Kinderkrankheiten früher und heute: Ratschläge für Eltern und Großeltern

„Kinder werden heute zwar nicht seltener krank, aber insgesamt meist harmloser“, sagt Dr. Jürgen Grulich-Henn, Leiter der Allgemeinambulanz am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg. Kinder zwischen dem ersten und vierten Lebensjahr erkranken oft bis zu acht Mal pro Jahr an Infekten, die teils mit hohem Fieber einhergehen können – trotzdem besteht meistens kein Grund zur Sorge. In seinem Vortrag bei Medizin am Abend am 23. September 2015 erklärt der erfahrene Kinderarzt, wie Eltern und Großeltern richtig reagieren: Wann kann ein Infekt getrost mit Hausmitteln und gängigen Medikamenten auskuriert werden? Wann sollte man unverzüglich zum Arzt gehen? Auch die „klassischen“ Kinderkrankheiten wie Masern, ihre Verbreitung und die Schäden, die sie bei Kindern verursachen können, sind Thema des Abends. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr im Hörsaal der Kopfklinik, Im Neuenheimer Feld 400. Universitätsklinikum und Rhein-Neckar-Zeitung laden alle Interessierten herzlich ein.

„Seuchen“, die insbesondere Kinder heimsuchen, wurden bereits in Schriften der Antike und des Altertums beschrieben. Im Mittelalter und bis ins beginnende 20. Jahrhundert forderten neben Masern und Scharlach vor allem Pocken, Diphterie und Tuberkulose viele Kinderleben. Ebenfalls häufig traten Kinderlähmung und Hirnhautentzündungen auf und hinterließen oft bleibende Schäden. Aber was genau sind „Kinderkrankheiten“? Darunter versteht man landläufig Erkrankungen, die typischerweise in der Kindheit auftreten und gegen die man anschließend lebenslang immun oder wenigstens besser geschützt ist. Dazu zählen z.B. Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und Kinderlähmung. Gegen sie wird heute erfolgreich geimpft.

Weitaus häufiger sind daher inzwischen verschiedene andere Infektionskrankheiten wie das Dreitagefieber, ausgelöst von bestimmten Herpes-Viren, oder schwerer Brechdurchfall nach Ansteckung mit hochinfektiösen Rota-Viren. „Diese und viele andere Viren sind so häufig, dass Kinder ihnen kaum entgehen können. Spätestens im Kindergarten infizieren sie sich beinahe zwangsläufig“, sagt Grulich-Henn. Die meisten Kinder überstehen die Infektionen gut. „Diese meist komplikationslos verlaufenden Kinderkrankheiten sind ein Ausdruck der Auseinandersetzung des kindlichen Immunsystems mit der Umwelt des Kindes. Insofern dienen sie in gewisser Weise auch der Ausbildung und Reifung unseres Immunsystems und sind für das spätere Leben sogar nützlich“, so der Experte.

Impfung beste Stärkung für das Immunsystem

Eine solch positive Seite lässt sich den „klassischen“ Kinderkrankheiten wie Masern oder Röteln nicht abgewinnen. „Eltern, die ihr Kind nicht impfen lassen, damit durch die Erkrankung sein Immunsystem gestärkt werde, riskieren bleibende Behinderungen und unter Umständen sogar das Leben ihres Kindes!“ mahnt Grulich-Henn. „Die Impfung ist bei diesen Erkrankungen die beste Stärkung für das Immunsystem.“ Denn trotz medizinischer Behandlung kommt es nach wie vor bei jedem zehnten Kind mit Masern zu Komplikationen, die zu Hirnschäden und auch zum Tod führen können. Trotzdem werden in Deutschland nur drei Viertel der Kinder gegen diese äußerst ansteckende Krankheit geimpft.

Was tun, wenn das Kind geimpft ist, aber trotzdem an hohem Fieber erkrankt? „Fieber kommt bei den meisten Kinderkrankheiten vor und ist eine sinnvolle Reaktion des Körpers. Ein geimpftes Kleinkind mit Fieber muss daher nicht zwingend sofort einem Arzt vorgestellt werden. Lässt sich das Fieber beispielsweise gut senken, trinkt das Kind gut und ist nach Fiebersenkung wieder fit, kann man erst einmal abwarten“, rät der Mediziner. In seinem Vortrag wird er an einigen praktischen Beispielen erläutern, wie Eltern und Großeltern die Situation besser einschätzen können und wann es Zeit für den Arztbesuch ist.

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 12.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 1.900 Betten werden jährlich rund 66.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.

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