„Mehr Palliativmedizin statt Sterbehilfe“-10 Jahre Lehrstuhl Palliativmedizin an der Uniklinik Köln

Seitdem ist im heutigen „Zentrum für Palliativmedizin“ viel passiert. Zwar steht die Betreuung schwerstkranker Patienten und ihrer Angehörigen für alle Berufsgruppen weiterhin im Mittelpunkt der Arbeit, aber mit der Gründung des Lehrstuhls kamen auch Lehre und Forschung hinzu. Die Experten befassen sich zudem mit vielfältigen politischen und gesellschaftlichen Themen, so auch mit der aktuellen Diskussion rund um den ärztlich assistieren Suizid.

„Die derzeitige Debatte – auch im Parlament – über ärztlich assistierten Suizid ist nur für einen verschwindend kleinen Prozentsatz der Betroffenen von Bedeutung. 99 Prozent benötigen eine flächendeckende und gute Palliativversorgung. Das ist noch lange nicht gewährleistet“, so Prof. Dr. Raymond Voltz, Direktor des Zentrums für Palliativmedizin an der Uniklinik Köln. „Wir haben in den letzten acht Jahren circa 12.000 schwerkranke und sterbende Patienten betreut. Unsere Erfahrungen zeigen, dass eine gesetzliche Regelung zum ärztlich assistierten Suizid nicht die Maßnahme ist, die zu einer besseren Versorgung der Patienten führen wird. Ich sehe im assistierten Suizid keine ärztliche Aufgabe. Wir brauchen mehr Palliativmedizin statt Sterbehilfe“, so Prof. Voltz.

Sehr wohl sei es ärztliche Aufgabe, sich den Menschen in Not mit aller Kompetenz und Fürsorge zuzuwenden. Notwendige Grundlagen hierfür seien der weitere Ausbau der palliativmedizinischen und hospizlichen Versorgungsstrukturen, umfassende Maßnahmen zur öffentlichen Aufklärung und Auseinandersetzung mit den Themen Krankheit, Sterben, Tod und Trauer, die Verbesserung der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe zur Begleitung Schwerkranker und Sterbender, sowie intensivere Forschung zu essentiellen palliativmedizinischen Fragestellungen.

Aber: „Trotz der Etablierung unserer Disziplin und zahlreichen Fortschritten in der ambulanten und stationären Versorgung in den letzten Jahren haben in Deutschland noch bei Weitem nicht alle betroffenen Patienten einen bedarfsgerechten Zugang zu palliativmedizinischen und hospizlichen Angeboten. Dies sollte eine fürsorgliche Gesellschaft zur Norm machen. In der Ausnahmesituation einer mit großem Leiden verbundenen Erkrankung mag für einige Menschen ein assistierter Suizid als einziger Ausweg erscheinen. Dabei steht jedoch in der Regel nicht der Todeswunsch im Vordergrund, sondern vielmehr der Wunsch nach Leidenslinderung. Hier kann Palliativmedizin und hospizliche Begleitung in den allermeisten Fällen helfen“, so Prof. Voltz.

Circa 47 Prozent aller pro Jahr in Deutschland sterbenden Menschen sterben in Krankenhäusern. Nur 15 Prozent der bundesweit rund 2.000 Krankenhäuser verfügen über eine Palliativstation. Ebenso hält nur ein kleinerer Teil einen Palliativdienst vor. Nur an 9 der 34 medizinischen Fakultäten existiert ein Lehrstuhl für Palliativmedizin. In Pflegeheimen gibt es nur wenige Modellprojekte. Der Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) wird noch nicht flächendeckend umgesetzt und die psychosoziale Versorgung ist in diesem Bereich kaum existent.

„Eine Gesetzesänderung zur Ermöglichung eines ärztlich assistierten Suizids ist keine adäquate Antwort. Dies ersetzt keinesfalls die Auseinandersetzung und das Finden eines individuellen Lösungsweges mit den betroffenen Familien“, so Prof. Volz. Was sich nach Meinung des Kölner Experten auch in der aktuellen Diskussion niederschlägt, ist die generelle Angst des Menschen vor dem Tod.

Diese Angst ist auch Thema des öffentlichen Symposiums, mit dem das Jubiläum fachlich begangen wird. Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen diskutieren die Frage, ob und wie Palliativmedizin helfen kann, mit der Angst vor Tod und Sterben zu leben, ihr begegnen zu können.

Einer der international führenden Forscher und Kliniker auf diesem Gebiet, der Psychiater und Palliativmediziner Prof. Gary Rodin aus Toronto, hält dazu einen einführenden Vortrag. Eine moderierte Podiumsdiskussion vertieft das Thema weiter und zeigt medizinische, psychologische, politische und wissenschaftliche Dimensionen auf.

Für Rückfragen:
Christoph Wanko
Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Unternehmenskommunikation und Marketing
Telefon: 0221 478-5548
E-Mail: presse@uk-koeln.de

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