Präeklampsie Indikatoren – Status in Diagnostik und Therapie

Wie wird eine Präklamsie diagnostiziert, welche Indikatoren gibt es und wie wird sie behandelt?

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Präeklampsie – Biomarker sFlt-1 und PlGF ermöglichen Risikobestimmung bei Schwangeren

Die Präeklampsie gehört zu den schwangerschaftsbedingten Bluthochdruckerkrankungen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Präeklampsie durch eine plazentare Fehlfunktion entsteht, die mit den beiden Angiogenese-Faktoren PlGF (Placental Growth Factor) und sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine kinase-1) zusammenhängen. Durch die Bestimmung des Quotienten der beiden Werte „PlGF“ und „sFlt-1“ läßt sich die Präeklampsie bei den meisten Betroffenen von anderen Bluthochdruckerkrankungen während der Schwangerschaft abgrenzen.  Frühzeitig können geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Verschlechtert sich der Zustand der werdenden Mutter bei Präeklampsie deutlich, muss das ungeborene Kind umgehend entbunden werden, da eine kausale Therapie fehlt. Erkrankte Mütter sollten daher kontinuierlich betreut und überwacht werden.

Präeklampsie und HELLP-Syndrom – Bluthochdruck und Proteinurieführen zu Schwangerschaftskomplikationen

Eine Präeklampsie und ein HELLP-Syndrom können bei bis zu 8 % aller Schwangerschaften auftreten. Diese Schwangerschaftskomplikationen sind nach wie vor eine Hauptursache für Erkrankungen und Todesfälle bei Mutter und Kind.2 Laut einem offiziellen Bericht des britischen Centre for Maternal and Child Enquiries (CMACE 2011) ist die Präeklampsie die zweithäufigste direkte Todesursache bei Schwangeren und war im Zeitraum von 2006-2008 für rund 18 % aller mütterlichen Todesfälle während der Schwangerschaft verantwortlich.3 Einen enormen klinischen Nutzen könnte ein Serumtest bieten, mit dem sich die drohende Notwendigkeit der Geburtseinleitung vorhersagen lässt. Das ermöglicht eine gezielte perinatale Betreuung.

Die Präeklampsie weist als Leitsymptome eine Hypertonie (> 140/90 mm Hg) und eine Proteinurie (> 300 mg/24 h) auf, macht sich mit Unwohlsein, Augenflimmern und Kopfschmerzen bemerkbar und kann nach der 20. Schwangerschaftswoche auftreten. Wasser lagert sich im Gewebe ein, der Blutdruck steigt; in schweren Fällen drohen Nieren und Leber zu versagen. Daher handelt es sich bei Präeklampsie um eine Bluthochdruckerkrankung. Die Krankheit wird auch als Toxikose, EPH (Edema = Ödem, Proteinurie = Eiweißausscheidung im Urin, Hypertonie = Bluthochdruck)-Gestose  oder Schwangerschaftsvergiftung bezeichnet.

Präeklampsie kann sich zur Eklampsie oder HELLP-Syndrom entwickeln

Die Präeklampsie kann sich zu einer Eklampsie entwickeln, die mit schweren Krampfanfällen verbunden ist und das Leben von Mutter und Kind akut bedroht. Eine zweite akute und lebensbedrohliche Komplikation der Präeklampsie ist das „HELLP-Syndrom“ (Hämolyse, Elevated Liver Enzymes, Low Platelets). Dabei zerfallen rote Blutkörperchen (Hämolyse), die Anzahl der Blutplättchen sinkt und die Blutgerinnung ist beeinträchtigt. Die Folgen können Nieren- und Leberversagen, innere Blutungen und ein plötzliches Ablösen des Mutterkuchens (Plazenta) sein. Auch ohne diese schwerwiegenden Folgen gefährdet die Präeklampsie die normale Entwicklung des Kindes im Mutterleib.

Bei der Entwicklung der plazentaren Blutgefäße spielen zwei Wachstumsfaktoren eine entscheidende Rolle. Während der Pro-Angiogenese-Faktor PlGF die Gefäßbildung stimuliert, unterdrückt sie der Anti-Angiogenese-Faktor sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine-kinase-1). Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass eine Fehlfunktion der Plazenta die Bildung dieser Substanzen verändert. So weisen Schwangere mit einer Präeklampsie deutlich niedrigere PlGF- und erhöhte sFlt-1-Konzentrationen im Serum auf.

Plazentare Fehlfunktion Ursache der Präeklampsie

Prof. Dr. Holger Stepan, Leiter der Abteilung Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Leipzig, erläutert anläßlich des DGPGM 2012 in Bonn auf dem Satelliten Symposium „Präeklampsie – State oft he Art“ die Ursachen der Präeklampsie. Demnach gehen Wissenschaftler nach derzeitigem Wissensstand davon aus, dass die Präeklampsie durch eine plazentare Fehlfunktion entsteht, die mit den beiden Angiogenese-Faktoren PlGF (Placental Growth Factor) und sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine kinase-1) zusammenhängen. Diese steuern das Wachstum (PlGF) beziehungsweise die Rückbildung (sFlt-1) der während der Schwangerschaft zur Versorgung des Fötus benötigten Blutgefäße. Bei Frauen mit Präeklampsie werden erniedrigte PlGF-Konzentrationen und erhöhte sFlt-1-Werte gemessen.

