Magenkrebs: Antikörper Trastuzumab zur Erstlinienbehandlung des metastasierten HER2-positiven Magenkarzinom zugelassen

Magenkarzinom – Mit der erfolgten Zulassung des humanisierten Antikörpers Trastuzumab zu Behandlung bei fortgeschrittenem Magenkarzinom steht für HER2-positive Patienten erstmalig eine innovative „Targeted Therapy“ zur Verfügung. Auch das Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs (GEJ) ist für die Therapie mit Trastuzumab zugelassen. Der humanisierte Antikörper Trastuzumab verlängert das mediane Gesamtüberleben der Patienten mit metastasiertem HER2-positiven GEJ-/Magenkarzinom signifikant um 4,2 auf 16 Monate (IHC2+/FISH-positiv oder IHC3+). bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Lebensqualität.

Zulassung des Antikörpers Trastuzumab durch die EMEA zur Erstlinienbehandlung des metastasierten HER2-positiven Magenkarzinoms
Die Zulassung des Antikörpers Trastuzumab durch die Europäische Arzneimittelagentur EMEA zur Erstlinienbehandlung des metastasierten HER2-positiven Magenkarzinoms und des Adenokarzinoms des gastroösophagealen Übergangs (GEJ) stützt sich auf die Ergebnisse der internationalen ToGA-Studie (Trastuzumab for HER2-Positive metastatic GAstric Cancer). Die ToGA-Studie zeigt, dass Trastuzumab das mediane Gesamtüberleben der Patienten um mehr als vier Monate auf insgesamt 16 Monate verlängert – und das bei guter Verträglichkeit. Voraussetzung für die Therapie ist ein positives Ergebnis bei der HER2-Diagnostik, die mit Immunhistochemie (IHC) 3+ oder IHC2+ und Fluoreszenz in-situ-Hybridisierung (FISH) positiv auf den HER2-Rezeptor getestet wurden.

Standardtherapie plus Trastuzumab führt zu Synergien bei Patienten mit fortgeschrittenem HER2-positiven Magenkarzinom
Mit der bisherigen Standardtherapie kann bei Patienten mit fortgeschrittenem HER2-positiven Magenkarzinom nach Diagnosestellung nur ein medianes Gesamtüberleben von knapp zwölf Monaten erreicht werden. Diese Zeitspanne kann nun um mehr als vier Monate verlängert werden, wenn die Patienten neben der Standardchemotherapie bestehend aus Capecitabin oder intravenös verabreichtem 5-Fluorouracil (5-FU) und Cisplatin auch Trastuzumab erhalten (2). Wie dringend notwendig eine Erweiterung des Therapiespektrums war, machte Privatdozent Dr. Markus Möhler aus Mainz deutlich: „Ein Durchbruch bei der Behandlung dieses metastasierten Tumors war in den vergangenen Jahren nicht zu erzielen, und die Behandlungsergebnisse haben weitgehend stagniert“.

Erstmals „Targeted Therapy“ beim Magenkarzinom mit HER2-Überexpression
In den letzten Jahren ist es gelungen, viele Regulationsmechanismen des bösartigen Tumorwachstums besser zu verstehen. Vor diesem Hintergrund ist es möglich, Therapiekonzepte zu entwickeln, die gezielt in solche Mechanismen eingreifen, sogenannte zielgerichtete Therapieansätze (Targeted Therapy). „Eines der erfolgreichsten Beispiele für eine zielgerichtete Therapie ist die Entwicklung des Anti-HER2-Antikörpers Trastuzumab, der als ein Durchbruch in der Therapie des Mammakarzinoms anzusehen ist. Ich hoffe, dass Trastuzumab, das schon so vielen Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs geholfen hat, auch für Patienten mit HER2-positivem Magenkrebs von Nutzen sein wird“, so Privatdozent Dr. Volker Müller, Hamburg. Denn bei rund 22 Prozent der Patienten mit fortgeschrittenem rezidivierendem und/oder metastasierendem Magenkarzinom liegt eine HER2-Überexpression vor. Diese ist damit beim fortgeschrittenen Magenkarzinom vergleichbar häufig wie beim Mammakarzinom. Insgesamt wird eine HER2-Überexpression bei 6 bis 35 Prozent aller Patienten mit gastroösophagealem Karzinom beschrieben (3,4). Ein solcher Befund galt bislang als negativer prognostischer Faktor.

ToGA – Studie prüft Trastuzumab in Kombination mit der Standardchemotherapie in der Erstlinienbehandlung
Bei der ToGA-Studie handelt es sich um die erste randomisierte Phase-III-Studie, in der die Anwendung von Trastuzumab in Kombination mit der Standardchemotherapie in der Erstlinienbehandlung des metastasierten HER2-positiven GEJ/Magenkarzinoms geprüft wurde. In der ToGA-Studie waren 3.807 Patienten mit fortgeschrittenem Magenkarzinom/GEJ auf ihren HER2-Status untersucht worden. 584 Patienten mit HER2-positivem Tumor, die zuvor keine Karzinombehandlung gegen ihre metastasierte Erkrankung erhalten hatten, wurden identifiziert und in die Studie aufgenommen. Sie wurden mit Capecitabin (1.000 mg/m2 b.i.d. Tag 1-14, q3w x 6) oder 5-FU (800 mg/m2/Tag als kontinuierliche i.v.-Infusion Tag 1-5, q3w x 6) plus Cisplatin (80 mg/m2 q3w x 6) behandelt und erhielten randomisiert zusätzlich Trastuzumab (n=294 in beiden Studienarmen). Der humanisierte Antikörper, der gezielt die Aktivierung des Wachstumsfaktors HER2 (Human Epidermal growth factor Receptor 2) unterbindet, wurde in einer Initialdosis von 8 mg/kg verabreicht mit einer nachfolgenden Dosierung von 6 mg/kg q3w bis zum Tumorprogress.

Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben, sekundäre Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben (PFS), die Ansprechrate sowie die Verträglichkeit des Antikörpers und die Lebensqualität der Patienten.

Erhöhte Remissionsraten des Tumors und Verlängerung des Gesamtüberlebens
In der Studie wurde das Ansprechen der Patienten durch Trastuzumab signifikant verbessert (p=0,0017). Auch die Remissionsrate erhöhte sich unter Trastuzumab von 34,5 auf 47,3 Prozent. Außerdem wurde eine signifikante Verlängerung des medianen PFS (p=0,0002) gesehen.

Von besonderer Relevanz ist nach den Worten von Privatdozent Dr. Salah-Eddin Al-Batran, Frankfurt/Main, jedoch die Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens der Patienten mit stark HER2 exprimierenden Tumoren (IHC2+/FISH-positiv oder IHC 3+) um mehr als 4 Monate – von 11,8 Monaten ohne Trastuzumab auf 16 Monate bei zusätzlicher Therapie mit dem Antikörper. „Das ist ein Überlebensvorteil, wie wir ihn bisher noch nicht erzielen konnten“, betonte der Mediziner. Für das Gesamtüberleben ergab sich eine Hazard-Ratio von 0,74 (Cl: 0,60; 0,91) mit einem hochsignifikanten p-Wert von 0,0046.
Die Ergebnisse unterstreichen laut Al-Batran die Notwendigkeit, auch beim fortgeschrittenen Magenkarzinom analog zum Mammakarzinom frühzeitig zu untersuchen, ob ein HER2-überexprimierender Tumor vorliegt. Nach Überzeugung von PD Dr. Müller sollten für den Krebspatienten vor allem die anerkannten Kompetenzzentren erste Anlaufstellen sein.

Trastuzumab: Gute Verträglichkeit durch ToGA-Studie belegt
Die ToGA-Studie belegt zugleich die sehr gute Verträglichkeit des Antikörpers. So wurde keine relevante Erhöhung hämatologischer unerwünschter Ereignisse wie zum Beispiel Neutropenie, febrile Neutropenie, Anämie und Thrombozytopenie Grad ¾, durch die Hinzunahme von Trastuzumab beobachtet. Auch davon unabhängig wurden keine neuen oder unerwarteten Nebenwirkungen registriert. Etwas häufiger als in der Vergleichsgruppe traten lediglich Fatigue (2 vs. 4 Prozent) sowie Diarrhoe (4 vs. 9 Prozent) Grad 3/4 auf.

Trastuzumab – ein humanisierter Antikörper und sein Wirkstoffprofil
Bei Trastuzumab handelt es sich um einen humanisierten Antikörper, der gezielt die Funktion des Wachstumsfaktors HER2 (Human Epidermal growth factor Receptor 2)hemmt. Der Antikörper unterdrückt das Wachstum von Krebszellen und aktiviert gleichzeitig das körpereigene Immunsystem. Trastuzumab hat sowohl bei HER2-positivem Brustkrebs im Frühstadium als auch bei fortgeschrittenem und metastasiertem HER2-positiven Brustkrebs eine zuvor unerreichte Wirksamkeit bewiesen. Sowohl in der Monotherapie als auch inKombination mit oder nach einer Standardchemotherapie konnten bei Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs dank Trastuzumab die Ansprechraten sowie die Remissionsraten, das krankheitsfreie Überleben und die Gesamtüberlebenszeit – bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Lebensqualität – verbessert werden.

Fazit
Durch die Zulassung von Trastuzumab ist nun auch beim metastasierten Magenkarzinom erstmals eine „Targeted Therapy“ möglich. Der humanisierte Antikörper Trastuzumab verlängert das mediane Gesamtüberleben der Patienten mit metastasiertem HER2-positiven GEJ-/Magenkarzinom signifikant um 4,2 auf 16 Monate (IHC2+/FISH-positiv oder IHC3+). (mr 02/2010)

Quellen

  1. „Herceptin®: Die erfolgreiche Therapie jetzt auch bei Patienten mit metastasiertem Magenkrebs”, Pressekonferenz der Roche Pharma AG, 17. Februar 2010, Frankfurt/Main

    Vorträge

    • 10 Jahre Herceptin – Durchbruch in der Therapie des Mammakarzinoms
      PD Dr. Volkmar Müller
      Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
    • Metastasiertes Magenkarzinom – Einblicke in das Krankheitsbild und seine Therapieoptionen
      PD Dr. Markus Möhler
      I. Medizinische Klinik und Poliklinik
      Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    • ToGA-Zulassungsstudie Herceptin beim Magenkarzinom und kurze Einführung zur HER2-Diagnostik
      PD Dr. Salah-Eddin Al-Batran
      Krankenhaus Nordwest
      Frankfurt am Main

  2. Van Cutsem E. et al., Efficacy results from the ToGA trial: a phase III study of trastuzumab added to standard chemotherapy in first-line human epidermal growth factor receptor 2 (HER2)-positive advanced gastric cancer, J Clin Oncol 27: 18s, 2009 (suppl; abstr LBA4509)
  3. Bang YJ et al., ASCO 2008, Poster Nr. 452
  4. Bang YJ et al., ASCO 2009, Poster Nr. 4556

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