Konferenz der Mikrobiologen in Hannover – Einladung zur Pressekonferenz

Themen:
Entwicklung unkonventioneller antimikrobieller Wirkstoffe: Pathogenität und Stoffwechsel
Die krank machenden Eigenschaften (Pathogenität) von Bakterien lassen sich auf einen koevolutionären Anpassungsprozess der Erreger an ihren Wirt zurückführen. In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass zur Pathogenität nicht nur ein offensives "Waffenarsenal" der Erreger gehört, sondern auch ein wirtsspezifisch adaptierter Stoffwechsel. Damit unterscheiden sich mikrobielle Infektionserreger in zwei Aspekten von harmlosen Umweltmikroorganismen und bieten damit erregerspezifische Zielstrukturen für neuartige antimikrobielle Wirkstoffe.
Die Wirkstoffgruppe, die gegen Pathogenitätsfaktoren gerichtet ist, wird Virulenzblocker genannt. Es handelt sich um chemische Stoffe, die das Ausschleusen von Toxinen verhindern und so die Pathogenität von Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Chlamydien u.a. stark abschwächen und damit der Wirtsabwehr zugänglich machen. Die Erforschung des mikrobiellen Stoffwechsels hat in Deutschland eine lange Tradition. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass sich die Enzymausstattung pathogener Bakterien in einigen Aspekten von harmlosen Umweltbakterien unterscheidet. Damit stehen auch neue, erregerspezifische Zielstrukturen des Stoffwechsels für die Entwicklung antimikrobieller Wirkstoffe (z.B. Enzyminhibitoren) zur Verfügung, um unter Schonung der Normalflora die Erreger spezifisch zu hemmen.

Infektionen und Krebs
Etwa jeder fünfte Krebsfall ist Folge einer chronischen Infektion, insgesamt pro Jahr ca. 1,6 Millionen Erkrankungen. Die häufigste infektiöse Krebsursache ist das Magenbakterium Helicobacter pylori, das mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung infiziert und für mehr als eine halbe Million Fälle von Magenkrebs pro Jahr verantwortlich ist. Weitere wichtige Krebsauslöser sind Papillomviren (Gebärmutterhalskrebs), Hepatitisviren (Hepatitis B, Hepatitis C, führen beide zum Leberkrebs) und Viren aus der Gruppe der Herpesviren (z.B. Epstein-Barr-Virus, Kaposi-Sarkom-Herpesvirus). Das Thema "Infektionen und Krebs" stellt einen der Schwerpunkte der diesjährigen Tagung von DGHM und VAAM dar. Diesem Thema widmet sich im Rah-men der Eröffnungsveranstaltung die "DGHM-Lecture", die in diesem Jahr von Prof. James G. Fox vom Massachusetts Institute of Technology, einem Mitglied des Institute of Medicine der National Academy of Sciences der USA gehalten wird. Im späteren Verlauf des Kongresses ist eine ganze Vortragsreihe neuesten Forschungsergebnissen über die Verbindung zwischen Infektionen und Krebs gewidmet.

Aktivierung stiller Gene führt zu neuen Wirkstoffen
Viele wichtige Wirkstoffe werden von Mikroorganismen gebildet. Dazu zählen z.B. viele Antibiotika wie Penicillin, Cephalosporin, Cholesterinsenker oder immunsupprimierende Substanzen wie Cyclosporin. Die Entschlüsselung der Genomsequenz vieler Mikroorganismen hat zu dem Ergebnis geführt, dass viele Mikroorganismen das genetische Potential besitzen, viel mehr Wirkstoffe zu produzieren, als bisher von ihnen bekannt sind. Die Gene für die Bildung dieser Wirkstoffe sind häufig unter Laborbedingungen still. Wissenschaftlern ist es nun gelungen, Methoden zu entwickeln, um dieses große Potential besonders in Pilzen zu mobilisieren und neue Substanzen zu isolieren. Daraus ergeben sich bisher nicht abzusehende Möglichkeiten der Wirkstoffsuche.

Tuberkulose
Auch 100 Jahre nach dem Tod von Robert-Koch, dem Entdecker des Erregers Mycobacterium tuberculosis, gehört die Tuberkulose zu den größten Gesundheitsrisiken weltweit. Die WHO schätzt, dass ein Drittel der Weltbevölkerung (ca. 2 Milliarden Menschen) mit dem Tuberkelbazillus infiziert ist. Jährlich sterben etwa 1,7 Millionen Menschen. Damit ist die Tuberkulose weltweit die am häufigsten zum Tode führende bakterielle Infektionskrankheit. Auch in Deutschland erkranken jährlich über 4500 Menschen an Tuberkulose. Bis 2020 wird sich die Situation weiter verschärfen, wenn die Kontrollmaßnahmen nicht drastisch verbessert werden.
Durch die Globalisierung, insbesondere die Osterweiterung der EU und verstärkte internationale Verflechtungen, wird sich die Problematik unter anderem durch das Auftreten von Antibiotika-resistenten Erregern verschärfen. Insbesondere multiresistente Tuberkulosen stellen dabei eine große Herausforderung dar.
Auf der 3. Gemeinsamen Tagung von DGHM und VAAM wird, in Gedenken an den 100. Todestag von Robert-Koch, in einem Symposium der aktuelle Stand von Diagnostik und Therapie diskutiert. Zusätzlich werden neue antimykobakterielle Mittel sowie Impfkonzepte zur Prävention der Erkrankung vorgestellt.

Gesprächspartner:
Prof. Dr. Axel Brakhage
Präsident der VAAM, Direktor des Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie in Jena

Prof. Dr. Dr. Jürgen Heesemann
Präsident der DGHM, Direktor des Max von Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Ludwig-Maximilians-Universität München

Prof. Dr. Dieter Jahn
Tagungspräsident, geschäftsführender Leiter des Instituts für Mikrobiologie der Technischen Universität Braunschweig

Prof. Dr. Sebastian Suerbaum
Tagungspräsident, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene an der Medizinischen Hochschule Hannover

Um Anmeldung mit beigefügtem Antwortfax wird gebeten unter der Faxnummer 03641/353321
(idw, 03/2010)

Nach oben scrollen