Gleich zwei Frauen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sind heute mit dem Wissenschaftspreis 2015 des Landes Niedersachsen geehrt worden. Die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajic, überreichte den mit 25.000 Euro dotierten Preis als herausragende Wissenschaftlerin einer Universität an Professorin Emmanuelle Charpentier. In der Rubrik Studierende wurde Medizinstudentin Jenny Lam für ihr gesellschaftliches Engagement mit einem Preisgeld von 2.500 Euro ausgezeichnet. Insgesamt ehrte die Ministerin 16 Persönlichkeiten aus niedersächsischen Hochschulen. „Die Auswahl der diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger zeigt, wie vielfältig und innovativ die niedersächsische Hochschullandschaft ist“, sagte die Wissenschaftsministerin.
Emmanuelle Charpentier, noch bis Jahresende MHH-Professorin, wurde für die Entwicklung der CRISPR/Cas9-Methode ausgezeichnet. Sie hat die universal einsetzbare Technologie zur punktgenauen Bearbeitung von Genomen entdeckt und weiterentwickelt. „Diese Entdeckung hat innerhalb kürzester Zeit weltweit zu bedeutenden Fortschritten in der Grundlagenforschung ebenso wie in der angewandten Therapieentwicklung geführt“, betonte MHH-Präsident Professor Dr. Christopher Baum und gratulierte der Preisträgerin.
Schon eine leicht veränderte Zusammensetzung eines Gens kann dazu führen, dass für den Körper lebenswichtige Proteine ihre eigentliche Funktion verlieren und schwerwiegende Krankheiten entstehen –von Erbkrankheiten wie Mukoviszidose bis hin zu Krebs. Eine vielversprechende Lösung zur Behandlung solcher Krankheiten ist das CRISPR-Cas9-System, dieses Werkzeug ermöglicht die zielgerichtete Abschaltung oder auch Korrektur fehlerhafter Gene. „Das Potenzial dieser Entdeckung ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft“, ist sich Professor Baum sicher. CRISPR-Cas9 wird heute sowohl als Werkzeug in der Forschung als auch in der Entwicklung neuartiger therapeutischer Ansätze für Menschen mit schwerwiegenden Krankheiten verwendet.
Die vielfach ausgezeichnete Mikrobiologin Emmanuelle Charpentier stammt aus Frankreich und hat in den USA und Österreich gearbeitet, bevor sie diese Technologie an der Universität von Umeå in Schweden entwickelte. Seit 2013 ist sie Humboldt-Professorin an der MHH und forschte bis zum 30. September am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig. Seit dem 1. Oktober ist Emmanuelle Charpentier als Direktorin am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie tätig. Bis 31. Dezember 2015 hat sie eine Professur an der MHH inne, ab 1. Januar 2016 an der Charité in Berlin.
Wissenschaftspreis Niedersachsen 2015 im Bereich Studium
Für ihre Studienleistungen und ihr außerordentliches Engagement in der Flüchtlingshilfe, in der Betreuung ausländischer Medizinstudierender sowie als Tutorin im Studium hat Jenny Lam (22) den Wissenschaftspreis Niedersachsen2015 in der Rubrik Studierende erhalten. Jenny Lam studiert an der MHH im 4. Studienjahr Medizin und gehört zu den zehn Besten ihres Jahrgangs. Im Studium engagiert sie sich als Tutorin im Kurs für Mikroskopische Anatomie und im Physiologie-Praktikum sowie als Betreuerin ausländischer Studierender, die an der MHH studieren oder eine Famulatur machen. Dazu ist sie bei der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) aktiv.
Außerhalb der Hochschule nimmt die MHH-Studierende am „Pat_innen-Projekt“ des Flüchtlingsrats Niedersachsen teil und unterstützt den Flüchtling Ayman Isaaq (25) aus dem Südsudan bei Behördengängen, dem Ausfüllen von Dokumenten und bei der Arbeitssuche. Zuvor hatte sie eineinhalb Jahre lang bei der Medizinischen Flüchtlingshilfe Hannover e.V. geholfen, Menschen ohne Aufenthalts- und Krankenversicherungsstatus unbürokratisch Zugang zu notwendiger medizinischer Hilfe zu verschaffen.
Ihre eigene Familiengeschichte hat Jenny Lam dazu motiviert, sich für Flüchtlinge einzusetzen. Ihr Vater kam vor 30 Jahren als Flüchtling aus Vietnam nach Deutschland und hat hier viel Unterstützung erfahren. Wenn sich Jenny Lam von ihrem anstrengenden Studium erholen möchte und nicht ehrenamtlich tätig ist, spielt sie im Jungen Sinfonieorchester Hannover e.V. Mit der MHH-Studentin wurden noch acht weitere Studierende aus Niedersachsen für ihr Engagement geehrt.