Die klinischen Erfahrungen der letzten Jahre mit VEGF-Inhibitoren bei neovaskulärer Altersbedingter Makuladegeneration (nAMD) sind überwiegend positiv. So konnte durch den Einsatz von Anti-VEGF-Therapien erstmals die Rate der nAMD-bedingten Erblindungen signifikant gesenkt werden. Dennoch weichen die im Praxisalltag erzielten Behandlungserfolge teilweise deutlich von den Studienergebnissen ab, so Professor Dr. med. Andreas Scheider, Chefarzt der Augenabteilung an den Kliniken Essen Süd, anläßlich einer Pressekonferenz in Berlin. Zwar wird die Erblindung zunächst verhindert – das Sehvermögen bei Therapiebeginn kann aber häufig nicht erhalten werden, wie es eigentlich zu erwarten wäre. Bei Frage nach Gründen für diese Unterschiede rückt die Häufigkeit der Injektionen in den Fokus. Gerade bei den primär älteren Patienten hängt die Frequenz der Injektionen von einer Reihe Faktoren ab, die unter Studienbedingungen ausgeklammert werden. Daraus resultiert eine Vielzahl von Behandlungs-Schemata, die von der Vorgabe abweichen (z. B. PRN und „treat and extend“). Der Wunsch nach einer länger wirksamen Therapie mit reduzierter Injektionsfrequenz ist die Folge.
Mit dem VEGF-Inhibitor-Wirkstoff Aflibercept wurde Ende letzten Jahres eine neue Anti-VEGF-Therapie bei neovaskulärer Altersbedingter Makuladegeneration (nAMD) zugelassen. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die Behandlung im ersten Jahr in der Indikation nAMD lediglich alle zwei Monate eine Injektion von 2 mg Aflibercept erfordert – nach initial 3 Injektionen im monatlichen Abstand. Durch die Planbarkeit der Injektionsintervalle wird eine deutliche Entlastung von Patienten und Therapeuten ermöglicht.
AURA-Studie: Optimaler Zugang zur Therapie und Compliance als Parameter für Therapieerfolg
Nach Frau Professor Dr. med. Nicole Eter, Direktorin der Universitäts-Augenklinik in Münster, stellte die Einführung der Anti-VEGF-Therapien einen enormen Fortschritt in der Behandlung der neovaskulären Altersbedingten Makuladegeneration (nAMD) dar. Für eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs spielt jedoch der optimale Zugang zu Therapie und Versorgung sowie die Compliance der primär älteren Patienten eine wichtige Rolle.
Die klinischen Studien zur Behandlung der nAMD mit Inhibitoren des VEGF zeigen überwiegend signifikante und über 2 Jahre stabile Visusanstiege. Dagegen wird in der klinischen Praxis im zeitlichen Verlauf häufig ein Verlust des initialen Funktions- gewinns beobachtet. Um valide Einblicke in die Versorgungsrealität von Patienten mit nAMD zu erhalten, wurde 2009 die Versorgungsforschungsstudie AURA in 8 Ländern (Deutschland, Frankreich, UK, Italien, Irland, Niederlande, Kanada und Venezuela) initiiert. Ziel dieser retrospektiven nicht-interventionellen Studie war die Untersuchung der klinischen Ergebnisse, die mit der Anwendung einer Ranibizumab-Therapie in der klinischen Praxis erzielt werden. Erste Auswertungen zur deutschen Kohorte lassen den Trend erkennen, dass die Versorgung der Patienten mit nAMD hierzulande Verbesserungspotenzial hat. Gerade im Vergleich vom ersten Therapiejahr zum zweiten Jahr ließ sich ein Rückgang der Arztbesuche und Kontrollen (7,8 vs. 3,1) beobachten. Auch die Anzahl der Anti-VEGF-Injektionen nahm ab. Gleichzeitig verschlechterte sich bei Patienten mit ≤ 7 aktiven Injektionen der Visus im Zeitverlauf. Dagegen verzeichneten Patienten mit mehr als 7 Injektionen über 2 Jahre hinweg einen leichten Visusanstieg (+ 0,3 Buchstaben). Erkenntnisse, welchen Einfluss eine zentrale Versorgungsstruktur wie z. B. in England gegenüber der dezentralen Struktur in Deutschland auf die Versorgungssituation ausübt, werden durch die Auswertungen der einzelnen Länderdaten erwartet.
Die Unterschiede zwischen der Versorgungsrealität und den klinischen Studiendaten unterstreichen den Bedarf an neuen Behandlungsoptionen, die eine bessere Umsetzung der Studienergebnisse in den Praxisalltag ermöglichen können. Zielführend könnten hierbei Therapien sein, die bei mindestens vergleichbarer Wirksamkeit weniger Injektionen und Kontrollen erfordern und damit die Patienten-Compliance fördern.
