MDC-Forscher entwickeln neuen Therapieansatz gegen akutes Leberversagen

In Deutschland erkranken nach einer 2011 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Übersicht schätzungsweise 200 bis 500 Patienten an akutem Leberversagen. Vergiftungen mit Pilzen und Medikamenten zählen zu den Hauptursachen dieser schweren Lebererkrankung. In Südeuropa, Afrika und Asien gilt eine akute Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus als Hauptauslöser.

Für ihren Therapieansatz setzten die Forscher einen vor wenigen Jahren entdeckten körpereigenen Überlebensschalter ein, das Protein ARC (Apoptose Repressor mit Caspasen-Rekrutierungsdomäne). ARC kommt im Herzen, im Gehirn und im Skelett vor, nicht aber in der Leber. Dr. Donath hatte 2006 zeigen können, dass Herzmuskelzellen bei Herzversagen durch das Selbstmordprogramm der Zellen (Apoptose) absterben, dass ARC aber die Herzzellen vor dem Untergang bewahrt.

Die Apoptose oder der programmierte Selbstmord hat die Aufgabe, den Körper vor kranken oder defekten Zellen zu schützen. In der Krebsforschung bemühen sich Wissenschaftler deshalb, dieses Programm für eine Therapie zu nutzen. Ziel ist, die Apoptose, die bei Tumorzellen außer Gefecht gesetzt ist und die die Krebszellen deshalb unkontrolliert wachsen lässt, wieder anzuschalten, um die wuchernden Krebszellen in den Selbstmord zu treiben. Bei akutem Leberversagen hingegen gehen zum Schaden des Betroffenen verstärkt Leberzellen durch Apoptose zu Grunde. Diesen Untergang der Zellen versucht die Medizin zu stoppen, mit mäßigem Erfolg.

Dr. Donath und seine Mitarbeiter koppelten jetzt ARC an ein nichtinfektiöses Stück des AIDS- Virus HIV, kurz TAT genannt. TAT benutzten sie als Shuttle, um den Überlebensschalter in die Leber zu bekommen. Sie injizierten das Konstrukt über die Vene oder das Bauchfell in Mäuse mit akutem Leberversagen. „Innerhalb weniger Minuten gelangte das Fusionsprotein TAT-ARC in die Leber der Tiere und begann sofort zu wirken. ARC konnte das Absterben der Leberzellen aufhalten und die Tiere wurden alle vollständig geheilt“, erläutert Dr. Donath. „Dass ARC so rasch wirkt, ist ein großer Vorteil, denn im Notfall bleibt für eine Behandlung nicht viel Zeit. Und wenn der große Schaden überstanden ist, kann sich die Leber wieder sehr gut selbst regenerieren. Hinzu kommt, ARC gelangt über das Blut nicht nur in die Leber, sondern auch in andere Organe. Da der Überlebensschalter den Zellen aber nur für kurze Zeit verabreicht wird, kann ein Krebsrisiko weitgehend ausgeschlossen werden“, betont der Internist.

Bei ihren Untersuchungen entdeckten die Forscher auch einen neuen Wirkmechanismus von ARC, der offenbar für die schützende Funktion dieses Proteins auf die Leber verantwortlich ist. Es hemmt die Aktivität eines Moleküls (JNK), das in Immunzellen der Leber aktiviert wird und krankhafte Prozesse auslöst, wodurch ein anderes Molekül (TNF-alpha) freigesetzt wird, das die Leberzellen zum Absterben bringt. ARC schützt damit die Leberzellen vor dem Untergang. Die Forscher hoffen, ihren Therapieansatz bald in klinischen Studien mit Patienten prüfen zu können.

Dr. Donath und das MDC haben das Fusionsprotein TAT-ARC im Rahmen des akuten Leberversagen patentieren lassen. Das Forschungsprojekt wurde mit dem sogenannten MDC Pre-Go-Bio-Projekt gefördert. Das ist eine MDC interne Projektförderung, die den Transfer in der Grundlagenforschung gewonnener diagnostischer oder therapeutischer Verfahren in die klinische Anwendung unterstützt.

*TAT-ARC protein transduction rescues mice from fulminant liver failure
Junfeng An1, Christoph Harms2,3, Gisela Lättig-Tünnemann2,3, Gernot Sellge4, Ana D. Mandić4, Yann Malato4, Arnd Heuser5, Matthias Endres2,3, Christian Trautwein4 & Stefan Donath1,5

1Max-Delbrück Center for Molecular Medicine, Berlin, Germany
2Department of Neurology, Charité-University Medicine, Berlin, Germany
3Center for Stroke Research Berlin, Charité-University Medicine, Berlin, Germany
4Department of Medicine III, University Hospital RWTH Aachen, Aachen, Germany
5Department of Cardiology & Nephrology, HELIOS Clinics GmbH, Berlin, Germany

Kontakt:
Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
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