Reptilien werden häufig deshalb als Haustiere gewählt, wenn in der Familie ein Allergierisiko besteht und Hund, Katze oder Meerschweinchen vermieden werden sollen. Forschende des Messerli Forschungsinstitutes haben jedoch vor kurzem einen Fall beschrieben, der aufhorchen lässt. Ein Achtjähriger entwickelte vier Monate nach der Anschaffung einer Bartagame nächtliche Anfälle von schwerer Atemnot.
Ursache für die starke allergische Reaktion war jedoch nicht die Echse selbst, sondern das Futter für das Tier. Heuschrecken, mit denen das Tier regelmäßig gefüttert wurde, entpuppten sich als Allergen-Quelle.
Die Erstautorin Erika Jensen-Jarolim spricht von der Spitze eines Eisberges. „Selbst allergologisch bewandte KollegInnen könnten Insekten für die Reptilienfütterung als Ursache solcher allergischer Reaktionen übersehen. Heuschrecken als Allergenquelle im Heimbereich sind bisher noch zu wenig bekannt. Allerdings wissen wir von Fällen, in denen Fischfutter Allergien auslöst. In Fischfutter sind auch häufig Insekten verarbeitet.“
Heuschrecken-Enzyme als Allergene identifiziert
Die Ursache der allergischen Reaktion bei dem Achtjährigen Wiener wurde längere Zeit nicht entdeckt. Bei einer ersten Diagnose wurde auf Pseudokrupp, eine Infektion der Atemwege, und starke Asthmaanfälle getippt. Die Allergologin Jensen-Jarolim und ihr Team zogen auch eine Haustierallergie in Betracht und testeten unter anderem das Reptilienfutter, die Heuschrecken. Ein Allergietest (Prick-Test) und ein Nachweis spezifischer IgE Antikörper brachte schließlich Gewissheit: Heuschrecken-Allergene waren Auslöser der allergischen Reaktion bei dem Kind.
„Wir waren mitten in einer Studie zur Untersuchung von Allergenquellen in Zoohandlungen. So sind wir durch Zufall auf das Futter der Reptilien gestoßen“, erklärt Jensen-Jarolim.
Nachhaltig allergisch
Das Reptil wurde auf Anraten von Jensen-Jarolim sofort aus dem Haushalt des Achtjährigen entfernt. Die Symptome legten sich daraufhin. Nach vier Jahren setzte sich das Kind durch Zufall erneut dem Allergen aus, und reagierte auch noch nach vier Jahren mit einer allergisch asthmatischen Reaktion.
Neue Verhaltensweisen im Umgang mit Reptilien
„Zunehmend bemerkt man, dass sich die Einstellung gegenüber Reptilien von der Hobbyhaltung und biologischem Interesse zu einer Mensch-Tier-Beziehung mit emotioneller Komponente verändert. Die Anzahl von Reptilien und zugehörigen Futtertieren in Haushalten kann nur geschätzt werden und die Dunkelziffer ist hoch“, meint Jensen-Jarolim. Sie empfiehlt daher, das Reptilien-Futter außerhalb der Wohnung aufzubewahren. Die Reptilien selbst sollten außerdem nicht in Wohnräumen gehalten werden, da unverdaute Insekten über die Ausscheidungen der Reptilien ins Terrarium gelangen. So könnte es über Einatmung dieser aggressiven Allergene zur Entstehung von Allergien in Form von Asthma oder entzündlichen Hautveränderungen kommen.
„Das Thema der Heuschrecken-Allergie ist bis dato fast gänzlich unbekannt. Wir möchten mit unserer Publikation die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren. Es geht uns insbesondere um TierhalterInnen, um Angestelle in Zoofachhandlungen aber auch um ÄrztInnen und Ärzte, die eine Frage nach Reptilienhaltung und zugehörigen Futtertieren routinemäßig in ihr Allergie-Diagnosegespräch aufnehmen sollten“, betont Jensen-Jarolim.
Service:
Der Artikel „Caution: Reptile pets shuttle grasshopper allergy and asthma into homes”von Erika Jensen-Jarolim, Isabella Pali-Schöll, Sebastian A.F. Jensen, Bruno Robibaro und Tamar Kinaciyan wurde im World Allergy Organization Journal veröffentlicht. DOI 10.1186/s40413-015-0072-1
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
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Prof. Erika Jensen-Jarolim
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