Seit Ende letzten Jahres steht mit EYLEA® (Aflibercept) eine neue Therapieoption bei nAMD zur Verfügung. Damit steht eine VEGF-Inhibitor-Behandlung zur Verfügung, die nach monatlicher Initialdosis im ersten Behandlungsquartal eine anschließende nur alle 2 Monate erforderliche Injektion erlaubt. In den beiden zulassungsrelevanten VIEW-Studien, in die insgesamt über 2.400 Patienten eingeschlossen wurden, wurde Aflibercept mit Ranibizumab als Vergleichssubstanz untersucht.
VIEW-Studie: festgelegtes Behandlungsschema minimiert und stabilisiert Visusverluste
Aktuelle Ergebnisse der VIEW-Subgruppenanalysen zeigen die Konsequenzen aus Injektionshäufigkeit und reaktivem Einsatz auf. So erhielten 40 bis 50 % der Patienten 3 oder weniger Injektionen während der Follow-up-Phase. Bei den Patienten dieser Subgruppe blieb der Visus weitgehend erhalten. Bei einer Subgruppe (Verlust von mindestens 5 Buchstaben zwischen den Wochen 52 und 96) führte der Wechsel von einem festgelegten Behandlungsschema zu einem vorwiegend reaktiven Therapieregime zu einem signifikanten Verlust der Sehschärfe. Patienten, die ≥ 5 Buchstaben zwischen Woche 52 und 64 verloren, konnten diesen Verlust im reaktiven Behandlungszeitraum nicht wiedererlangen, trotz zuvor stabiler Visuszunahme mit festgelegtem Therapieschema. In beiden Subgruppen wurden keine vorhergehenden oder begleitenden Veränderungen im OCT beobachtet. Insgesamt zeigen die VIEW-Subgruppendaten für beide untersuchten Präparate bei festgelegtem Behandlungsschema stabilere Visusergebnisse. Visusverluste konnten durch ein reaktives Therapieregime nicht rückgängig gemacht werden, auch wenn zuvor eine stabile Sehschärfe erreicht wurde.
VEGF-Inhibitor Aflibercept bei altersbedingter Makuladegeneration (nAMD) und retinalem Zentralvenenverschluss (ZVV)
Bei der Pathogenese des Visus-beinträchtigenden Makulaödems und der ischämischen Komplikationen ist VEGF wesentlich beteiligt. Aflibercept (VEGF Trap-Eye) senkt den intraokulären VEGF-Spiegel. Daher liegt eine medikamentöse Therapie des retinalen Zentralvenenverschlusses (ZVV) mit dem VEGF-Inhibitor nahe, der schon bei der ebenfalls durch VEGF deutlich beeinflußten altersbedingten Makuladegeneration (nAMD) eingesetzt wird.
Venöse retinale Verschlüsse gehören zu den häufigsten okulären Durchblutungsstörungen. „Insbesondere der Zentralvenenverschluss (ZVV) kann zu erheblichen funktionellen Einbußen bis hin zur Erblindung führen, erklärte Professor Dr. med. Stefan Dithmar, geschäftsführender Oberarzt der Universitäts-Augenklinik Heidelberg, anlässlich einer Fach-Pressekonferenz in Berlin. „Die Perfusionsstörung hat meist multifaktorielle Ursachen.“
Zulassungs-Studien „COPERNICUS“ und „GALILEO“ – retinale ZVV-Therapie mit VEGF-Inhibitor
In zwei Phase-III-Studien („COPERNICUS“ und „GALILEO“) konnte gezeigt werden, dass 24 Wochen nach Beginn einer 4-wöchentlichen intravitrealen Aflibercept-Therapie 56 % bzw. 60 % der Patienten eine signifikante Visusverbesserung um mindestens 3 Buchstabenreihen hatten, wohingegen dies nur bei 12 % bzw. 22 % der unbehandelten Patienten der Fall war (primärer Endpunkt der Studien). Im gleichen Zeitraum nahm die zentrale Netzhautdicke (Makulaödem) in den mit Aflibercept behandelten Gruppen signifikant ab. Nach 24 Wochen erfolgte ein Wechsel von 4-wöchentlichen intra-vitrealen Aflibercept-Injektionen auf ein PRN-Schema (therapiert wurde nur bei Vorliegen definierter Wiederbehandlungskriterien, d. h. bei Krankheitsaktivität). Es zeigt sich nach insgesamt 52 Wochen, dass die anfänglich erreichte Befundbesserung im Wesentlichen gehalten werden konnte. Die intravitrealen Aflibercept-Injektionen wurden generell gut vertragen. Unerwünschte Ereignisse traten in den Behandlungsgruppen und den Kontrollgruppen mit vergleichbarer Häufigkeit auf. Aufgrund der Resultate wurde Aflibercept 2012 in den USA und im August 2013 von der EU zur Behandlung einer Visusbeeinträchtigung aufgrund eines Makulaödems infolge eines retinalen Zentralvenenverschluss (ZVV) bei Erwachsenen zugelassen.