„Das sollte sie“, betont Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Präsident der DGU und Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Frankfurt am Main. „Denn bei vielen schweren und tödlichen Verkehrsunfällen ist eine technische Rettung eingeklemmter Fahrzeuginsassen erforderlich. Dabei zählt jede Sekunde, da erst durch die Öffnung der Fahrgastzelle lebensrettende Maßnahmen durch den Notarzt eingeleitet werden können.“
In modernen Fahrzeugen sind hochfeste Werkstoffe, Gasgeneratoren und elektrische Leitungen verbaut, die der Feuerwehr bei der Rettung eingeklemmter Fahrzeuginsassen das Arbeiten mit Hydraulikwerkzeugen deutlich erschweren. Je nach Unfallart entsteht dadurch während der Rettung bei bis zu 70 Prozent der Fahrzeuge ein kritischer Zeitverzug. Wertvolle Zeit kann gewonnen werden, wenn am Unfallort die für jeden Fahrzeugtyp spezifischen Informationen über geeignete Zugangswege zur Verfügung stehen.
Daher haben ADAC, der Verband der Automobilindustrie (VDA) und Feuerwehrverbände die so genannte Rettungskarte entwickelt: ein A4-Blatt, das für Automodelle aller Hersteller und Importeure kostenfrei erhältlich ist und hinter der Fahrer-Sonnenblende platziert werden sollte. Untersuchungen der Feuerwehr zeigen, dass sich die Zeit für die technische Rettung eingeklemmter Fahrzeuginsassen durch den Einsatz von Rettungskarten um knapp zehn Minuten verkürzen lässt. Auf Vorschlag des Bundesverbandes Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Deutschland, dessen Vertreter eng mit der DGU zusammenarbeiten, unterstützt die Fachgesellschaft die Anwendung der Rettungskarte.
„Aus Sicht der DGU ist die Rettungskarte eine wirksame Maßnahme zur schnelleren Rettung von Fahrzeuginsassen nach einem Unfall. Denn bei bis zu 60 Prozent der schwer deformierten Fahrzeuge liegen keine hinreichend sicheren Informationen für eine alternative Informationsbereitstellung vor (etwa Online-Abfrage nach Fahrzeugtyp) und auch mittelfristig werden nur wenige Feuerwehren mit der notwendigen Technologie ausgerüstet sein“, erklärt Dr. Uli Schmucker, Unfallchirurg und -forscher sowie stellvertretender Leiter der Arbeitsgemeinschaft (AG) „Prävention von Verletzungen“ der DGU. Die Prävention von Verkehrsunfällen und Optimierung der Versorgung von Verkehrsunfallverletzten ist ein Schwerpunkt der AG.
Die DGU unterstützt die Anwendung der Rettungskarte durch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten in notfallmedizinischen Fachkreisen. Auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU), der vom 22. bis 25. Oktober 2013 in Berlin stattfindet, präsentieren DGU und ADAC die Rettungskarte an einem gemeinsamen Stand. Dort können Rettungskarten vor Ort ausgedruckt werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) ist eine wissenschaftliche medizinische Fachgesellschaft. Ihr breites Aufgabenspektrum reicht von der wissenschaftsbasierten Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Unfallverletzten über die Einrichtung und Sicherung adäquater Versorgungsstrukturen, etwa Projekte zur Förderung von Qualität und Sicherheit in der Verletztenbehandlung, und effizienter Fort- und Weiterbildungskonzepte bis zum Transfer von Forschungsergebnissen in die klinische Anwendung.
Unfälle sind eine tägliche Bedrohung von Menschen aller Altersklassen. Jedes Jahr erleiden mehr als 35.000 Menschen in Deutschland schwere, oft lebensbedrohliche Verletzungen. Dennoch haben Verletzte keine Lobby. Ziel der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie ist es, Patienten die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten und Verletzte dauerhaft zu versorgen. Dabei stellt sie die Behandlung vom Unfallort bis zur Wiedereingliederung ins soziale und berufliche Umfeld sicher.
Für Interviews stehen Prof. Dr. Reinhard Hoffmann und Dr. Uli Schmucker gerne zur Verfügung.
Terminhinweis:
22. bis 25. Oktober 2013
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin