Nikotinabhängigkeit fördert Alzheimer – Raucherentwöhnung mit dem Arzt erfolgreicher

  Die Folgen des Tabakkonsums sind seit längerem klinisch belegt: Rauchen steigert das Herzinfarktrisiko und das Lungenkrebsrisiko. Weniger präsent ist, dass die häufigste Folgeerkrankung des Rauchens die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) mit gravierenden Folgen ist: Alle 15 min stirbt ein COPD-Patient auf einer Intensivstation.

Nach Prof. Dr. med. Stefan Andreas, Chefarzt der Lungenfachklinik Immenhausen, Kassel Pneumologische Lehrklinik Universität Göttingen, belegen jetzt weitere Daten, dass Zigarettenraucher außerdem doppelt so häufig an Alzheimer erkranken als Nichtraucher.







Nichtrauchen senkt also das Herzinfarktrisiko, das Lungenkrebsrisiko, die COPD-Gefahren  und das Alzheimerrisiko. – Insgesamt ist Rauchen eines der bedeutendsten Gesundheitsrisiken, das sich vermeiden ließe. Eine erfolgreiche Raucherentwöhnung in der Bevölkerung fördert somit nicht nur die Gesundheit und Leistungsfähigkeit sondern hat auch eine spürbare Kostenentlastung des Gesundheitssystems zur Folge.

Rauchentwöhnung durch „Kalten Entzug“ wenig erfolgreich 

Viele Raucher sind motiviert, mit dem Rauchen aufzuhören. Dr. med. Thomas Hering, Stellv. Vorsitzender des Bundesverbandes der Pneumologen und Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie in Berlin: „Nur Wenige wissen, dass Nikotin ein höheres Abhängigkeitspotential hat als Alkohol, Heroin, Kokain oder Cannabis.“

70–80 Prozent aller Raucher versuchen den Rauchausstieg mindestens einmal spontan und mit reiner Willenskraft, das heißt ohne unterstützende therapeutische Unterstützung. Mit diesem so genannten „Kalten Entzug“ gelingt es allerdings nur wenigen, langfristig rauchfrei zu werden: Nach einem Jahr liegt die Abstinenzrate bei nur etwa drei bis fünf Prozent. (1)

Die Nikotinabhängigkeit ist ein komplexes Zusammenspiel biologischer und psychologischer Faktoren. Nach Dr. med. Thomas Hering, befindet sich der Raucher im Klammergriff der psychischen und der physischen Sucht. Diese Süchte verstärken sich gegenseitig, fördern die Abhängigkeit des Rauchers und mindern die Chancen, die Nikotinsucht ohne externe Hilfe erfolgreich zu bekämpfen.

Rauchentwöhnung durch verhaltenstherapeutische Maßnahmen fördern

in der Rauchentwöhnung spielen deshalb verhaltenstherapeutische Maßnahmen, auch zur Unterstützung medikamentöser Therapien, eine wichtige Rolle. Im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie wird das erlernte Rauchverhalten analysiert und gezielt durch neue Verhaltensmuster ersetzt. Studien belegen, dass bei dieser Strategie die Abstinenzrate nach einem Jahr auf etwa 13 Prozent steigt. (2)

Wie sieht ein Rauchentwöhnungskonzept in der Praxis aus?

Für eine effektive Rauchentwöhnung, deren Ziel die dauerhafte Rauchfreiheit ist, haben sich ganzheitliche Behandlungsmodelle als wirksam gezeigt, die unterschiedliche Methoden miteinander kombinieren. Dabei stehen vor allem folgende vier Bausteine der Rauchentwöhnung im Vordergrund:

  • Der ausstiegsmotivierte Raucher
    Der Patient möchte aus eigenem Antrieb mit dem Rauchen aufhören.
  • Der engagierte Arzt
    Die intensive ärztliche Beratung und Therapiebegleitung nimmt eine wichtige Schlüsselrolle in der Rauchentwöhnung ein.
  • Die Verhaltenstherapie
    Verhaltenstherapeutische Maßnahmen zielen auf die psychische Komponente der Nikotinabhängigkeit.
  • Die medikamentöse Intervention
    Geeignete Medikamente zur Rauchentwöhnung können Entzugssymptome und das Verlangen nach einer Zigarette lindern. Wirkstoffe mit dualem Mechanismus reduzieren einerseits die Entzugssymptome und das Verlangen nach Nikotin und verringern andererseits gleichzeitig das Belohnungsgefühl des Rauchens. Möglichen Rückfällen wird so effektiv vorgebeugt. (6)

Welche Rolle spielt die ärztliche Begleitung bei der Rauchentwöhnung?

