Die mit der Verwendung des JIF verbundenen methodischen und wissenschaftlichen Probleme (Stichwort Verteilungsgerechtigkeit) wurden vielfach dargelegt (z.B. Frömter et al. 1999, Adler et al. 2009, Brunner & Herrmann-Lingen 2012). Zusammengefasst misst der vom Informationsdienstleister Thomson Reuters ermittelte und kommerziell vertriebene JIF die mittlere Zitationsrate der Artikel einer Zeitschrift im Jahr ihres Erscheinens und im Folgejahr. Er stellt also ein Maß für den durchschnittlichen kurzfristigen „Impact“ eines in einer bestimmten Zeitschrift erschienenen Artikels auf die in Zeitschriften publizierte Wissenschaft dar und eignet sich damit grundsätzlich für die Bestandsplanung von Bibliotheken. Auch wenn die mit dem JIF unter bestimmten Vorannahmen (z.B. dass „Impact“ sich auf Zitationen in der wissenschaftlichen Diskussion beschränkt) abgebildete „Güte“ einer Zeitschrift tatsächlich mit der wissenschaftlichen Qualität der dort veröffentlichten Beiträge korrelieren dürfte, reicht diese korrelative Beziehung keineswegs aus, um vom „Impact“ der Zeitschrift unmittelbar auf die Qualität des einzelnen Beitrags zu schließen.
Die immer wieder kritisierte Praxis der Verwendung des JIF wird nun von einem Verbund internationaler Wissenschaftler und Wissenschaftsorganisationen erneut dargestellt. In der von der American Society for Cell Biology initiierten San Francisco Declaration On Research Assessment (DORA; http://am.ascb.org/dora/) wandten sich initial 155 individuelle Wissenschaftler und 82 Herausgebergremien wissenschaftlicher Fachzeitschriften bzw. andere wissenschaftliche Organisationen gegen die Dominanz des JIF in der Bewertung wissenschaftlicher Leistungen. In begleitenden Editorials in renommierten Zeitschriften, u.a. in Science (Alberts 2013), wurde der „Missbrauch“ des Journal Impact Factors als „hochgradig schädlich“ kritisiert. Er ermutige Herausgeber von Zeitschriften, die erwartete Zitationsrate eines Beitrags höher zu gewichten als seinen wissenschaftlichen Wert und erzeuge damit ein Ungleichgewicht zugunsten zitierstarker Fachgebiete. Er verlocke zu Manipulationen, verschwende die Zeit von Forschern und Gutachtern und fördere eine „me-too“-Wissenschaft anstelle bahnbrechender aber riskanter Innovation. Automatische numerische Evaluationen von Individuen sollten daher zugunsten der Lektüre ausgewählter Arbeiten eliminiert werden.
In einem Beitrag in den GMS Mitteilungen aus der AWMF zeigt der Leiter der AWMF-Kommission „Leistungsevaluation in Forschung und Lehre“, Prof. Dr. Chr. Herrmann-Lingen, die Parallelen zwischen den AWMF-Positionen und DORA – daher hat die AWMF mittlerweile die DORA ebenfalls unterzeichnet.
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