Neue Therapie für Bewegungsstörungen nach Schlaganfall im Test

Aachen/Leipzig. Motorische Störungen sind nach einem Schlaganfall die häufigsten Folgen, unter denen die Betroffenen zu leiden haben. Neben den Lähmungen gehören dazu auch die häufigen, aber weniger offensichtlichen Störungen komplexer Bewegungsabläufe, sogenannte Apraxien. Bisher können diese für die Betroffenen sehr belastenden kognitiven Funktionsstörungen nicht wirksam genug behandelt werden. In einer internationalen Studie suchen daher Aachener und Leipziger Neurologen jetzt gemeinsam mit Kollegen aus vier Ländern nach neuen Therapieverfahren, um diese Folgen eines Schlaganfalls künftig besser lindern zu können.

„Während es gute Therapieverfahren zur Rehabilitation von Lähmungen nach einem Schlaganfall gibt, sind die Behandlungsmöglichkeiten kognitiver Störungen wie komplexer Bewegungsabläufe bisher eher vernachlässigt worden“, erklärt Prof. Dr. Ferdinand Binkofski, Direktor der Sektion Kognitive Neurologie am Universitätsklinikum Aachen und Studienkoordinator, den Hintergrund der Studie.

Dabei werden Apraxien von den Patienten als ebenso behindernd empfunden wie Sprechstörungen oder Bewegungseinschränkungen. „Der Schlaganfall zerstört dabei Verbindungen, die uns alltägliche, aber hochkomplexe Tätigkeiten wie das Schneiden von Essen oder Haarekämmen ermöglichen“, so Prof. Dr. Joseph Claßen, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig. Obwohl etwa 20 Prozent aller Schlaganfallpatienten von dieser Form der Störungen betroffen sind, gehören diese zu den schwierig zu behandelnden Hirnschlag-Folgen. Bisher lassen sich diese höheren motorischen Funktionen weit weniger gut wiederherstellen als die motorischen Grundfähigkeiten wie Laufen, Greifen oder Sprechen.

In der jetzt gestarteten, von Prof. Binkofski koordinierten internationalen Studie werden Neurologen und Neurowissenschaftler aus Deutschland, Israel, Canada und Italien nach neuen Therapien für diese Einschränkungen suchen. Über drei Jahre läuft das EU-Projekt „COGSTROKE“ (Cognitive recovery after stroke) zur verbesserten Schlaganfall-Rehabilitation. Das Verbundprojekt wird mit 1,5 Millionen Euro gefördert, je 300.000 Euro fließen in die Aachener und Leipziger Arbeitsgruppe.

Die Neurologen des Uniklinikums Leipzig werden dabei die Effektivität einer Therapie mit Gleichstromimpulsen zur Stimulation des verletzten Hirngewebes untersuchen.

„Unser Gehirn verfügt über eine bemerkenswerte Fähigkeit sich nach Verletzungen zu regenerieren“, beschreibt Claßen. Die dem zugrundeliegenden Mechanismen sind allerdings noch weitgehend unbekannt. „Wir wissen aber aus anderen Untersuchungen, dass sich durch den Einsatz eines schwachen Stromimpulses die Veränderungsleistung des Gehirns steigern lässt“, so Claßen weiter.

Diese Erkenntnis soll jetzt in einer neuen Methode zur Schlaganfall-Rehabilitation eingesetzt werden. Dabei werden die Patienten während des Trainings der verlorenen Fähigkeiten sehr kleinen Strömen, ähnlich denen einer Taschenlampenbatterie, ausgesetzt. So sollen die Nervenzellen stimuliert werden, stärker die für komplexe Bewegungsabläufe notwendigen Synapsen zu bilden. „Wir gehen davon aus, dass so die Lernleistung gesteigert wird und das Gehirn sich die Prozesse besser merken kann“, beschreibt Prof. Claßen.

Erweisen sich diese Annahmen als richtig, könnte das untersuchte Therapieverfahren Einsatz in der Rehabilitation finden. „Unser Ziel ist es, wirksame Methoden zur besseren Behandlung von Apraxien zu finden, die schnell und unkompliziert in der Praxis einsetzbar sind“, betont Claßen. Erste Ergebnisse erwarten die Mediziner in drei Jahren.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ferdinand Binkofski
Direktor der Sektion für Kognitive Neurologie,
Universitätsklinikum Aachen.
Telefon: (0241) 80 -88310
E-Mail:fbinkofski@ukaachen.de

Prof. Dr. Joseph Claßen
Direktor der Klinik für Neurologie,
Universitätsklinikum Leipzig A.ö.R.
Telefon: (03 41) 97 – 2 42 00
E-Mail: joseph.classen@medizin.uni-leipzig.de

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