Immer häufiger werden antibiotikaresistente Bakterien auf Fleisch nachgewiesen – insbesondere auf Geflügelfleisch, das deutlich häufiger belastet ist als Rind- oder Schweinefleisch. Da Tiere und Menschen oft mit denselben Krankheitserregern infiziert und mit den gleichen Antibiotika behandelt werden, gefährdet dies auch die Verbraucherinnen und Verbraucher. Denn eine Infektion mit diesen Erregern kann mit gängigen Antibiotika oftmals nicht mehr behandelt werden. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert daher einen neuen bundesweiten Forschungsverbund, in dem antibiotikaresistente Erreger bei Geflügel erforscht und zurückgedrängt werden sollen. Auch die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist daran beteiligt. Sie erhält für ihr Teilprojekt rund 350.000 Euro.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat nun in Berlin die Zuwendungsbescheide über insgesamt 2,46 Millionen Euro an die Projektpartner übergeben. An dem Verbund EsRAM (Entwicklung stufenübergreifender Reduktionsmaßnahmen für antibiotikaresistente Erreger beim Mastgeflügel) beteiligt sind neben der Freien Universität Berlin (Koordinator) die JLU, die Universität Leipzig, das Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim, das Bundesinstitut für Risikobewertung Berlin und das Friedrich-Loeffler-Institut Jena. Hauptpartner der Wirtschaft sind der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. sowie zwei international agierende Unternehmen im Bereich der Biologika-Forschung.
In der Mastgeflügelhaltung kommen insbesondere resistente Erreger aus der Familie der Enterobakterien (ESBL-/AmpC-Bakterien) sowie Methicilin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) vor. Nachdem im Rahmen der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) der Bundesregierung in verschiedenen Forschungsprojekten die Ursachen und epidemiologischen Grundlagen der sich ausbreitenden Resistenzproblematik erforscht worden sind, sollen im Verbundprojekt EsRAM Verfahren und Maßnahmen zur Reduktion der Entstehung und des Transfers antibiotikaresistenter Erreger in der Masthähnchen-Produktion und der Geflügelfleischproduktionskette entwickelt werden.
Vorangebracht werden sollen insbesondere neue und verbesserte Verfahren und Technologien zur Brutei-Desinfektion sowie zur Brutei-Hygiene. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln und optimieren ferner Haltungsparameter, Hygienemaßnahmen und Fütterungsschemata zur Senkung des Vorkommens von ESBL-Bakterien beim Masthähnchen. Ziel ist es darüber hinaus, Präbiotika, Probiotika und phytogene Zusatzstoffe mit dem Ziel zu entwickeln, die Kolonisierung des Darms mit den resistenten Erregern zu reduzieren und die Darmgesundheit von Masthähnchen zu fördern.
An der JLU ist Prof. Dr. Christa Ewers, Direktorin des Instituts für Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere, mit ihrem Team an dem Forschungsverbund beteiligt. In dem Gießener Teilprojekt sollen probiotische Bakterien identifiziert werden, die in der Lage sind, die Kolonisierung von Geflügel mit antibiotikaresistenten Bakterien vom Brutei über das Eintagsküken bis hin zum Masthähnchen signifikant zu minimieren. Hierzu werden verschiedene probiotische Bakterien sowie „Probiotika-Cocktails“ in Laborversuchen sowie im Rahmen von In-vivo-Versuchen auf ihre Fähigkeit hin getestet, antibiotikaresistente Bakterien an wesentlichen Schlüsselstellen innerhalb der Masthähnchenproduktion zu verdrängen. Ziel ist hierbei die Entwicklung eines Produktes, das in der Praxis zur Reduzierung der Häufigkeit von ESBL-Bakterien in der Geflügelfleischproduktionskette eingesetzt werden kann.
Kontakt
Prof. Dr. Christa Ewers
Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere
Frankfurter Straße 85-89, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-38300
E-Mail: christa.ewers@vetmed.uni-giessen.de
—————————————————————————————————————-
Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die über 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen¬schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit 2006 wird die JLU sowohl in der ersten als auch in der zweiten Förderlinie der Exzellenzinitiative gefördert (Excellence Cluster Cardio-Pulmonary System – ECCPS; International Graduate Centre for the Study of Culture – GCSC).