Der Versuch, genetische Dispositionen als Ursache der Präeklampsie zu finden, gelang bisher nicht. Auch wenn weltweit in den Labors immer wieder neue Ansätze untersucht werden, konnten bisher keine genetischen Ursachen für die Plazentare Fehlfunktion definiert werden. Dementsprechend sind auch keine genetischen Tests bekannt, mit denen die Risiken der Präeklampsie erfaßt werden können. Auch in naher Zukunft rechnet hierzu Prof. Dr. med. Tom Lindner, Leiter der Klinik und Poliklinik für Endokrinologie und Nephrologie, Bereich Nephrologie am Universitätsklinikum Leipzig nicht mit neuen Ergebnissen.

Biomarker sFlt-1 und PlGF als prognostische Indikatoren für Präeklampsie

Eine Studie, publiziert im American Journal of Obstetrics and Gynecology1, zeigt einen hohen Quotienten der Biomarker sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine kinase-1) und PlGF (placental growth factor) als möglichen prognostischen Indikator für  Patientinnen mit Präeklampsie (PE) bzw. HELLP-Syndrom. Durch die Identifizierung von Frauen mit Präeklampsie, bei denen eine Frühgeburt bevorsteht, kann der Marker dazu beitragen, eine bessere gezielte Risikostratifizierung und schnelle klinische Behandlung sicherzustellen. Verschlechtert sich der Zustand der werdenden Mutter bei Präeklampsie deutlich, muss das ungeborene Kind umgehend entbunden werden, da eine kausale Therapie fehlt. Erkrankte Mütter sollten daher kontinuierlich betreut und überwacht werden.

sFlt-1/PlGF-Quotient definiert Risiko für bevorstehende Geburt

Eine Verlaufsbeobachtung (1) von 69 Schwangeren mit Präeklampsie vor der 34. Schwangerschaftswoche ermittelte den Zusammenhang zwischen dem Quotienten von sFlt-1/PlGF und dem Risiko für eine bevorstehende Geburt in den nächsten Tagen. Von den Frauen mit einem sFlt-1/PlGF-Quotienten über dem dritten Quartil waren nach 48 Stunden nur noch 29,4 % schwanger im Vergleich zu 50 % in der Gruppe mit Werten unterhalb des dritten Quartils. Nach 7 Tagen waren es nur noch 5,9 % im Vergleich zu 30,8 % in der Gruppe mit Werten unterhalb des dritten Quartils.

sFlt-1/PIGF-Quotienten – Unterschiede zwischen Präeklampsie und anderen Hochdruckerkrankungen

Die Studie (1) zeigt außerdem, dass die Bestimmung des sFlt-1/PIGF-Quotienten helfen kann, zwischen Präeklampsie und anderen Hochdruckerkrankungen in der Schwangerschaft zu unterscheiden. Frauen mit Präeklampsie oder HELLP-Syndrom hatten signifikant höhere sFlt‑1/PIGF-Quotienten als Frauen mit Schwangerschaftshypertonie, chronischerHypertonie oder keiner Hochdruckerkrankung (jeweils p<0,001).

Das Forscherteam korrelierte die sFlt‑1/PIGF-Quotienten auf einem vollautomatisierten cobas® Immunoassay-System von Roche mit einem wahren Maß für die Schwere der Erkrankung. Das unterstreicht die hohe Sensitivität und Spezifität des Tests. Die Diagnose der Präeklampsie bzw. des HELLP-Syndroms und die Bestimmung des Schweregrades der Erkrankung sowie des damit einhergehenden Risikos kann mit dem bisher üblichen Vorgehen (Proteinuriebestimmung und Blutdruckmessung) schwierig sein, da diese Symptome nicht immer mit der zugrundeliegenden Erkrankung korrelieren.

Quellen

  • (1) Verlohren S, Herraiz I, Lapaire O, et al. The sFlt-1/PlGF ratio in different types of hypertensive pregnancy disorders and its prognostic potential in preeclamptic patients. Am J ObstetGynecol 2011;205:1.e1-1.e8.
  • (2) Duley L. The global impact of pre-eclampsia and eclampsia. SeminPerinatol.
    2009 Jun;33(3):130-7.
  • (3) UKCentre for Maternal and Child Enquiries (CMACE). Saving Mothers‘ Lives: reviewing maternal deaths to make motherhood safer: 2006-08. The Eighth Report on Confidential Enquiries into Maternal Deaths in the United Kingdom. BJOG 2011;118(Suppl. 1):1-203. http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1471-0528.2010.02847.x/pdf accessed 19 September 2011.
  • DGPGM 2012
    11.05.2012, Bonn
    Satelliten-Symposium: Präeklampsie – State of the Art
    Vorsitz: H. Stepan

    • Angiogene Faktoren in Früherkennung und Prognose
      S. Verlohren
    • Genetik der Präeklampsie – gibt es sinnvolle Tests?
      T. Lindner
    • Betreuung und Therapie – State oft he Art
      H. Zeisler

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