Organtransplantation via Tropf

Es bedarf keines Chirurgen, um Blutstammzellen zu transplantieren – doch bedeutet die intravenöse Gabe gesunder, aus dem Knochenmark oder dem peripheren Blut gewonnener Stammzellen die Verpflanzung eines lebenswichtigen Organs der Blutbildung und des Immunsystems – und für die Patienten oftmals die einzige Heilungschance. Im Arbeitsbereich Stammzelltransplantation, der zur Abteilung für Hämatologie und Onkologie der Klinik für Innere Medizin II am UKJ gehört, wurde jetzt die 1000. Stammzelltransplantation seit Beginn des Transplantationsprogrammes erfolgreich vorgenommen. „Je nach Art der Erkrankung können wir durch eine Stammzelltransplantation bis zu 70% unserer Patienten heilen“, so der Leiter des Arbeitsbereiches PD Dr. Herbert Sayer.

Dabei unterscheiden die Hämatologen autologe und allogene Stammzellen, je nach dem, ob sie vom Patienten selbst vor einer aggressiven Chemo- oder Strahlentherapie, oder von einem Spender stammen. Entweder sind die Spender Geschwister der Patienten mit passenden Gewebemerkmalen oder aber freiwillige anonyme Spender aus Spenderegistern. Durch die Vernetzung von zentralen nationalen Stammzellspenderdateien in ganz Europa und weltweit lassen sich inzwischen in fast 90% der Fälle passende Spender finden. Die Blutstammzellen werden nach einer Vorbehandlung ähnlich einer Blutspende aus dem Blut über eine Zellseparationsmaschine gewonnen, nur bei ca. 5% der Spender werden sie direkt dem Knochenmark entnommen. Stammzellen aus Nabelschnurblut spielen bei erwachsenen Patienten in Deutschland noch kaum eine Rolle.

Die Transplantation der gesunden Stammzellen erfolgt in der Regel nach einer belastenden Chemo- oder Strahlentherapie, die die Krebserkrankung des Blutsystems bekämpft. „Inzwischen lässt sich diese Vorbehandlung schonender gestalten, so dass wir auch ältere Patienten transplantieren können“, so Herbert Sayer. Etwa 35 allogene und 50-60 autologe Stammzelltransplantationen werden am Jenaer Universitätsklinikum, dem einzigen spezialisierten Zentrum in Thüringen, jährlich durchgeführt. Das Team des Arbeitsbereiches besteht aus 25 Mitarbeitern – Fachärzten, Spezialisten im Labor und einem festen Pflege- und Betreuungsteam. „Zum Wohle unserer Patienten greift die konservative Behandlung, die Betreuung während der Transplantation und die Nachsorge eng ineinander“, betont Prof. Dr. Andreas Hochhaus, Direktor der Abteilung Hämatologie und Onkologie.

Neben der Transplantationsstation mit besonders luftgefilterten Einzelzimmern hat die Nachsorge-Ambulanz eine wichtige Rolle, denn zu den akuten Reaktionen zwischen Transplantat und Empfänger sowie Nebenwirkungen der Vorbehandlung können die Patienten zum Teil von chronischen Transplantationsfolgen, wie eingeschränkter Immunabwehr oder Unverträglichkeitsreaktionen betroffen sein. Die Jenaer Stammzelltransplanteure beteiligen sich aktiv an nationalen und internationalen Studien und können deshalb hier das aktuellste klinische Wissen anwenden. Dies wird auch im Mittelpunkt eines Fachsymposiums mit anerkannten nationalen Experten am 29. Oktober sein, das anlässlich der 1000. Transplantation veranstaltet wird.

Im Zuge des 2. Bauabschnittes des Universitätsklinikums auf dem Medizin-Campus Lobeda wird ein Zentrum für Stammzelltransplantationen dann gemeinsam für Erwachsene und Kinder entstehen, das die Jose-Carrerras-Stiftung mit einer Million Euro unterstützt. Der Medizinische Vorstand des UKJ, Professor Dr. Klaus Höffken, sieht darin eine Anerkennung der Jenaer Leistungen auf dem Gebiet der Stammzelltransplantation, die bei Kindern sogar 30 Jahre zurück reichen. „In diesem neuen Zentrum werden wir unsere kleinen und großen Leukämiepatienten entsprechend der neuesten Standards der Stammzelltransplantation behandeln und am der wissenschaftlichen Weiterentwicklung dieser Therapieform mitarbeiten können“, so Professor Höffken, der das Stammzelltransplantationsprogramm bei Erwachsenen vor 18 Jahren in Jena gegründet und mit Förderung der Deutschen Krebshilfe aufgebaut hat.

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