107 % (MEMS 72-107 %, Rezepteinlösung 22-73 %, Patientenbericht 50-99 %) (1). Diese große Spannbreite resultierte vor allem aus dem unterschiedlichen Design der Studien, z. B. Variationen zwischen den Untersuchungsgruppen und einbezogenen Wirkstoffen sowie aus unterschiedlichen Messmethoden (1).
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Untersuchungen hinsichtlich der Adhärenz bei synthetischen und biologischen DMARDs verweisen auf eine erhöhte Adhärenz bei den Biologika Infliximab, Etanercept und Adalimumab im Vergleich zu Methotrexat (MTX) (2). Kombinationstherapien, bestehend aus MTX und einem Biologikum, resultierten hingegen in niedrigerer Adhärenz im Vergleich zur Gabe von MTX allein (2). Longitudinale Studien in der Indikation RA zeigen, dass etwa 12-24 % der Patienten durchweg non-adhärent sind, während lediglich 30-35 % eine konsistente Adhärenz aufweisen. Dies deutet auf eine suboptimale Adhärenz bei Patienten mit RA hin (1).
Suboptimale Adhärenz in der Therapie mit Methotrexat
Mehr als 18 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), die erstmalig Methotrexat (MTX) als Basistherapeutikum verordnet bekommen haben, setzten das Medikament im ersten Jahr nach Behandlungsbeginn ab, weitere rund 20 % der Patienten führten die MTX- Therapie nicht wie verordnet fort. Das belegt eine aktuelle Analyse von Daten einer deutschen Krankenversicherung von mehreren Tausend RA-Patienten aus den Jahren 2010-2013, die erstmals beim diesjährigen Kongress der European League Against Rheumatism (EULAR) veröffentlicht wurde (3).
Wie Prof. Dr. Thomas Wilke, geschäftsführender Direktor des Instituts für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik (IPAM) der Hochschule Wismar und Studienleiter dieser Krankenkassenanalyse, erläuterte, waren Studiendaten zur Adhärenz und Persistenz von MTX basierend auf einem großen „real-life“ RA-Patientenkollektiv in Deutschland bislang nicht verfügbar. Die vom IPAM durchgeführte Auswertung untersuchte sowohl die Zeit von Beginn bis zum Absetzen einer MTX-Therapie (Non- Persistenz) bei 1.211 RA-Patienten, die erstmals eine MTX-Behandlung (MTX-naiv, oral oder parenteral) verordnet bekamen, als auch das Ausmaß der MTX-Non-Adhärenz bei 7.146 RA-Patienten. Non-Persistenz war definiert als Therapielücke von mehr als 12 oder 24 Wochen, Non-Adhärenz als durchschnittliche Medikamentenverfügbarkeit (Medication Possession Ratio, MPR) von unter 80 % (3).
Hohe Non-Adhärenz und Non-Persistenz im ersten Behandlungsjahr
„Fast ein Fünftel der RA-Patienten, die erstmals Methotrexat (MTX) verordnet bekamen, brachen die Therapie im ersten Jahr nach Behandlungsbeginn ab, ein weiteres Fünftel führte diese nur unregelmäßig fort“, fasste Wilke die Kernergebnisse der Analyse zusammen. Demnach beträgt die Non-Persistenz (> 12 Wochen) 18,6 % und die Non-Adhärenz 19,3 % (MPR < 80 %) bei neu diagnostizierten RA-Patienten im ersten Jahr nach Verordnung des Medikaments (3). Je nach MTX-Applikationsform und Kombinationsregime stiegen die Non-Adhärenzraten teils noch an: Beispielsweise war bei knapp jedem vierten RA-Patienten (24,2 %), der MTX in Kombination mit Biologika erhielt, eine MTX-Non-Adhärenz festzustellen (3).
Zwar untersuchte die Analyse nicht die Ursachen der Non-Adhärenz, doch könne dieser Befund laut den Erfahrungen von Prof. Dr. Klaus Krüger, Praxiszentrum St. Bonifatius, München, mit der Wahrnehmung von MTX seitens des Patienten zu tun haben: „Bei der Kombination von MTX mit einem Biologikum können Patienten den Eindruck gewinnen, dass das Biologikum das ‚starke‘ Medikament ist und dass MTX zwar weiterhin eingenommen werden soll, aber nicht wirklich wirksam ist.“ Bekannt ist zudem, dass komplexe Therapieregime und häufige Dosismodifikationen die Therapietreue negativ beeinflussen können (1).
MTX-Non-Persistenz: Therapielücken führen oftmals zum Therapieabbruch
Im zwölfmonatigen Beobachtungszeitraum nach einer MTX-Non-Persistenz machte man in der Analyse eine überraschende Entdeckung, wie Wilke erklärte: „Zwischen 22,5 % und 65 % der Patienten mit einer Therapielücke von mehr als 12 oder 24 Wochen erhielten im darauffolgenden Jahr keinerlei rheumatologische Basistherapeutika“ (3). Angesichts der negativen klinischen Konsequenzen einer ungehinderten Krankheitsprogression stimme dieses Ergebnis bedenklich und sei nicht mit den Therapieleitlinien für die RA vereinbar, mahnte Krüger.
