Die medikamentöse Therapie des Nierenkrebs, auch als Nierenkarzinom, Nierenzellkarzinom (NZK) oder Renal Cell Carcinoma (RCC) benannt, hat sich in den vergangen 30 Jahren zum Therapievorteil für Nierenkrebspatienten entwickelt. Lebenserwartung und Lebensqualität konnten kontinuierlich verbessert werden. Die Behandlungserfolge begannen 1980 mit der Entdeckung der Wirksamkeit von Zytokinen im Rahmen der Immuntherapie mit Interleukin-2 und Interferon. Erst mehr als 20 Jahre später ergaben sich durch die Entdeckung der Wirksamkeit des Angiogenesehemmers Bevacizumab (Avastin) (2003) weitere Strategieoptionen. In den Folgejahren wurden immer mehr Antikörper entwickelt, die die Chancen einer zielgerichteten Therapie (Targeted Therapy) des Nierenkrebs erweitern.
Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom – Bevacizumab plus Interferon alfa-2a (IFN) als effektive First-Line-Option
Beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom (RCC) hat sich die antiangiogene Therapie mit Bevacizumab plus Interferon alfa-2a (IFN) als effektive First-Line-Option bewährt. Zahlreiche klinische Studien haben die Wirksamkeit und Sicherheit von Bevacizumab/IFN belegt. Seit der Zulassung in 2007 liegen umfangreiche praktische Erfahrungen vor. Anläßlich eines Pressegesprächs im Sept. 2012 in Leipzig zogen Professor Dr. Christian Doehn, Lübeck, und Professor Dr. Jan Roigas, Berlin, ein Fazit aus den vergangenen fünf Jahren.
AVOREN Daten – Bevacizumab/IFN als Behandlungsoption zur First-Line-Therapie beim Nierenzellkarzinom
„Bevacizumab/IFN hat bereits fünf Jahre nach der Zulassung einen hohen Stellenwert in der klinischen Praxis erlangt“, fasst Doehn zusammen. Die Zulassung von Bevacizumab/IFN basiert auf der placebokontrollierten, randomisierten Phase-III-Studie AVOREN, in der die deutliche Überlegenheit dieser Behandlungsoption in der First-Line gegenüber der alleinigen IFN-Therapie gezeigt wurde [fusion_builder_container hundred_percent=“yes“ overflow=“visible“][fusion_builder_row][fusion_builder_column type=“1_1″ background_position=“left top“ background_color=““ border_size=““ border_color=““ border_style=“solid“ spacing=“yes“ background_image=““ background_repeat=“no-repeat“ padding=““ margin_top=“0px“ margin_bottom=“0px“ class=““ id=““ animation_type=““ animation_speed=“0.3″ animation_direction=“left“ hide_on_mobile=“no“ center_content=“no“ min_height=“none“][1, 2]. Die Zugabe von Bevacizumab zu IFN steigerte das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant von 5,5 auf
10,4 Monate (HR = 0,57; p < 0,0001).
TORAVA bestätigt Effektivität und progressionsfreies Überleben
Zusätzlich bestätigten Phase-II-Studien erneut die hohe Effektivität und zeigten sogar ein längeres progressionsfreies Überleben als die Zulassungsstudie: In der randomisierten, dreiarmigen Phase-II-Studie TORAVA, in der die Kombination von Bevacizumab mit Temsirolimus im Vergleich zu Sunitinib sowie zu Bevacizumab/IFN untersucht wurde, betrug das PFS im Bevacizumab/IFN-Arm 16,8 Monate [3]. Die einarmige Phase-II-Studie BEVLiN [4] zeigte, dass unter Bevacizumab in Kombination mit niedrig dosiertem IFN (3 Mio. I.E.) ein PFS von 15,3 Monaten und gleichzeitig eine deutliche Reduktion der IFN-bedingten Nebenwirkungen erzielt werden konnte. „Diese PFS-Werte aus den beiden Phase-II-Studien zu Bevacizumab/IFN liegen deutlich über den Daten, die in den jeweiligen Zulassungsstudien aller verfügbaren First-Line-Optionen beim fortgeschrittenen RCC erreicht wurden“, bewertete Doehn die Ergebnisse.
