Sigmund Freud war es verwehrt: Zu seiner Zeit begann es, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten außeruniversitär ausgebildet wurden. Nun soll die Psychotherapie-Ausbildung durch ein neues Gesetz des Gesundheitsministeriums in das Universitätsstudium der Psychologie integriert werden. „Durch die universitäre Ausbildung wird endlich die Gleichstellung zu den anderen selbständigen akademischen Heilberufen wie Medizin oder Tiermedizin erreicht“, sagte DGPs-Präsidentin Birgit Spinath bei einer Podiumsdiskussion zur Gesetzesreform, die am 31. Mai 2019 im Rahmen des Fachkongresses der Klinischen Psychologie und Psychotherapie in Erlangen stattfand. „Für die akademische Psychologie ist diese Umstellung sicherlich eine große Herausforderung. Aber durch die universitären Strukturen der Psychologie wird sichergestellt, dass eine evidenzbasierte und auf bestem wissenschaftlichem Wissen orientierte Ausbildung in Psychotherapie erfolgt“, erklärte Spinath. „Wir werden die Umstellung schaffen, wenn die Finanzierung stimmt. Unsere über 50 Universitätsinstitute können zum Wintersemester 2020 die entsprechenden Bachelor-Studiengänge anbieten.“
Vertreterinnen und Vertreter der Klinischen Psychologie und Psychotherapie widersprechen klar der auf dem Ärztetag geäußerten Kritik des scheidenden Präsidenten der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Dieser hatte eine angeblich ungenügende Ausbildungsqualität im Gesetzesvorschlag kritisiert und meinte, dass Freud sich im Grabe umdrehen würde, wenn er diese Entwicklungen mitbekäme. „Schon heute bereitet das Psychologiestudium fokussierter und auf hohem Qualitätsniveau auf die Psychotherapie vor – anders als ein übliches Medizin-Studium dies tut“, sagt Silvia Schneider, Sprecherin der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie. „Es hat den Anschein, als würde die von Montgomery geäußerte polemisierende Kritik allein der berufspolitischen Abgrenzung einer ärztlichen Vormachtstellung dienen, anstatt das Wohl psychisch Erkrankter in den Vordergrund zu stellen. Wenn sich also laut Montgomery Sigmund Freud nun im Grabe umdrehen sollte, dann vermutlich, um sich für einen der neuen Studienplätze in der Psychologie zu bewerben.“
Bisher müssen Psychologinnen und Psychologen nach Abschluss des Studiums eine postgraduale Ausbildung durchlaufen, die oftmals mit prekären Ausbeutungssituationen in Kliniken einhergeht. Zukünftig soll ein polyvalentes Psychologiestudium im Bachelor und ein Master mit dem Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie direkt auf die Approbationsprüfung vorbereiten. Der Erwerb der spezifischen Fachkunde erfolgt im Anschluss in einer Weiterbildungszeit, in der die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im Gegensatz zu jetzt ein reguläres Gehalt erhalten. Eine weitere Neuerung: bereits im Studium werden zahlreiche praktische Kompetenzen erworben, die auf die zukünftige Berufstätigkeit vorbereiten. „An den Universitäten findet die notwendige Grundlagen- und Psychotherapieforschung statt. Durch die Psychotherapie-Ambulanzen, die schon jetzt an die psychologischen Institute angegliedert sind, werden die entsprechenden Praxiselemente in das Studium integriert“, erklärt Winfried Rief, Vorsitzender der Kommission Psychologie und Psychotherapieausbildung. „Eine Ausbildung auf dieser Basis ist die wichtigste Voraussetzung für eine optimale Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Dafür müssen allerdings die Finanzierungsbedingungen für die Studiengänge und ganz besonders für die ambulante Weiterbildungszeit im jetzigen Gesetzentwurf unmissverständlich geregelt werden“, fordert Rief.
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