Dass schlechte Persistenz und Adhärenz den Behandlungserfolg beeinträchtigen bzw. zu einer unzureichenden Krankheitskontrolle führen können, zeigten bereits frühere Daten: Bei Patienten mit mangelnder Adhärenz und Persistenz ist häufiger ein erheblicher Anstieg der Krankheitsaktivität (4) (Flares) zu beobachten, und auch die radiologische Progression (Sharp van der Heide Score) ist höher als bei adhärenten Patienten (5).
Therapieumstellung als Option bei Methotrexat-Non-Adhärenz
Als Fazit für die Praxis empfiehlt Krüger, eine unzureichende Adhärenz bei der Behandlung von RA-Patienten stets einzukalkulieren: „Aufgrund der vielfältigen Ursachen ist es für uns als behandelnde Rheumatologen äußerst schwierig, Non-Adhärenz zu erkennen. Zudem sprechen viele Patienten aus unterschiedlichen Motiven das Thema Non-Adhärenz ihrem Arzt gegenüber nicht von sich aus an.“
Daher bedarf es nach Abklärung der individuellen Ursachen einer Methotrexat (MTX)-Non-Adhärenz bzw. -Non-Persistenz einer patientengerechten Therapielösung, die vom Patienten akzeptiert wird. So kann beispielsweise eine Umstellung auf ein einfacheres Therapieregime mit geringerer Dosierungshäufigkeit und Verzicht auf Methotrexat (MTX) eine Option bei MTX-Non-Adhärenz sein. Bei entsprechender Indikation kann auch ein Biologikum als Monotherapie verabreicht werden, wobei der Zulassungsstatus sowie die jeweiligen Monotherapie-Wirksamkeitsdaten des Biologikums zu beachten sind.
Adhärenz und Persistenz – eine Definition
Für die Beschreibung der Therapietreue existieren mehrere Termini. Der heute gängige Begriff Adhärenz beschreibt einen breit gefächerten Sachverhalt. Definiert ist dieser als das Ausmaß, inwieweit sich der Patient an die verschriebene Dosierung und das vorgesehene Intervall einer medikamentösen Therapie hält (6). Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, die einen Einfluss auf das Verhalten des Patienten haben (1, 7).
Die Adhärenz wird angegeben als prozentualer Anteil der tatsächlich eingenommenen Dosierung gegenüber der verordneten Dosierung über eine definierte Zeitspanne. Für retrospektive Analysen dient die durchschnittliche Medikamentenverfügbarkeit (Medication Possession Ratio, MPR) als Adhärenz-Maß. Die MPR beschreibt das Verhältnis der Tage mit verfügbarem Medikament zum Betrachtungszeitraum.
Ein weiterer Begriff in der Adhärenzuntersuchung ist die Persistenz. Sie beschreibt die Länge der Zeit vom Beginn bis zum Absetzen einer Therapie (6).
Als eher veraltet gilt heutzutage der Begriff Compliance. Er bezeichnet lediglich, ob der Patient den Anweisungen des Arztes Folge leistet und schreibt damit dem Patienten eine untergeordnete Rolle zu. Weitere Einflussfaktoren auf das Therapieverhalten werden nicht berücksichtigt (8).
Literatur
- van den Bemt BJ, Zwikker HE, van den Ende CH, Expert Rev Clin Immunol 2012; 8: 337-351
- Grijalva CG et al., Med Care 2007; 45 (S2): S66-76
- Mueller S et al. Poster FRI0148 EULAR 2015
- Contreras-Yánez et al. AJMS 2010; 340: 282-290
- Weimann CA et al., Arthritis Rheum 2013; 65: 1421-1429
- Cramer JA et al., Value Health 2008; 11: 44-47
- World Health Organization 2003. Adherence to long term therapies. Verfügbar unter: http://whqlibdoc.who.int/publications/2003/9241545992.pdf (Letzter Zugriff: 06.07.2015)
- Salt E, Frazier SK, Orthop Nurs 2010; 29: 260-275
Quelle:
Pressegespräch: Non-Adhärenz bei rheumatoider Arthritis: Implikationen für Arzt, Patient und Therapie; Frankfurt , 21. Juli 2015, Veranstalter Rhoche Pharma AG und Chugai Pharma Marketing Ltd.
Referate:
- Herausforderung Therapietreue bei RA: Aktuelle Daten zur MTX-Adhärenz in Deutschland
Professor Dr. Thomas Wilke, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik (IPAM), Wismar - Non-Adhärenz bei RA in der Praxis: Ursachen, Folgen, Lösungen
Professor Dr. Klaus Krüger, Leiter des Praxiszentrums Internistische Rheumatologie St. Bonifatius, München
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