Kommunikation und Zusammenarbeit bringen zusätzlichen Schwung in die Geriatrie

„Inhaltlich waren berufspolitische Themen wichtig“, so Heppner und zählt exemplarisch auf: „Wann kommt der Facharzt für Geriatrie? Wie geht es weiter? Und – ganz entscheidend – wie können wir den Nachwuchs noch besser fördern?“ Aber auch medizinisch-wissenschaftlich wurde mit viel Schwung diskutiert. Hier ging es neben der fachlichen Erörterung auch darum, die Sichtweise der anderen, zum Teil fachfremden Kollegen, zu verstehen. „Wir haben auch weitere Themen erkannt, die in Zukunft noch mehr geriatrische Beachtung brauchen“, sagt Heppner. Das seien zum Beispiel: Anästhesie, Onkologie, Sarkopenie, Mangelernährung oder die Früherkennung der Demenz. Heppners Fazit: „Wir Geriater müssen mit den Kollegen aus anderen Fachdisziplinen noch stärker zusammenwachsen – durch noch mehr Kommunikation und die direkte Zusammenarbeit am Patienten.“

Geriatrisches Assessment wird überarbeitet

Das geriatrische Assessment ist eines der wichtigsten Arbeitsmittel des Geriaters. Es bildet die Grundlage für viele Therapieentscheidungen und damit auch für den Therapieerfolg. „So müssen hier die neuesten wissenschaftlichen Evidenzen einfließen, damit der gesamte Assessment-Prozess möglichst effektiv ablaufen kann“, forderten die beiden hierzu etablierten Arbeitsgruppen während ihrer gemeinsamen öffentlichen Sitzung in Hof. Die AG Österreichisches Basisassessment und die AG Assessment der DGG beschlossen die geriatrischen Assessments zügig zu überarbeiten und neu zu priorisieren.
„Sehr gut“, kommentierte DGG-Präsident Professor Ralf-Joachim Schulz dieses Ergebnis. „Denn von einem noch besseren Assessment profitieren alle – wir Geriater, die Kollegen anderer Fachrichtungen und unsere Patienten.“

Stroke-Unit-Behandlung nutzt auch hochbetagten Schlaganfall-Patienten

Ein weiteres Ergebnis des Jahreskongresses lässt Geriater und Neurologen enger zusammenrücken. „Fakt ist, dass auch ältere Schlaganfallpatienten davon profitieren, wenn sie auf einer Stroke-Unit behandelt werden“, stellte Professor Martin Grond, amtierender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in seinem Vortrag anschaulich dar. Entscheidend für den Erfolg seien hierbei die Qualität der Diagnostik und Therapie, die eine Stroke-Unit bieten kann.
„Ich begrüße diesen ergebnisorientierten Ansatz sehr“, bezieht Professor Ralf-Joachim Schulz hierzu Stellung. „So können wir Geriater zusammen mit den neurologischen und internistischen Leitern der Stroke-Units weiter daran arbeiten, die Versorgung der Patienten zu verbessern“. Denn ein extrem wichtiger Punkt für den Erfolg einer Schlaganfallbehandlung ist das Zeitfenster: Je früher die Patienten in der Stroke-Unit behandelt werden kann, umso besser ist das Outcome.

Geriatrische Institutsambulanz – ein neuer Baustein in der geriatrischen Versorgung

Vor einem guten Jahr hat der Gesetzgeber die Grundlagen für die Einführung geriatrischer Institutsambulanzen (GIA) getroffen. Diese können einen wichtigen Baustein im geriatrischen Versorgungskonzept bilden. „Wir als Deutsche Gesellschaft für Geriatrie unterstützen diese Versorgungsform“, so DGG-Präsident Professor Ralf-Joachim Schulz. Allerdings ist heute immer noch unklar, wo genau Geriatrische Institutsambulanzen in der Versorgung hochbetagter Patienten zwischen Tagesklinik, akutmedizinischer Versorgung und geriatrischer Reha eingeordnet werden sollen.
Ein Symposium dazu in Hof diente der weiteren Meinungsbildung. „Grundsätzlich können wir uns vorstellen in einer solchen Institutsambulanz Demenz-Sprechstunden, Sturz-Sprechstunden, Ernährungs-Sprechstunden oder Polymedikations-Sprechstunde zu etablieren“, erläutert Schulz. Jetzt gilt es diesen neuen Baustein in der Versorgung auch in der Praxis zu etablieren.

Frühe Diagnostik der Demenz hilft bei der Entwicklung neuer Therapieansätze

Neue Möglichkeiten in der Diagnostik wurden ebenfalls während des Jahreskongresses unter den Geriatern diskutiert. Immer wieder kamen die Mediziner auf das Thema „Demenz“ zu sprechen. Denn seit einiger Zeit gibt es für die Alzheimer Demenz sehr spezifische Biomarker, wie zum Beispiel die Tauproteine und die Abeta-Peptide, die aus dem Nervenwasser des Rückenmarks bestimmt werden können. Diese geben an, wie hoch das Risiko ist, später eine Alzheimer Demenz zu entwickeln. Doch wie soll ein Mensch mit dem Wissen umgehen, dass er eine Prädisposition für Alzheimer in sich trägt und später möglicherweise daran erkranken könnte? Macht es Sinn, Patienten auf die Biomarker hin zu untersuchen? Denn eine Crux dabei ist auch, dass bislang keine ursächlich und sicher wirkende Therapie verfügbar ist.
„Das Feld der Pro- und Contra-Meinungen zur Frühdiagnostik ist sehr breit, spannend und derzeit noch ohne sichere Antworten“, resümierte PD Dr. Werner Hofmann, Vorsitzender des Symposiums „Frühdiagnostik der Demenz“. Seine persönlich Meinung hierzu: „Das Wissen um eine Prädisposition kann sowohl dazu beitragen, den eigenen Lebensstil anzupassen als auch die dringend nötige Entwicklung besserer Diagnostik und wirksamer Therapien zu fördern.“

Nach dem Kongress ist vor dem Kongress

Während noch die Rückschau zu Hof formuliert wird, laufen bereits die Vorbereitungen für den „großen“ Jahreskongress 2014 der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie in Halle (Saale). Dieser wird vom 24. bis zum 27. September 2014 zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) und den Geriatrischen Fachgesellschaften der Nachbarländer Österreich und Schweiz veranstaltet. Unter der Regie von PD Dr. Rupert Püllen wird Halle ein stärker an der Grundlagenforschung orientierter Kongress werden. „Das Motto lautet: Stress und Altern – Chancen und Risiken“, verrät der kommende Kongresspräsident bereits heute.
Die Botschaft dahinter: Die Erkenntnisse gerontologischer und geriatrischer Forschung sollen einem Leben in Gesundheit dienen und vor allem auch die Möglichkeit der Teilhabe im Alter fördern.

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