Einsatz von Bevacizumab/IFN bei guter Prognose und/oder indolenter Erkrankung
Etwa ein Drittel der Patienten in der Erstlinie weisen eine günstige Prognose auf. Laut einer Konsensus-Empfehlung von Escudier und Kollegen eignet sich der Einsatz von Bevacizumab/IFN besonders für diese Patienten sowie für Patienten mit einer indolenten Erkrankung, d. h. einer metastasierten Erkrankung mit langsamer Progression [5].
Indolente Erkrankung – Was heißt das?
(Definition nach folgenden Experten: Prof. C. Doehn, Lübeck; PD Dr. V. Grünwald; Hannover; Prof. J. Gschwend, München; Prof. J. Roigas, Berlin) |
Vorteilhafte Therapiestrategie – First-Line-Therapie Bevacizumab/IFN
Vorteilhaft für die weitere Therapiestrategie erweist sich, dass den Patienten nachfolgend alle weiteren Substanzklassen erhalten bleiben, wenn als First-Line-Therapie Bevacizumab/IFN eingesetzt wird. Bei einer Sequenztherapie über mehrere Linien können somit alle Optionen ausgeschöpft und ein Wechsel des Wirkmechanismus vollzogen werden. „Aus diesem Grund setze ich in der Regel Bevacizumab/IFN bevorzugt bei Patienten ein, die einen guten Allgemeinzustand aufweisen und bei denen eine lange Sequenztherapie angezeigt ist“, ergänzte Roigas.
Lebensqualität als wichtiges Therapieziel
Insbesondere im palliativen Setting ist der Erhalt der Lebensqualität ein wichtiges Therapieziel, so dass auch das Nebenwirkungsprofil Einfluss auf die Therapie-entscheidung nehmen sollte. Das Nebenwirkungsprofil von Bevacizumab/IFN erwies sich in klinischen Studien als gut kontrollierbar. Durch eine Dosisreduktion von IFN lässt sich die Verträglichkeit weiter optimieren. Dies zeigte eine retrospektive Subgruppenanalyse [2, 6] der AVOREN-Daten, wonach sich die IFN-bedingten Nebenwirkungen durch eine IFN-Dosisreduktion von 9 auf 6 oder 3 Mio. I.E. dreimal wöchentlich – bei vollständigem Erhalt der Wirksamkeit – deutlich von 44 % (6 Wochen vor der Dosisreduktion) auf 18 % (6 Wochen nach der Dosisreduktion) reduzieren ließen. Dieser Trend wurde durch die BEVLiN-Studie prospektiv bestätigt [4]. „Aufgrund der guten Verträglichkeit ist Bevacizumab/IFN meiner Meinung nach – auch im Hinblick auf den sequenziellen Einsatz – eine Erstlinienoption mit hohem Stellenwert“, so Roigas. „Denn durch eine verträgliche First-Line-Therapie lassen sich Patienten eher zur Fortführung der Behandlung motivieren.“
Bevacizumab bei fortgeschrittenem Nierenkrebs (RCC): Die Forschung geht weiter
Durch intensive Forschung wird die Weiterentwicklung des VEGF-Hemmers und die optimale Behandlung der Patienten gesichert: In verschiedenen Phase-II- und Phase-III-Studien wird Bevacizumab in Kombination und in der Sequenz mit Tyrosinkinase-Inhibitoren und mTOR-Inhibitoren geprüft. Beispielsweise wird in der randomisierten, zweiarmigen Phase-II-Studie BERAT der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Nierentumoren (IAGN) die Sequenztherapie über drei Linien beginnend mit Bevacizumab/IFN in der First-Line, gefolgt von TKI/mTOR vs. mTOR/TKI verglichen. Die Auswertungen werden von einem ausführlichen Biomarker-Programm begleitet.
Quellen:
- Escudier B et al., Lancet 2007; 370: 2103-11
- Escudier B et al. J Clin Oncol 2010; 28: 2144-50
- Négrier S et al., Lancet Oncol 2011; 12: 673-80
- Melichar B et al., ESMO 2012; Abstract 809P
- Escudier B et al., Nat Rev Clin Oncol 2012; 9: 327-37
- Melichar B et al., Ann Oncol 2008; 19: 1470-6
- Jubiläumspressegespräch Roche Pharma AG
Fazit aus 5 Jahren Bevacizumab (Avastin)/IFN bei fortgeschrittenem RCC
28.09.2012, Leipzig
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