Dem Arzt kommt als Therapiemanager eine Schlüsselrolle bei der Rauchentwöhnung zu. Das ärztliche Beratungsgespräch und die intensive Begleitung des Rauchers während der Entwöhnung können die Chancen auf eine langfristige Rauchfreiheit erhöhen. Bei einer europäischen Befragung unter knapp 1.000 ehemaligen Rauchern gaben 84 Prozent der Befragten an, die während ihrer erfolgreichen Rauchentwöhnung ärztlich begleitet wurden und zuvor bereits Versuche ohne Begleitung unternommen hatten, dass eine Rauchentwöhnung ohne ärztliche Unterstützung erheblich schwieriger gewesen sei.

Der Arzt kann den ersten wichtigen Anstoß zur Rauchentwöhnung geben: Mit einfachen Fragen zur Rauchgewohnheit erkennt er die Patienten, die das Rauchen aufgeben wollen, und kann die Nikotinabhängigkeit diagnostizieren. (7)

Das Festlegen des Therapieziels, die motivierende Beratung sowie die medikamentöse und verhaltenstherapeutische Unterstützung inklusive Nachbetreuung im Sinne eines ganzheitlichen Therapiemanagements sind Bestand der nachfolgenden ärztlichen Betreuung. Einen Rahmen für die strukturierte Raucherberatung bietet das so genannte „5A“-Stufenmodell, das folgende Schritte von Seiten des Arztes vorsieht (8):

  • „Ask“
    Jeder Patient wird zu jedem Termin zu seinen Rauchgewohnheiten befragt. Die Antworten werden dokumentiert.
  • „Advice“
    Jedem Raucher wird empfohlen, mit dem Rauchen aufzuhören. Die persönliche Ansprache ist dabei entscheidend.
  • „Assess“
    Die Einstellung des Patienten zum Rauchen und seine Motivation zum Rauchausstieg wird bewertet.
  • „Assist“
    Der Rauchentwöhnungsprozess wird durch Beratung und Therapie unterstützt.
  • „Arrange“
    Während und auch nach der aktiven Rauchentwöhnungsphase wird der Patient intensiv betreut.

In der Rauchentwöhnung geschulte Ärzte können während des Rauchentwöhnungsprozesses mit Hilfe strukturierter Programme und durch regelmäßige und langfristig angelegte Besuchstermine die Compliance der Patienten wesentlich fördern.

Neben der Festlegung des Therapieziels ist es insbesondere wichtig, dass der Arzt den Raucher im Rahmen eines Beratungsgesprächs über potenziell auftretende Entzugssymptome während der Rauchentwöhnung aufklärt, wie das Verlangen nach einer Zigarette (engl. „Craving“), gesteigerter Appetit, depressive Verstimmungen und Konzentrationsstörungen.

Arzt und Patient müssen sich im Klaren sein, dass jede Nikotinentwöhnung – mit oder ohne medikamentöse Behandlung – mit Entzugserscheinungen einhergeht. Da sie unter anderem auch zu einer Verschlechterung von bestehenden psychiatrischen Erkrankungen führen kann, sollte der Arzt bei seinen Patienten während der Rauchentwöhnungsphase besonders auf Symptome einer Depression achten.

