Fast die Hälfte aller über 75-Jährigen in Deutschland leidet unter Schluckstörungen. Diese sogenannte Dysphagie äußert sich auch bei 25 Prozent aller Schlaganfall-Patienten sowie 65 Prozent aller Patienten mit Hirnstamm- verletzungen. Fehlfunktionen des Schluckapparats führen nicht selten zu dauerhaften Leiden oder gar zum Tode.
Innerhalb von 24 Stunden schluckt jeder Mensch durchschnittlich etwa 1 000-mal. Dabei arbeiten 26 Muskelgruppen, fünf Hirnnerven und drei Halsnerven zusammen. Dies ist ein komplexer physiologischer Vorgang. So treten besonders im Alter durch Zahnprothesen, verminderte Speichelproduktion und nachlassende Muskelkraft Störungen des Schlucktrakts auf. Nach einem Schlaganfall können Betroffene häufig gar nicht mehr schlucken. Nicht selten müssen Sie – zumindest vorübergehend – über eine Magensonde ernährt werden. „Chronische Bronchitis, Lungenentzündung bis hin zu Lungenversagen können die Folgen einer Schluckstörung sein“, erklärt Dr. med. Heidrun Schröter-Morasch, Oberärztin der HNO-Klinik Bogenhausen in München. „Durch den gestörten Schluckvorgang gelangen oft Nahrung oder Flüssigkeit in die Atemwege und führen zu lebensbedrohlichen Folge- erkrankungen. Hinzu kommt daher, dass Patienten nicht zuletzt an Unterernährung leiden.“
Doch diese Situation verursacht den Betroffenen nicht nur einen hohen körperlichen Leidensdruck. Der als abstoßend empfundene Speichelfluss führt nicht selten zu Vorverurteilung und Ausgrenzung aus gesellschaftlichen Anlässen, wie etwa gemeinsamen Mahlzeiten. Dies wiederum isoliert die Patienten. Somit steht Dysphagie im fortgeschrittenen Alter nicht nur für eine gesundheitliche Gefahr, sondern auch für eine große Beeinträchtigung der Lebensqualität. Denn gemeinsames Essen und Trinken bedeutet gerade für ältere Menschen eine mit Freude erlebte Aktivität.
„Mit einer rechtzeitigen störungsspezifischen funktionalen Therapie lassen sich die Beschwerden in den meisten Fällen reduzieren oder gar beseitigen“, sagt Schröter-Morasch. 60 bis 80 Prozent der behandelten Patienten erlangten die Fähigkeit zur zumindest teilweisen Nahrungsaufnahme über den Mund wieder. So arbeiten Experten zunächst mit individuell angepasster Kost, Ess- und Trinkhilfen, Verhaltensänderungen und Kräftigung der beteiligten Muskelpartien. Helfen diese Therapien nicht, können schließlich noch chirurgische und prothetische Verfahren in Betracht gezogen werden.
Welche Formen der Schluckstörungen es gibt, wie sich die Krankheit genau feststellen und therapieren lässt und wann chirurgische Eingriffe helfen, erläutern Experten auf der heutigen Pressekonferenz in Mannheim