Das Pankreaskarzinom gehört zu den besonders schwer therapierbaren Krebsarten. Auch nach Resektion, Bestrahlung und nachfolgender Chemotherapie läßt sich dieser Krebs bisher bei nur 10 % der Patienten aufhalten. Erfolge zur Verlängerung der Überlebenszeit durch die Kombination von Resektion und Chemotherapie konnten durch die Ergänzung der Therapie mit dem kleinen Molekül (small molecule) Erlotinib weiter deutlich gesteigert werden. Als Nebenwirkung der Erlotinib-Therapie tritt bei rund zwei Drittel der Patienten ein Hautausschlag (Rash) auf. Ein gutes Zeichen für die Pankreaskarzinom-Patienten, das sich in der Regel innerhalb der ersten vier bis acht Behandlungswochen zeigt. Bei Rash handelt es sich dehalb um ein gutes Zeichen, weil bisher in vier Studien gezeigt werden konnte, dass Rash als ein frühes Signal für die Wirksamkeit des „small molecules“ Erlotinib, einem oralen Tyrosinkinase-Inhibitor, in der Therapie des Pankreaskarzinoms gewertet werden kann.
Erlotinib verbessert in Kombination mit Gemcitabin die Überlebenszeit bestimmter Pankreaskarzinompatienten
Seit 2007 ist Erlotinib der erste und bisher einzige zugelassene Kombinationspartner für Gemcitabin in der Behandlung des metastasierten Pankreaskarzinoms. Die Zulassungsstudie hat gezeigt, dass diese Kombination die Überlebenszeit der Patienten signifikant verbessern kann [1]. Prof. Dr. Michael Geißler, Essligen, und Prof. Dr. Volker Heinemann, München, präsentierten die Erkenntnisse aus fünf Jahren Kombinationstherapie und gaben einen Ausblick zum zukünftigen Stellenwert von Erlotinib.
Erlotinib in der S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“
Erlotinib in Kombination mit Gemcitabin ist Standard in der First-Line-Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms und wird aufgrund der Wirksamkeit in der S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ mit Empfehlungsgrad A (Evidenzstärke 1, Konsens) empfohlen [2]. Bereits in der Zulassungsstudie PA.3 konnte der signifikante Überlebensvorteil der Kombinationstherapie aus Erlotinib – einem Inhibitor des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR-Inhibitor, EGFRI) – und Gemcitabin gezeigt werden. Der zusätzliche Einsatz des EGFRIs verbesserte, bei guter Verträglichkeit und Lebensqualität, die 1-Jahres-Überlebensrate der Patienten von 17 % im Kontrollarm auf 23 % (p = 0,023). Dabei wurde das Progressionsrisiko signifikant um fast ein Viertel reduziert (HR 0,77; p = 0,004) [1]. „Erlotinib ist prinzipiell für jeden Patienten geeignet, der auch für eine Gemcitabin-Monotherapie infrage kommt“, erläuterte Prof. Geißler. Dabei habe der orale Tyrosinkinasehemmer ein gutes Sicherheitsprofil: „Die Zulassungsstudie zeigte, dass die Hämatotoxizität und die hepatischen Nebenwirkungen von Gemcitabin durch Erlotinib nicht verstärkt wurden“, so Prof. Geißler weiter.
Prof. Dr. Volker Heinemann (links), München, und Prof. Dr. Michael Geißler, Essligen, präsentierten Erkenntnisse aus fünf Jahren Kombinationstherapie Erlotinib + Gemcitabin beim metastasierten Pankreaskarzinom und gaben einen Ausblick zum zukünftigen Stellenwert von Erlotinib. Ulla Satzger, Grenzach-Wyhlen, leitete die Veranstaltung der Roche Pharma AG. (Foto: MEDIZIN ASPEKTE J. Wolff)
Schneller Wirksamkeitsnachweis durch Hautausschlag (Rash)
Der durch die Zugabe des oralen Tyrosinkinase-Inhibitors auftretende Rash, den rund zwei Drittel der Patienten in der Regel innerhalb der ersten vier bis acht Behandlungswochen entwickeln, ist dabei ein wichtiger Indikator für die Wirksamkeit der Therapie. Vier voneinander unabhängige Studien – davon drei große Phase-III-Studien – belegen diesen Zusammenhang [1, 2-5]. Patienten, die ein akneiformes Exanthem entwickelten, profitierten von einem signifikant längeren medianen Überleben. Diese positive Korrelation wurde bereits zur Zulassung gezeigt: Das mediane Gesamtüberleben verdoppelte sich bei Patienten, die einen Hautausschlag Grad > 1 entwickelten, von 5,3 auf 10,5 Monate (p < 0,001). Die 1-Jahres-Überlebensrate verdreifachte sich nahezu gegenüber jenen Patienten ohne Rash (43 % vs. 16 %; p < 0,001) [1]. Das papulopustulöse Exanthem ist insgesamt gut behandelbar.
Erlotinib beim Pankreaskarzinom: Die Forschung geht weiter
Die optimale Behandlung von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs wird durch weitere Forschung gesichert: Die internationale Phase-II-Studie RACHEL untersucht die bestmögliche Dosierung zur Steigerung des Gesamtüberlebens. Dabei wird die Erlotinib-Dosis bei jedem Patienten individuell bis zu einer Maximaldosis von 250 mg solange erhöht, bis ein Hautausschlag auftritt. Ergebnisse der Studie sind im Sommer 2012 zu erwarten. Die prospektiv, randomisierte Phase-III-Studie CONKO-005 untersucht, ob bei der adjuvanten Therapie von Patienten mit R0-reseziertem Adenokarzinom durch Zugabe von Erlotinib zu Gemcitabin eine Verbesserung des rezidivfreien Überlebens erreicht wird. „Für Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom gab es in den letzten fünfzehn Jahren außer Erlotinib im Umfeld der zugelassenen Substanzen keinen anderen Fortschritt. Aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass der Wirkstoff auch weiterhin von großer Bedeutung sein wird“, fasste Prof. Heinemann zusammen.
Quellen:
- Moore M et al., J Clin Oncol 2007; 25: 1960-1966
- Adler G et al., Z Gastroenterol 2007; 45: 487-523: S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“
- Boeck S et al., J Clin Oncol 2010; 28, 18s: Abstract LBA 4011 und Vortrag ASCO 2010
- Van Cutsem E et al., ASCO GI 2009, Abstract 117, Vortrag und Poster
- Aranda E et al., Ann Oncol 2011; epub