Einige Entzugssymptome halten manchmal länger als zehn Wochen an. Daher ist es wichtig, insbesondere auch bei medikamentöser Unterstützung, die empfohlene Therapiedauer einzuhalten. „Zu empfehlen ist deshalb eine medikamentöse Unterstützung, die die Entzugssymptome lindert und so einem Rückfall effektiv vorbeugt“, so Hering. Eine Pharmakotherapie sollte für mindestens drei Monate erfolgen. Die Kosten muss der Patient selbst tragen.

 

Rauchentwöhnung durch den Hausarzt – Neue Daten aus einer Beobachtungsstudie  VIBRATIONS stellten vor: Prof. Dr. med. Stefan Andreas, Kassel; Thomas Biegi, Berlin; Dr. med. Thomas Hering, Berlin
(v.l.n.r.; Bildquelle: MEDIZIN ASPEKTE, J. Wolff)

Ergebnisse aus der interventionionellen Studie VIBRATIONS

Zur gesundheitlichen Prävention ist eine erfolgreiche Rauchentwöhnung eine der wichtigsten Maßnahmen. Die Ergebnisse der aktuellen Beobachtungsstudie VIBRATIONS (Vareniclin bei Rauchaufhörwilligen – eine nicht-interventionelle Studie) zeigen eindrucksvoll: Der Wirkstoff Vareniclin unterstützt aufhörwillige Raucher unter Alltagsbedingungen effektiv und mit akzeptablem Sicherheitsprofil beim Nikotinentzug im hausärztlichen Umfeld. Diese Daten aus dem realen Umfeld von Rauchern in Deutschland bestätigen die bisher vorgestellten Ergebnisse klinischer Studien. Zudem spiegelt sich die zentrale Rolle des Hausarztes beim Rauchstopp wider.

Quellen

  1. Raw M et al. Smoking cessation guidelines for health care professionals: a guide to effective smoking cessation interventions for the health care system. Health Education Authority, Thorax 1998; 53: 1-19.
  2. Cornuz J et al. Efficacy of resident training in smoking cessation. A randomized controlled trial of a program based on the application of behavioural theory and practice with standardized patients. Annals of Internal Medicine 2002; 136(6): 429-437.
  3. White AR at al. Acupuncture and related interventions for smoking cessation (Cochrane Review). The Cochrane Library 1999: Issue 4. Oxford: Update Software. Abbot NC et al. Hypnotherapy for smoking cessation (Cochrane Collaboration). The Cochrane Library 2001: Issue 2. Oxford: Update Software.
  4. Silga C et al. Nicotine replacement therapy for smoking cessation (Review), (The Cochrane Collaboration). The Cochrane Library 2001; Issue 1.
  5. Jorenby DE et al. Efficacy of Varenicline, an α4ß2 Nicotinic Acetylcholine Receptor Partial Agonist, vs. Placebo or Sustained-Release Bupropion for Smoking Cessation. JAMA, 2006; 296: 56-63.
  6. Coe JW et al. Varenicline: an alpha4beta2 nicotinic receptor partial agonist for smoking cessation. J Med Chem 2005; 48(10): 3474-3477.
  7. Pfizer Quitters Survey, 2007, Data on file. 8.  Swartz SH et al. Office-based intervention for tobacco dependence. Med Clin North Am 2004
    88: 1623-1641.
  8. Rauchentwöhnung durch den Hausarzt – Neue Daten aus einer Beobachtungsstudie belegen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Champix
    München, 24. September 2012
    Moderation: Thomas Biegi, Pfizer
    Vorträge
    – Ergebnisse der neuen Beobachtungsstudie VIBRATIONS: Hohe Abstinenzraten bei der Rauchentwöhnung mit Vareniclin im niedergelassenen Bereich
    Prof. Dr. med. Stefan Andreas
    Chefarzt der Lungenfachklinik Immenhausen, Kassel
    Pneumologische Lehrklinik Universität Göttingen
    – Rolle des Arztes bei der Bekämpfung der Tabakabhängigkeit – Therapeutische Möglichkeiten zwischen ärztlicher Selbstverpflichtung und politischen Rahmenbedingungen
    Dr. med. Thomas Hering Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, Berlin
    Stellv. Vorsitzender des Bundesverbandes der Pneumologen

 

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