Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) kann in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder zweimal punkten: Erstmals erhält der Exzellenzcluster RESIST zur Infektionsforschung eine Förderung über sieben Jahre. Zudem wird der Exzellenzcluster Hearing4all zum Thema Hören der Universität Oldenburg, an dem die MHH maßgeblich beteiligt ist, zum zweiten Mal gefördert. Die Entscheidung zu den geförderten Clustern hat die Exzellenzkommission, zu der die Mitglieder eines international besetzten Expertengremiums und die für Wissenschaft und Forschung zuständigen Ministerinnen und Minister des Bundes und der Länder gehören, heute in Bonn bekannt gegeben. Die Cluster haben für die kommenden sieben Jahre strukturelle Forschungsförderung von fast 100 Millionen Euro beantragt.
„Wir sind froh, dass wir trotz verschärfter Konkurrenz unsere Position in der Hörforschung halten und in der Infektionsforschung sogar noch ausbauen konnten“, sagte MHH-Präsident Professor Dr. Christopher Baum. „Damit festigen wir unsere Stellung in der Spitzengruppe der forschenden hochschulmedizinischen Einrichtungen in Deutschland und Europa“, betonte er. Der MHH-Präsident dankte allen, die am Erfolg der Hochschule beteiligt sind, auch den weiteren Partnern der Forschungsverbünde.
Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler ergänzte: „Dieser große Erfolg ist ein Beleg für die hervorragende wissenschaftliche Arbeit an der Medizinischen Hochschule Hannover und ihrer Partner. Hier werden neue Wege in der Medizinforschung auf höchstem Niveau beschritten. Das Ergebnis ist auch ein Beleg dafür, dass unsere Strategie zu Förderung der Spitzenforschung in Niedersachsen aufgeht und die Investitionen in kluge Köpfe und innovative Technik Früchte trägt.“
MHH-Präsident Professor Baum bedauert, dass der Exzellenzcluster REBIRTH zum Thema regenerative Medizin nach zwei Förderperioden nicht weiterhin innerhalb der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern gefördert wird. „Wir werden unsere Kräfte auch in diesem Forschungsbereich weiter bündeln und unsere wichtigen Projekte zusammen mit unseren Partnern auf anderen Wegen zum Erfolg führen.“
Mit der Exzellenzstrategie wollen Bund und Länder die universitäre Spitzenforschung stärken. Mit den Exzellenzclustern sollen international wettbewerbsfähige Forschungsfelder an Universitäten beziehungsweise Universitätsverbünden projektbezogen gefördert werden. Die Exzellenzkommission musste aus 88 vorliegenden Förderanträgen die nun unterstützen Exzellenzcluster auswählen.
Im Einzelnen werden folgende Exzellenzcluster gefördert:
Exzellenzcluster Hearing4all
„Die Zusage für die Weiterführung unserer Hörforschung im Rahmen der Exzellenzförderung ist einerseits eine Anerkennung für unsere geleistete Forschung, andererseits nehmen wir den Auftrag gern an, die Forschung um die Grundlagen des Hörens weiterzuführen und neue Therapieformen zu entwickeln“, sagte Professor Dr. Thomas Lenarz, Sprecher des Standorts Hannover im Exzellenzcluster Hearing4all. Mit der Fortsetzung des Clusters wollen die Hörforscher aus Hannover und Oldenburg ihre Arbeiten in vier Forschungsbereiche bündeln, die einerseits die Entwicklungskette von der Grundlagenforschung zur Hörtechnologie und andererseits den Grad der Schwerhörigkeit abbilden: Der erste Bereich zielt darauf ab, mit modernen neurowissenschaftlichen Methoden das komplexe Wechselspiel zwischen Hören, Wahrnehmen und Verarbeiten im Gehirn über die Lebenszeit eines Menschen noch besser zu verstehen. Der zweite Bereich umfasst IT-basierte Forschung mit dem Ziel, eine virtuelle vielsprachige Hörklinik aufzubauen. Im dritten Bereich wollen die Forscher individuell gezielte Diagnose- und Behandlungsverfahren für Patientinnen und Patienten mit mittleren bis starken Einschränkungen und kompletter Gehörlosigkeit entwickeln. Basierend auf den wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen soll im vierten Bereich eine grundlegend neue Systemtechnologie für die Hörgeräte der Zukunft entstehen.
