Kurzsichtigkeit – darauf sollte man besonders achten

Schuld ist das Lesen, sagen die einen. Nein, die Arbeit am Computer, erklären die anderen. Eigentlich haben beide recht: Die Lese-, Lern- und Arbeitsweise mit dem immer gleichen Blickabstand auf Buch, Bilanzen, Akten oder Computerbildschirme lässt immer mehr Menschen kurzsichtig werden. Studien zufolge wird der Mensch um so eher kurzsichtig, je mehr „Naharbeit“ er verrichtet.Auf diese Entwicklung haben erst wieder alarmierende Zahlen aus Fernost aufmerksam gemacht: In Singapur waren noch vor 30 Jahren rund 25 Prozent der 18-jährigen Rekruten kurzsichtig – heute sind es bereits 80 Prozent! Und in Hongkong brauchen bereits 90 Prozent aller Studenten eine Brille. „Das ist nur durch Umwelteinflüsse zu erklären“, glaubt Prof. Frank Schaeffel von der Universitätsaugenklinik Tübingen. „Gene können sich nicht so schnell ändern. Und in Fernost sind die Verkaufszahlen für Rechner enorm.“

Der Computer bringt die ferne Welt ins Wohnzimmer – aber er lässt auch die Augen kurzsichtig werden, wie es scheint. Manche Wissenschaftler vermuten als Mitursache auch Veränderungen in der Ernährung und Einflüsse der Wohn- und Lebensumstände. Fest steht jedenfalls, dass Kurzsichtigkeit weder bei den Indianern am Amazonas, noch bei den Sherpas in Nepal vorkommt. Nur ein Teil der Kurzsichtigkeit entsteht durch Veranlagung. Wenn beide Eltern kurzsichtig sind, werden auch 40 Prozent der Kinder kurzsichtig – bei normalsichtigen Eltern beträgt der Anteil von Kindern mit Myopie nur zehn Prozent. Jedenfalls sind schon 50 Prozent aller deutschen Schulkinder nach dem vierten Unterrichtsjahr kurzsichtig – bei der Einschulung mit sechs Jahren waren es dagegen nur eines von 100 Kindern.

Die Kurzsichtigkeit wird medizinisch Myopie genannt – der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet „geschlossene Augen“, weil schon in der Antike auffiel, dass kurzsichtige Menschen ihr Sehen in die Ferne vorübergehend verbessern, wenn sie die Augen zusammenkneifen. Dadurch kann die Augenlinse stärker gewölbt und die Fernsicht erhöht werden. Genau genommen ist Myopie keine Krankheit, sondern vielmehr eine zu hohe Brechkraft des Auges bzw. ein zu starkes Längenwachstum des Augapfels. Das führt dazu, dass schon im entspannten Zustand das Auge auf eine nähere Entfernung als normal eingestellt ist. Ähnlich wie bei einem Fotoapparat ist die Schärfe des Sehens zu sehr auf die Nähe eingestellt ist und der Hintergrund verschwimmt unscharf.

Wirksame Hilfen gegen Kurzsichtigkeit bringen nur Sehhilfen wie genau angepasste Brillen oder Kontaktlinsen, die so frühzeitig wie möglich den Sehfehler korrigieren sollten. Alle anderen Möglichkeiten sind entweder wirkungslos oder haben ihre Tücken. Eine Operation sollte reiflich überlegt werden. Es ist zwar möglich, die Hornhaut mit einem Laser zu schälen und abzuflachen. Damit lassen sich prinzipiell Sehfehlerkorrekturen von plus drei bis minus zehn Dioptrien korrigieren. Oft ist aber hinterher dennoch eine Brille erforderlich, manchmal werden weitere Eingriffe nötig, bisweilen werden nach der OP keine Kontaktlinsen vertragen.

Irrtümer in Sicht

Weit verbreitet sind noch immer Irrtümer über die Kurzsichtigkeit, gegen die der „Verband der Augenärzte Deutschlands“ einleuchtende Argumente hat. Beispiele:

  • Augenmuskeltraining und Entspannungsübungen können Kurzsichtigkeit beheben. Das stimmt nicht. Myopie lässt sich nicht wegtrainieren. Anspannung oder Entspannung der außen ansetzenden Muskeln am Auge können die Form des Augapfels und damit auch die Kurz- oder Weitsichtigkeit nicht verändern. Auch der Ringmuskel, der lediglich die Naheinstellung steuert, kann die Kurzsichtigkeit nicht verändern.
  • Kurzsichtigkeit gibt sich im Alter von alleine. Das ist unrichtig. Lediglich eine bestimmte Form des Grünen Stars verstärkt bei älteren Menschen die Brechkraft der Linse. Dadurch können Personen, die eigentlich eine Brille bräuchten, wieder ohne sie lesen – aber nur vorübergehend.
  • Spezial-Kontaktlinsen können Kurzsichtigkeit rückgängig machen. Falsch. Es gibt extrem flach angepasste Kontaktlinsen, die einen Druck auf die Hornhaut ausüben und dadurch die Linse abplatten. Die Wirkung hält aber ohne die Kontaktlinsen nur eine oder zwei Wochen an.
  • Eine Brille fördert nur die Verschlechterung der Kurzsichtigkeit: Das wird oft behauptet, stimmt aber nicht. Eine Zunahme der Myopie ist keineswegs auf einen negativen Einfluss der Sehhilfe zurückzuführen, sondern auf eine natürliche Größenzunahme des Augapfels. Jeder Millimeter macht drei Dioptrien aus.

So mindern Sie Ihr Myopie-Risiko
Ein paar Verhaltensregeln können dazu beitragen, das Entstehen oder Fortschreiten der Kurzsichtigkeit zu bremsen. Beachten Sie die folgenden Tipps:

  • Treiben Sie so oft wie möglich Sport. Studien zeigen, dass sportliche Kinder weniger anfällig für Kurzsichtigkeit sind. Auch Kinder, die relativ viel Zeit im Freien verbringen, sind weniger betroffen.
  • Bei Kindern mit erhöhtem Risiko (Vererbung, viel Lesen) sollten frühzeitig Lesebrillen angepasst werden, die das Auge korrekt einstellen.
  • Je besser die Beleuchtung beim Lesen und bei der Arbeit, desto geringer das Myopierisiko. Angestrengtes Lesen bei Kerzenlicht oder schummriger Beleuchtung fördert Kurzsichtigkeit.
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