Krebserkrankungen des äußeren Genitales treten immer häufiger auf

Berlin, 14. März 2016. In Deutschland erkrankten im Jahr 2015 mehr als 4.000 Frauen an einem Vulvakarzinom. Die Zahl der Krebserkrankungen am äußeren Genitale der Frau ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Für die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) und die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (DKG) war dies einer der Gründe für die Überarbeitung der Leitlinie, die jetzt in neuer Form veröffentlicht wurde.
Das äußere Genitale der Frau besteht aus den großen und kleinen Schamlippen, der Klitoris, dem Scheideneingang und der Harnröhrenöffnung. Krebserkrankungen in diesem Bereich waren lange Zeit selten. Sie traten überwiegend bei Frauen nach den Wechseljahren auf. Seit einigen Jahren wird das Vulvakarzinom immer häufiger bei jüngeren Frauen diagnostiziert. Es ist hier wie beim Krebs am Gebärmutterhals (Zervixkarzinom) häufig Folge einer Infektion mit humanen Papilloma-Viren (HPV). „Die Erkrankungszahlen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und schon bald werden mehr Frauen am Vulvakarzinom als am Zervixkarzinom erkranken“, sagt Prof. Dr. Hans-Georg Schnürch, Neuss.
Trotzdem stand das Vulvakarzinom lange im Schatten des Zervixkarzinoms. „In vielen Bereichen von Diagnostik, Therapie und Nachsorge gab es offene Fragen, die eine Überarbeitung der zuletzt 2009 veröffentlichten Leitlinie notwendig gemacht haben.“ Eine interdisziplinäre Kommission von Experten (Organkommission Vulva/Vagina der AGO), koordiniert von Prof. Dr. Monika Hampl und Prof. Dr. Hans-Georg Schnürch, hat sich deshalb in den letzten Monaten mehrfach getroffen und im strukturierten Konsensusverfahren insgesamt 68 Empfehlungen und 9 Statements verabschiedet.

Beschwerden und Diagnostik

Das Vulvakarzinom kann sich durch Juckreiz, Brennen und Schmerzen sowie Blutungen bemerkbar machen. Die Hälfte der betroffenen Frauen bleibt jedoch lange beschwerdefrei. Anders als beim Zervixkarzinom ist eine Früherkennung durch einen Abstrich nicht möglich. Die Vulvoskopie mit einer speziellen Lupe bietet jedoch die Möglichkeit, Veränderungen bei der frauenärztlichen Untersuchung frühzeitig zu erkennen. Zunächst kommt es zu einer Vorstufe, der vulvären intraepithelialen Neoplasie (VIN). Ihre Erkennung und Entfernung kann den Krebs verhindern. Die sichere Diagnose kann laut Prof. Dr. Hampl nur durch eine feingewebliche Untersuchung gestellt werden: „Bei allen verdächtigen Läsionen sollte deshalb eine Biopsie durchgeführt werden“, fordert sie: „Die überarbeitete Leitlinie stellt hier klare Anforderungen an die pathologisch-histologische Aufarbeitung und Befundung.“ Wenn ein Karzinom entdeckt wird, muss in einer Umgebungsdiagnostik „Staging“ die Ausdehnung erfasst werden. „Die in vielen Fällen mögliche Beschränkung der Untersuchung auf die Wächter- oder Sentinel-Lymphknoten hat hier die Belastung der Frauen deutlich gesenkt“, erklärt Prof. Dr. Schnürch. Auf die Entfernung aller Lymphknoten in der Leiste könne mit dieser Technik heute häufig verzichtet werden.

Neue Therapiestandards

Bei einem Befall der Lymphknoten wird neben der Operation häufig eine Bestrahlung notwendig. Auch hierfür gibt die neue Leitlinie erstmals klare Empfehlungen. Ein Schwerpunkt der Leitlinie liegt in der Rekonstruktion der Vulva nach der Tumorentfernung. Sie erfolgt laut Prof. Dr. Hampl heute häufig gleich während der Tumoroperation: „Das Ziel ist ein funktionell und anatomisch zufriedenstellendes Ergebnis, das vor allem bei sexuell aktiven Frauen von großer Bedeutung ist.“
Die überarbeitete Leitlinie setzt nach Einschätzung der DGGG für alle Stadien des Vulvakarzinoms neue Therapiestandards. „Dabei war uns wichtig, dass diese Standards auch an allen Kliniken eingehalten werden können“, sagt Prof. Dr. Schnürch. „Die Leitlinien enthalten deshalb erstmals einen Abschnitt zu Qualitätsmerkmalen. Diese ermöglichen eine Bewertung der einzelnen Kliniken im Hinblick auf die Anforderungen der Leitlinie.“ Diese Kriterien werden nach Einschätzung der Leitlinienautoren am besten an einem zertifizierten Gynäkologischen Krebszentrum erfüllt.

Über die AGO:
Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) ist ein selbständiger Verein der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) und der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG). Die AGO verfolgt die Förderung der Wissenschaft und Forschung sowie die Fort- und Weiterbildung von Medizinern in den Themen- und Aufgabenbereichen der gynäkologischen Onkologie einschließlich der Mammatumoren. Der Verein befasst sich mit allen klinischen, wissenschaftlichen und organisatorischen Anliegen auf diesem Gebiet.

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Literatur:
„Vulvakarzinom und seine Vorstufen“, AWMF-Register-Nr.: 015-059,
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-059.html, (Zugriff am: 14.03.2016)
„Krebs in Deutschland“, Zentrum für Krebsregisterdaten, Publikation „Vulva“,
http://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2015
/kid_2015_c51_vulva.pdf;jsessionid=7A9D7B45DB915F1026DB54D1B15233A5.2_cid363?__blob=publicationFile

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Anja Frohloff
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO)
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