An dem aktuell geplanten Vorhaben sind 25 Neurowissenschaftler, Mediziner, Psychologen, Linguisten, Physiker und Ingenieure der MHH sowie der Universitäten Oldenburg und Hannover beteiligt. Zudem sind die Jade Hochschule, die HörTech gGmbH, die Hörzentren in Oldenburg und Hannover, die Fraunhofer Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie und das Fraunhofer ITEM Projektpartner. Hearing4all gehört zu den weltweit führenden Zentren in Medizintechnik, Hörforschung, Audiologie, medizinischer Diagnostik und Therapie. In jedem Cochlea-Implantat weltweit steckt ein Stück Forschung aus Hannover.
Der derzeit laufende Exzellenzcluster zählte 2012 zu den Gewinnern der Exzellenzinitiative und wurde seither mit knapp 30 Millionen Euro gefördert. Zusätzlich unterstützen das Niedersächsische Wissenschaftsministerium und die Volkswagen-Stiftung den Cluster mit einer Million Euro.
Exzellenzcluster RESIST zur Infektionsforschung
Die MHH ist auch mit dem neuen Vorhaben RESIST erfolgreich. Dieses Programm hat das Ziel, die individuelle Anfälligkeit gegenüber Infektionen besser zu verstehen, um auf dieser Basis „maßgeschneidert“ Infektionen vermeiden, diagnostizieren und therapieren zu können. „Dies ist ein großartiger Tag für die Infektionsforschung und damit für Menschen, die für Infektionen besonders anfällig sind – sei es aufgrund angeborener Immunschwächen, eines nicht optimal entwickelten Immunsystems oder in Folge von medizinischen Therapien. Ihnen können Infektionen besonders schaden und wir freuen uns darauf, hier langfristig die Möglichkeiten für Diagnostik und Therapie verbessern zu können“, sagte Professor Dr. Thomas Schulz. Der Leiter des MHH-Instituts für Virologie ist Sprecher dieses regionalen Verbundes, zu dem das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, das TWINCORE-Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, die Stiftung Tierärztliche Hochschule, das „Centre for Structural Systems Biology“ (CSSB) in Hamburg sowie das „Centre for Chronic Immunodeficiencies“ (CCI) in Freiburg gehören.
Besonders anfällig für Infekte sind beispielsweise Neugeborene und Alte, deren Immunsystem noch nicht entwickelt oder sehr anfällig ist, sowie Menschen, deren Immunsystem aus Therapiegründen gedämpft wird, wie bei Multipler Sklerose oder nach einer Transplantation. Aber auch für Träger von Implantaten können Infektionen gefährlich werden.
Um Infektionen besser als bisher bekämpfen zu können, wird das RESIST-Team die molekularen Grundlagen von Abwehrschwächen gegenüber Erregern erforschen sowie diagnostische Verfahren entwickeln, mit denen die individuelle Infektionsanfälligkeit besser eingeschätzt werden kann, um die Therapie individueller gestalten zu können.
In RESIST wird Grundlagenforschung betrieben und es sollen auch neue Wege aufgezeigt werden, die in existierenden translationalen Programmen ausgebaut werden können, beispielsweise in den Deutschen Zentren für Infektions- und Lungenforschung, im Clinical Research Center und im Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin. Langfristig sollen die in RESIST gewonnenen neuen Erkenntnisse in diesen Zentren aufgenommen und für die Anwendung am Patienten weiter entwickelt werden.
Bitte beachten Sie auch unsere Einladung zu einer Pressekonferenz, die wir im Anschluss verschicken werden. Die PK findet morgen um 11 Uhr in der Leibniz Universität Hannover statt.